Diesen Abend im Augustinerkeller hat sich die Münchnerin Vroni ganz anders vorgestellt: Eigentlich wollte sie mit Kollegen gemütlich zu Abend essen, doch am Nebentisch wird es immer wieder laut. Schließlich hält ein 26-Jähriger eine Rede mit einem Schnapsglas in der Hand, die in "Sieg Heil"-Rufen seiner ganzen Gruppe gipfelt. So schildert es Augenzeugin Vroni gegenüber dem BR, die ihren Nachnamen nicht nennen will.
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Schon früher am Abend beobachtet Vroni, wie ein Kellner die Männergruppe immer wieder auffordern musste, die anderen Gäste nicht durch Pfiffe und Lärm zu stören. Als die Gruppe gegen 19 Uhr dann laut verbotene Nazi-Parolen ruft, fasst sich Vroni ein Herz und greift ein. Sie lässt sich zur Geschäftsführung bringen, mit der sie an den Tisch geht. "In dem Moment haben mir wirklich die Knie geschlottert", erzählt die Münchnerin.
Was über die Männer bekannt ist
Doch Vroni und dem Augustiner-Personal gelingt es, die Polizei zu verständigen und die Gruppe festzuhalten, bis die Beamten eintreffen. Laut Polizeiangaben handelt es sich um 16 Männer aus Oberbayern im Alter von 21 bis 43 Jahren. Von Beruf seien sie Mechatroniker. Bei dem Mann, der die verbotenen Rufe angestimmt hat, soll es sich um einen 26-Jährigen aus dem Landkreis Garmisch-Partenkirchen handeln.
Zivilcourage: Darauf kommt es an
Irene Durukan vom Verein "Mut & Courage Bad Aibling" ist Expertin auf dem Gebiet Zivilcourage. Sie empfiehlt, in solchen Situationen immer aktiv zu werden, sich aber gleichzeitig nicht selbst zu gefährden. Konkret schlägt sie vor, das Geschehen aus sicherer Entfernung zu filmen und in jedem Fall die Polizei zu verständigen.
So reagiert Augustiner
Der Wirt des Augustinerkellers zeigte sich entsetzt über das Verhalten der Gäste. Er sei froh, dass Vroni ihn auf die Parolen aufmerksam gemacht habe. Die Augustiner Brauerei distanzierte sich zusätzlich in einem schriftlichen Statement von rechtsradikalen Umtrieben und betonte, für ein offenes, tolerantes und demokratisches Weltbild zu stehen.
Gegen die Männer ermittelt nun die Staatsschutzabteilung der Polizei. Den Mechatronikern wird die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen vorgeworfen. Die Männer waren bisher nicht wegen extremistischer Vergehen polizeilich aufgefallen.
Rechtsextreme Vorfälle häufen sich
In jüngster Zeit kam es in Deutschland mehrfach zu Vorfällen, bei denen rassistische Parolen gegrölt wurden. Für große Empörung sorgte Ende Mai ein Video, aufgenommen auf Sylt, in dem Partygäste auf das Lied "L'Amour Toujours" von Gigi D'Agostino "Deutschland den Deutschen, Ausländer raus" grölten.
Kurze Zeit später kam es auf der Erlanger Bergkirchweih zu einem ähnlichen Vorfall, hier ermittelt der Staatsschutz ebenso wie zu dem Sylt-Video. Beim Pfingstfest in Bad Kötzting sollen die rechtsextremen Parolen ebenfalls gesungen worden sein, einige Volksfestbesucher sollen zudem den Hitlergruß gezeigt haben.
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