Bilder von gequälten Tieren im Schlachthof Aschaffenburg erschütterten im Sommer 2023 die Öffentlichkeit. Seitdem sind eineinhalb Jahre vergangen. Und noch immer sind die Folgen des Tierschutzskandals in Aschaffenburg und der Umgebung deutlich zu spüren. Eine Räumungsklage der Stadt Aschaffenburg liegt derzeit auf Eis. Landwirte und Metzger in der Region pochen auf eine Lösung – auch im Sinne der Verbraucher. Doch eine schnelle Einigung ist nicht in Sicht.
Rückblick: Was nach dem Skandal passiert ist
Nach Bekanntwerden der Tierschutzverstöße kündigte die Stadt Aschaffenburg – Eigentümerin des Geländes – der Betreibergesellschaft AB Schlachthof GmbH den Pachtvertrag. Da diese nicht ging, beschäftigte sich im Mai 2024 das Aschaffenburger Landgericht mit einer Räumungsklage. Die Richterin legte beiden Parteien nahe, eine Kompromisslösung zu erarbeiten, mit einem neuen befristeten Pachtvertrag, in dem das Tierwohl verankert ist. Auch, um den Tieren aus der Region lange Transportwege zu ersparen.
Schnelle Einigung nicht in Sicht
Seitdem gingen verschiedene Schriftstücke hin und her. Doch eine Lösung ist nach wie vor nicht gefunden. Wie das Aschaffenburger Landgericht auf Anfrage von BR24 mitteilt, wird sich Ende Januar 2025 ein Güterichter mit Vertretern der Stadt und des Schlachthofs zusammensetzen. Wird dann keine Kompromisslösung gefunden, muss sich die 2. Zivilkammer des Aschaffenburger Landgerichts erneut mit dem Fall befassen.
Zu den konkreten Gründen, warum es bisher zu keiner Einigung gekommen ist, wollte sich die Stadt auf Nachfrage nicht äußern. Es sei ein laufendes Verfahren. Auch Stefan Sutor, Geschäftsführer der Schlachthof GmbH, äußert sich zurückhaltend. Er sei gespannt, was die Stadt anbieten wird. Im Schlachthof habe es umfangreiche Nachbesserungen gegeben. Dennoch: Das Gebäude ist alt und liegt in einem Wohngebiet. Der Betrieb an diesem Ort sei so oder so eine Frage der Zeit. Sutor geht davon aus, dass es nicht bei dem einen Termin Ende Januar bleiben wird. Zumal dann auch noch der Stadtrat zustimmen müsse.
Neuer Schlachthof in Planung
Unterdessen ist eine Interessengemeinschaft dabei, einen neuen Schlachthof am Untermain auf den Weg zu bringen. Mitglieder sind die Vermarktungsinitiative "Grünland Spessart", Landwirte und Metzger aus der Region. Vonseiten des jetzigen Schlachthofs sitzt kein Vertreter am Tisch. "Wir haben viel gearbeitet im letzten halben Jahr", sagt Marco Häuser, Obermeister der Metzgerinnung Aschaffenburg, im Gespräch mit BR24. Es gelte nun, einen Businessplan zu erarbeiten und alles in eine Finanzierung zu bringen. Häuser spricht von einem Kostenvolumen von zehn Millionen Euro plus.
Dringlich ist vor allem die Standortfindung. Das Kompostwerk außerhalb von Aschaffenburg in der Nähe der A3, wo zwei Blockheizkraftwerke Strom und Wärme erzeugen, wäre ein idealer Standort, meint Häuser: "Weil wir uns da einfach auch energetisch Synergien erhoffen – Thema CO₂-Neutralität. Und dann wären da eben schon Anlagen, die man in der Kombination gut nutzen könnte. Zumal dieser Bereich verkehrstechnisch auch optimal liegt. Und wir müssen nicht durch bebaute Gebiete fahren."
Metzger: Politik muss mitziehen
Ungeachtet aller gerichtlichen Streitigkeiten: Der alte Pachtvertrag zwischen Stadt und Schlachthof GmbH endet 2029. Einen neuen Schlachthof innerhalb von vier Jahren zu bauen, sei freilich sportlich, meint Marco Häuser, dessen Familie mehrere Metzgereien am bayerischen und hessischen Untermain betreibt. Das könne nur mit Unterstützung der Politik und durch zügige Genehmigungsverfahren gelingen. Zur Dimension: Die Interessengemeinschaft rechnet mit 1.000 bis 2.000 zu schlachtenden Tieren pro Woche.
Ob und in welcher Form sich die Landkreise und Kommunen am Untermain beteiligen, steht noch nicht fest. Marco Häuser betont: "Diese traditionelle Kette vom regionalen Landwirt über den regionalen Metzger zum Verbraucher in der Region – mehr können wir für den Umweltschutz und gesunde und regionale Lebensmittel nicht tun und deshalb brauchen wir einen neuen Schlachthof."
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