Eigentlich sollte das Cannabis-Gesetz schon längst unter Dach und Fach sein. Im vergangenen August gab die Bundesregierung grünes Licht für den Gesetzentwurf des Gesundheitsministers. Dann folgten Beratungen von Fachpolitkern, Anfang Dezember hieß es dann schon mal: Die Ampel-Koalition hat sich auf die letzten Detailfragen geeinigt.
SPD-Politiker hatten Bedenken gegen Cannabis-Gesetz
Doch dann stand plötzlich die SPD auf der Bremse. Vor allem Innen- und Verkehrspolitiker hatten Bedenken angemeldet. Statt einer Entlastung wurde eine Belastung der Strafverfolgungs- und Ordnungsbehörden befürchtet. So gab es die Sorge, dass mehr Arbeit im Bereich der Verkehrskontrollen auf die Polizei zukommen könnte. Auch darüber, ob der Kinder- und Jugendschutz ausreichend gesichert ist, wurde erneut diskutiert.
Der Widerstand innerhalb der SPD-Bundestagsfraktion konnte nun aufgelöst werden. Die Fraktionsspitzen von SPD, Grünen und FDP verkündeten, sich einig zu sein. Das Gesetz könne nun zum 1. April in Kraft treten.
Einigung: Teillegalisierung soll engmaschiger überprüft werden
Kristine Lütke, Sprecherin für Sucht- und Drogenpolitik der FDP-Bundestagsfraktion, erklärt BR24: "Am eigentlichen Inhalt des Gesetzes wird nichts mehr verändert." Die Auswirkungen der Teillegalisierung sollen allerdings engmaschiger überprüft werden als bisher vorgesehen. Statt nach fünf soll nach vier Jahren eine Gesamtevaluation erfolgen. Die Auswirkungen auf den Drogen-Schwarzmarkt sollen nach zwei Jahren und die Maßnahmen zum Kinder- und Jugendschutz bereits nach ein- bis eineinhalb Jahren auf den Prüfstand, sagte die mittelfränkische FDP-Abgeordnete Lütke.
Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Maria Klein-Schmeik, berichtete zudem, dass die Auswirkungen unter Einbeziehung des Bundeskriminalamtes ausgewertet würden. Dies scheint offenbar der SPD gereicht zu haben, um ihr Veto aufzugeben.
Ampel: Bisherige Drogenpolitik gescheitert
Zahlreiche Ampel-Politiker - allen voran Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach - unterstreichen, warum das Gesetz wichtig ist. Die bisherige Drogenpolitik sei gescheitert, die Zahl der Cannabis-Konsumenten steige, die Zahl der Drogentoten sei hoch, der Schwarzmarkt mit stark verunreinigtem Stoff wachse immer weiter.
Lauterbach im BR24-Interview: "Das Gesetz ist schwierig. Aber es ist ein Gesetz, das wir machen müssen." Er würde auch lieber "in einer Traumwelt leben", mit der Alternative: "Wir lassen Cannabis verboten" - und alle Probleme gingen von allein weg. "Aber in der Welt leben wir halt nicht", so Lauterbach.
Cannabis-Besitz und -Konsum soll in begrenzten Mengen erlaubt werden
Laut dem vorliegenden Gesetzentwurf wird Cannabis im Betäubungsmittelgesetz aus der Liste der verbotenen Substanzen gestrichen. Über 21-Jährige können dann bis zu 25 Gramm für den Eigenkonsum besitzen und drei Cannabis-Pflanzen zu Hause anbauen. Außerdem sollen Cannabis-Clubs mit bis zu 500 Mitgliedern die Droge gemeinschaftlich anbauen dürfen. Dabei dürfen maximal 25 Gramm pro Tag und 50 Gramm pro Monat an Mitglieder ausgegeben werden. Diese Clubs und Vereine unterliegen zahlreichen Vorschriften und sollen kontrolliert werden.
Für 18- bis 21-Jährige gelten strengere Regeln. Für Jugendliche unter 18 Jahren bleibt es verboten, Cannabis zu besitzen und zu konsumieren.
Durch die Regeln und Vorgaben zum Gesundheits- sowie Kinder- und Jugendschutz erhofft sich die Koalition, die bisherigen Gesundheitsgefahren zu reduzieren.
Mediziner und Juristen üben weiterhin Kritik
Diese Teillegalisierung ist allerdings äußerst umstritten. Viele Mediziner und Juristen, ebenso die Polizei, stellen infrage, dass das Cannabis-Gesetz zu den gesetzten Zielen führt. Die Bundesärztekammer hält wegen der besonderen Gesundheitsgefahren für junge Menschen die Altersgrenze von 18 Jahren für zu niedrig. Union und AfD hatten im Bundestag gefordert, die Teillegalisierung zu stoppen.
Die drogenpolitische Sprecherin der FDP, Kristine Lütke, sagte im BR24-Interview: "Wir haben die kritischen Stimmen ausreichend berücksichtigt." Sie gibt sich zuversichtlich, dass das Cannabis-Gesetz in diesem Frühjahr in Kraft tritt. Der Bundestag soll in Kürze über das Gesetz abstimmen. Der Bundesrat könnte dann noch Einspruch erheben, kann das Vorhaben aber nicht verhindern.
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