SPD, Grüne und FDP, die Fraktionen der Ampel-Koalition im Bundestag, wollen die Bundesregierung auffordern, die Waffenexporte an die Ukraine auszuweiten. In einem Entwurf für einen gemeinsamen Koalitionsantrag werden die Taurus-Marschflugkörper, gegen die sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bisher sträubt, zwar nicht namentlich erwähnt. Das Papier der Fraktionsvorsitzenden fordert aber "die Lieferung von zusätzlich erforderlichen weitreichenden Waffensystemen und Munition."
Der Antrag von SPD, Grünen und FDP soll in dieser Woche im Bundestag zur Abstimmung gestellt werden. Formeller Anlass ist der zehnte Jahrestag der Invasion Russlands auf der ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim.
Ziel: "Wiederherstellung der vollständigen territorialen Integrität"
Ausdrücklich wird in dem Antrag betont, dass sich das Ausmaß der Militärhilfe an der "Wiederherstellung der vollständigen territorialen Integrität und Souveränität der Ukraine" orientieren müsse. "Es bedarf weiterer Anstrengungen nicht nur aus Deutschland, sondern auch von unseren europäischen Partnern, damit die Menschen in der Ukraine dem Krieg nicht auf Jahre ausgeliefert bleiben, sondern ihn beenden können", schreiben die Ampel-Abgeordneten zudem.
Sie fordern, dass die Ukraine einerseits in die Lage versetzt werden soll, "völkerrechtskonforme, gezielte Angriffe auf strategisch relevante Ziele weit im rückwärtigen Bereich des russischen Aggressors zu ermöglichen und andererseits die Landstreitkräfte mit der Lieferung von gepanzerten Kampfsystemen und geschützten Fahrzeugen weiter zu stärken".
Der Hinweis auf den nötigen Beschuss von Zielen tief in Russland kann als Hinweis darauf gelesen werden, dass die Regierung auch zur Lieferung von Marschflugkörpern gedrängt werden soll. Zudem wird in dem Antrag bei Abgabe aus den Beständen der Bundeswehr eine sofortige Nachbeschaffung gefordert.
Karte: Die militärische Lage in der Ukraine
Grüne und FDP schon lange für Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern
FDP- und Grünen-Politiker verlangen von Scholz schon länger die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern. Der Kanzler hatte im Oktober erklärt, dass Deutschland Taurus vorerst nicht liefern werde. Dahinter steht die Befürchtungen, dass die Raketen russisches Territorium treffen könnten. Auf der Sicherheitskonferenz wich Scholz am Samstag der Frage aus, ob er sie vielleicht doch noch freigeben will. Er versicherte in einem Interview lediglich, dass Deutschland immer genug tun werde, um die Ukraine zu unterstützen.
Die ukrainische Regierung hatte die Taurus-Marschflugkörper mit einer Reichweite von 500 Kilometern und hoher Treffsicherheit im Mai 2023 offiziell von Deutschland erbeten, um militärische Ziele weit hinter der Frontlinie treffen zu können. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz forderte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Wochenende eindringlich mehr Geld und Waffen von Europa und den USA. "Wenn die Ukraine alleine dasteht, dann werden Sie sehen, was passiert: Russland wird uns zerstören, das Baltikum zerstören, Polen zerstören – es ist dazu in der Lage."
Im Video: Selenskyj fordert in München mehr Waffenhilfe
"Äußerst schwierige" Lage an der Front
Nach einem Frontbesuch in Kupjansk im Gebiet Charkiw am Montag bezeichnete Selenskyj die Lage dort als "äußerst schwierig". Probleme gebe es an Frontabschnitten, wo die Russen die größten Reserven konzentriert hätten, sagte Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache. "Sie nutzen Verzögerungen bei der Hilfe für die Ukraine aus."
Selenskyj beklagte den Mangel an Artilleriegeschossen, an Flugabwehrsystemen im frontnahen Bereich und an weitreichenden Raketen. Kiew arbeite mit Nachdruck an der Wiederaufnahme der Hilfen durch die westlichen Partner, versicherte der ukrainische Staatschef seinen Landsleuten. Erst am Wochenende hatten sich ukrainische Kräfte aus der Stadt Awdijiwka zurückziehen müssen.
Zum Hören: Ukraine zieht sich aus Awdijiwka zurück
Mit Informationen von dpa, AFP und Reuters
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