Zunächst die gute Nachricht: Eltern lesen ihren Kindern wieder etwas häufiger vor. Das zeigt der aktuelle Vorlesemonitor der Stiftung Lesen. Zwei Drittel der Eltern lesen ihren Ein- bis Achtjährigen eigenen Angaben zufolge regelmäßig vor. Allerdings wird noch immer fast jedem fünften Kind (18 Prozent der Befragten) nie vorgelesen.
Am wenigsten vorgelesen wird der Befragung zufolge von Eltern mit formal niedriger Bildung. Wie kann man diese Kinder noch zum Lesen bringen und Spaß an Büchern vermitteln? Das versuchen seit einigen Jahren die Leseclubs der Stiftung Lesen. Einer trifft sich zweimal wöchentlich in der Stadtbibliothek von Gerolzhofen in Unterfranken.
Ehrenamtliche wecken Freude an Büchern und dem Lesen
Zehn Kinder sind am Montag zum Leseclub gekommen, die meisten nicht zum ersten Mal. Leseclub – das hört sich erstmal so an, als würden alle brav im Kreis sitzen und still lesen oder einem Vorleser lauschen. Aber es geht auch anders.
Mit viel Herzblut und Kreativität bringen Ehrenamtliche in der Stadtbibliothek Gerolzhofen Bücher und Geschichten in die Lebenswelt der Kinder. Los geht es mit einem Spiel, bei dem Pappteller die Runde machen, die sogenannten "Storyteller". Auf jedem ist ein anderes Bild, und jedes Kind muss wie beim Kofferpackenspiel die Geschichte der Vorgänger wiederholen und um einen neuen Aspekt ergänzen.
Abwechslung durch verschiedene Medien
Es geht beim Leseclub nämlich gar nicht immer darum, Bücher vorzulesen – das natürlich auch - sondern sich Geschichten auf vielfältige Weise zu nähern, sagt die ehrenamtliche Lesepatin Brunhilde Lehmann. Sie und ihre Kollegin Daniela Walter versuchen, das Programm jedes Mal anders zu gestalten, damit es nicht eintönig wird. "Wenn es nur ein Buch gibt, fehlt den Kindern das Neue. Aber natürlich stehen die Bücher im Mittelpunkt. Die Kinder sollen sich auch mal Bücher ausleihen und die Bücherei kennenlernen", sagt die pensionierte Grundschullehrerin.
Digitales Bilderbuch und Quiz
Die Kinder im Alter von acht bis zwölf Jahren sind mit viel Spaß bei der Sache, etwa wenn sie ein digitales Bilderbuch anschauen und vorgelesen bekommen. Diesmal geht es als Herbstthema um ein Eichhörnchen, dass seine Nüsse versteckt und danach im Winter wiederfinden muss. Bei einem Quiz zeigen die Kinder, dass sie die Geschichte nicht nur passiv konsumiert, sondern auch verstanden haben.
Bücherei kennenlernen
Danach kommt noch mehr Bewegung in den Leseclub. Alle Kinder bekommen Zettel mit Hinweisen und müssen Kastanien finden, die die Helferinnen in der ganzen Bibliothek versteckt haben. Diese Aufgabe schult nicht nur das genaue Lesen, sondern auch die Zusammenarbeit mit anderen Kindern.
Ganz nebenbei lernten die Kinder so auch die Stadtbibliothek mit ihrem breiten Angebot kennen, sagt die Leiterin der "Stabi", Anna Scharf. Sie freut sich über das niederschwellige Angebot. "Wir holen damit Familien in die Bücherei, die sie sonst gar nicht nutzen würden." Die Kinder würden sich auch vor und nach dem Leseclub weitere Bücher ausleihen. "Besser geht es gar nicht", sagt Anna Scharf.
Leseclubs in ganz Bayern
Insgesamt 36 dieser Leseclubs gibt es in Bayern - in Haßfurt und Schweinfurt, Lindau und Bad Reichenhall, Nürnberg und Passau. Finanziert werden sie von der Stiftung Lesen, die auch regelmäßige Fortbildungen und Material für die Helferinnen und Helfer anbietet. Auch das Diakonische Werk Schweinfurt ist in Unterfranken an fünf Clubs beteiligt.
Fachbereichsleiterin Monika Hofmann sieht noch einen weiteren Effekt: Über die Leseclub-Kinder würden auch die Geschwister und Eltern aus eher bildungsfernen Familien oder solchen mit Fluchthintergrund erreicht.
Maja, Noah und Massa lesen inzwischen regelmäßig selbst, "Die Schule der magischen Tiere" oder Bücher über Fußball. Eine Lesebegeisterung, die unter anderem im Leseclub geweckt wurde.
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