Aktuelle Daten des Statistischen Bundesamts zeigen, dass Haushalte in Deutschland im Schnitt etwa ein Viertel ihres Einkommens in die Miete oder einen Immobilienkredit stecken. Das klingt erstmal nach viel. Der statistische Durchschnitt liegt damit allerdings noch unter der allgemeinen Empfehlung von Experten, höchstens ein Drittel des Einkommens fürs Wohnen auszugeben.
Experte: Nennenswerter Anteil gibt mehr als 40 Prozent aus
Die Zahl an sich sei nicht besonders aussagekräftig, sagt der Regensburger Immobilienwissenschaftler Tobias Just und erklärt: "Wichtiger ist, dass wir einen nennenswerten, über zehnprozentigen Anteil haben an Haushalten, die über 40 Prozent ihres Einkommens ausgeben. Das ist natürlich eine besondere Belastung, insbesondere deswegen, weil diese Haushalte in der Regel über ein geringes Einkommen verfügen. Das heißt, von einem geringen Einkommen geht ein hoher Anteil für Wohnzwecke drauf. Das ist, glaube ich, die Herausforderung."
Nach Daten des europäischen Statistikportals Eurostat gibt in Bayern etwa jeder achte Haushalt mehr als 40 Prozent seines Einkommens fürs Wohnen aus. Bundesweit sind es ähnlich viele (externer Link). Nach Definition der Statistiker sind sie damit "überbelastet". Oft zahlten vor allem Ältere und Menschen mit niedrigem Einkommen mehr fürs Wohnen, als sie sich eigentlich leisten können.
Thema Wohnen beschäftigt
Fragt man in der Würzburger Innenstadt Passanten, berichten sie Verschiedenes: Der eine wohnt wieder bei Mama; auch weil es von einer anderen Stadt schwierig war, eine Wohnung zu finden. Ein anderer freut sich, ein Eigenheim gefunden zu haben und keine klassische Miete mehr zahlen zu müssen. Um die Kosten in Schach zu halten, habe er das alte Haus weitgehend in Eigenregie renoviert. Eine Familie erzählt, sie habe Glück gehabt und eine Sozialwohnung bekommen. Und ein anderer rechnet vor, dass für die Miete etwa 30 Prozent seines Einkommens draufgehen.
Verein Haus und Grund: Auch Nebenkosten belasten
Eine Belastung durch Wohnkosten nimmt auch der Verein Haus und Grund Bayern wahr. Nicht immer seien allein hohe Mieten der Grund dafür, sagt Vorständin Ulrike Kirchhoff. "Gerade auch das, was wir heute unter Nebenkosten verstehen, also Heizkosten, Wasser, alles Kosten, die nicht dem Vermieter zugutekommen, sondern die der Vermieter für die Mieter abführt, diese Kosten sind fast so hoch wie die Miete. Das ist eine ganz enorme Belastung für die Haushalte", sagt Kirchhoff. Sie verweist auf Unterstützungsangebote wie das Wohngeld. Das sollten gerade Haushalten mit geringem Einkommen nutzen.
Wohnen im europäischen Vergleich teuer
Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern ist Wohnen in Deutschland laut Statistikamt teuer: Nur in Griechenland, Luxemburg und Dänemark geben Menschen im Schnitt anteilig mehr dafür aus. Welche Faktoren zu einer Sondersituation in Deutschland beitragen, kann Ökonom Just erklären. Ein Aspekt seien vergleichsweise kleine Haushalte. "Wir haben eine Haushaltsgröße von nur zwei Personen. Das ist in anderen Ländern immer noch deutlich größer." In Italien lebten statistisch etwa 2,2, in Spanien sogar 2,5 Personen in einem Haushalt. Auch die Menge an Platz spielt eine Rolle. "Wir haben in Deutschland vergleichsweise viel Wohnfläche mit 45 Quadratmetern pro Person. Das ist ebenfalls in vielen anderen Ländern deutlich geringer." Das sei dann schnell auch teuer. Dazu kommt die Urbanisierung: In Städten koste Wohnen in der Regel mehr als auf dem Land. Außerdem bestehe ein großer Abstand zwischen Neubau- und Bestandsmieten.
In Mittelfranken und Oberbayern kostet Wohnen mehr
Insgesamt betrachtet koste Wohnen in Bayern im Schnitt allerdings in etwa so viel wie andernorts in Deutschland, sagt der Experte. Regionale Unterschiede spielten jedoch eine große Rolle. Gerade in "attraktiven Ballungsgebieten" sei die Lage angespannter. Als Ausreißer nennt Just Mittelfranken, Oberbayern und die großen Städte. Für den Immobilienwissenschaftler ist klar: Gegen teures Wohnen hilft langfristig nur deutlich mehr Wohnraum. Dazu müsste beispielsweise einfacher und günstiger gebaut, zudem nachverdichtet und in die Höhe gebaut werden.
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