Holger Brandt vom Würzburger Gartenamt überprüft mit dem Gummihammer, ob dieser Baum wie befürchtet durch Pilzbefall innen hohl ist.
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Holger Brandt vom Würzburger Gartenamt überprüft mit dem Gummihammer, ob dieser Baum wie befürchtet durch Pilzbefall innen hohl ist.

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Wie sicher sind Würzburgs Bäume: Unterwegs mit der Baumkontrolle

Wie sicher sind Würzburgs Bäume: Unterwegs mit der Baumkontrolle

Hätte eine Baumkontrolle letztes Jahr verhindern können, dass eine Buche in Würzburg eine Radfahrerin erschlagen hat? Nein, so das Ergebnis der Ermittlungen. Doch wie funktionieren solche Kontrollen überhaupt? Unterwegs mit den Baumkontrolleuren.

Über dieses Thema berichtet: Abendschau am .

September 2023 im Würzburger Ring-Park: Eine Buche stürzt plötzlich um und trifft eine Radfahrerin. Die Frau verstirbt an ihren schweren Verletzungen. Nach mehrmonatigen Ermittlungen ist sich die Staatsanwaltschaft sicher: Die Stadt konnte das tragische Unglück nicht vorhersehen. Denn: Äußerlich war der Baum laut einem Gutachten gesund, der Pilzbefall nicht erkennbar. Die Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen ein. Die Stadt musste nicht haften, da sie ihrer Verkehrssicherungspflicht nachgekommen war. Doch: Wie behält diese überhaupt tausende Bäume im Stadtgebiet im Blick? Das ganze Jahr über sind dafür Baumkontrolleure unterwegs.

Drei Baumkontrolleure in Würzburg im Einsatz

Etwa 1.000 Bäume pro Monat nimmt jeder der drei Baumexperten des Gartenamtes unter die Lupe. Die meisten der 45.000 Stadtbäume seien zum Glück noch in gutem Zustand, erklärt Peter Nembach, Sachgebietsleiter Stadtbäume. Doch besonders im Ringpark, der Ende des 19. Jahrhunderts anstelle der barocken Stadtbefestigung entstand, gibt es noch Baumveteranen der ersten Stunde. Sie haben sogar den Zweiten Weltkrieg überlebt. Nun macht ihnen neben dem Alter – manche zählen bis zu 130 Jahresringe – zunehmend der Klimawandel zu schaffen.

Jeder Baum hat eine "digitale Hausnummer"

Gerade heimische Arten wie die Buche, der Bergahorn oder die Winterlinde tun sich schwer mit steigenden Temperaturen und längeren Trockenzeiten. Holger Brandt kennt seine Pappenheimer, wie er sagt. Der Fachagrarwirt für Baumpflege gehört schon seit 20 Jahren dem städtischen Team an. Da kennt man fast jeden Baum persönlich und weiß um seine Probleme. Die werden regelmäßig in einem elektronischen Baumkataster festgehalten.

Jeder einzelne Baum verfügt über eine Art Krankenakte mit entdeckten Schäden und getroffenen Maßnahmen. Bei dem einen muss Totholz entfernt werden, beim anderen reicht eine gezielte Bewässerung. Vor allem aber steht in der Akte, wann die letzte Kontrolle war und wann die nächste stattfinden sollte. Spätestens nach 18 Monaten bekommt jeder Baum wieder Besuch von den Experten. Mal mit, mal ohne Laub nehmen sie ihn in Augenschein.

"Problembäume" werden häufiger kontrolliert

Im Ringpark und überall dort, wo viele Menschen unterwegs sind, kontrollieren sie sogar häufiger. Alle sechs bis neun Monate zum Beispiel kommt eine 100 Jahre alte Esche an die Reihe, die in unmittelbarer Nachbarschaft der Uni am Sanderring steht. Sie wächst schräg – wie die Buche, die vergangenen Herbst umfiel. Anders als diese weist die Esche allerdings schon länger Krankheitssymptome auf. Vertrocknete Spitzen weisen auf das verbreitete Eschentriebsterben hin – nicht die einzige Pilzerkrankung der alten Esche.

Im Wurzelbereich hat der Gemeine Schwefelporling inzwischen schon Fruchtkörper gebildet. Ein deutliches Alarmsignal, sagt Holger Brandt. Denn das deutet darauf hin, dass er sich auch im Inneren des Baumstamms breit gemacht hat und ihn regelrecht aushöhlt. Mit dem Gummihammer klopft Brandt den Stamm ab. Dabei hört man deutliche Unterschiede in der Tonhöhe: Je weiter der Hammer sich der Wurzel nähert, desto trommelartiger und hohler klingt der Stamm, erklärt der Fachmann.

Wurzeldiagnose mit HighTech: Kürzen mit der Kettensäge

Die Bohrwiderstandsmessung soll zeigen, wie weit der Verfall fortgeschritten ist. 40 cm tief dringt die Stahlnadel in den Stamm. Das Ergebnis sieht aus wie ein EKG und ist, wie befürchtet, verheerend. Peter Nembach sieht bestätigt, was die Untersuchung mit dem Hammer schon vermuten ließ: Der Kern ist weich. "Da besteht dringender Handlungsbedarf, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten", erklärt Nembach.

Per Hubsteiger und Kettensäge kürzen sie die Esche bis auf die halbe Höhe. Das schafft mehr Standsicherheit. Immer, wenn Teile des Stammes nach unten fallen, bildet die Braunfäule Staubwolken! Der einst harte Kern des Baumes besteht inzwischen nur noch aus Pulver! Als Torso wird die Esche auch in den kommenden Jahren noch frische Blätter hervorbringen, denn die äußere Schicht transportiert ja Wasser und Nährstoffe. Gleichzeitig dient der hohle Stamm Vögeln und Fledermäusen als Wohnraum, bis er schließlich ganz entfernt und durch eine Neuanpflanzung ersetzt wird. Das wird dann sicher keine Esche mehr sein, sondern eine Baumart, die mit Hitze und Trockenheit besser zurecht kommt.

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