Bei der Lufthansa hat der Warnstreik des Bodenpersonals begonnen. Die Fluggesellschaft hat an ihrem wichtigsten Drehkreuz Frankfurt deshalb bereits für Montagabend etliche Verbindungen gestrichen. Nur einige wenige Interkontinental-Flüge sollten noch stattfinden. Lufthansa-Beschäftigte der Technik, der Logistik, der Fracht und der IT legten die Arbeit nieder, wie Verdi-Streikführer Marvin Reschinsky bestätigte. Um 4 Uhr morgens schloss sich das Bodenpersonal der Lufthansa an den Standorten München, Frankfurt am Main, Hamburg, Berlin, Düsseldorf, Köln-Bonn und Stuttgart an.
Viele Umsteiger am Flughafen München gestrandet
Der Streik beim Lufthansa-Bodenpersonal wirkt sich seit dem Morgen auf den Flughafen München stark aus. Der Flugplan ist stark ausgedünnt, fast alle Check-In-Schalter sind unbesetzt, und die Zahl der Passagiere im Terminal 2 ist überschaubar. In vielen Fällen handelt es sich um Umsteiger, die im Erdinger Moos gestrandet sind. Immer wieder sind Durchsagen zu hören, die auf die Arbeitsniederlegungen hinweisen. Weit über die Hälfte der Flüge sind gestrichen. Von 790 Flügen seien 448 annulliert worden, sagte eine Sprecherin der Flughafengesellschaft.
Die Passagiere abgesagter Flüge werden von der Lufthansa dringend gebeten, am heutigen Dienstag nicht am Flughafen München zu erscheinen. Denn auch die Umbuchungsschalter seien voraussichtlich nicht besetzt. Umbuchungen sollen daher über die App, die Homepage oder die Callcenter abgewickelt werden.
Gegen Mittag planen die Streikenden am Flughafen München einen Demonstrationszug durch die beiden Terminals. Die Gewerkschaft Verdi spricht von einer sehr hohen Beteiligung des Lufthansa-Bodenpersonals. Mehr als 900 Mitarbeitende – darunter auch viele Auszubildende – haben laut einer Sprecherin die Arbeit niedergelegt. Bei der Technik habe die komplette Frühschicht mitgemacht. Normalerweise sind in den bestreikten Bereichen in drei bis vier Schichten insgesamt 2.500 Mitarbeitenden im Einsatz.
Streik: Flughafen Nürnberg auch betroffen
Der erneute Warnstreik des Lufthansa-Bodenpersonals wirkt sich auch am Nürnberger Airport aus. Wie aus dem Flugplan des Albrecht-Dürer-Flughafens hervor geht, sind am heutigen Dienstag alle Flüge von und nach Frankfurt annulliert. Aufgrund des Streiks seien auch Umbuchungsschalter nicht besetzt, heißt es in einer Lufthansa-Mitteilung auf der Website des Airports. Lufthansa-Passagiere sollen demnach nicht zum Flughafen kommen.
Die Gewerkschaft Verdi geht generell von einer hohen Streikbeteiligung aus. "Die Streikbereitschaft ist enorm", sagte Verdi-Verhandlungsführer Marvin Reschinsky am Dienstagmorgen der Nachrichtenagentur AFP. Auch ein Sprecher in Frankfurt am Main sagte, die Gewerkschaft habe den Eindruck, dass es in den Betrieben "nicht viele gibt, die sich nicht daran beteiligen". "Wir würden das insgesamt als Erfolg bezeichnen".
Lufthansa: 100.000 Fluggäste betroffen
Die Lufthansa hat einen Sonderflugplan veröffentlicht. Insgesamt sind demnach bundesweit 100.000 Fluggäste von dem Streik betroffen. Das Unternehmen geht davon aus, dass nur etwa zehn bis 20 Prozent der Flüge während des Streiks durchgeführt werden können.
Das Unternehmen warnte die Passagiere stornierter Flüge, sie sollten generell nicht zum Flughafen kommen, weil dort die Umbuchungsschalter nicht besetzt seien.
Lufthansa bezeichnet Streik als unverhältnismäßig
Erst vor gut eineinhalb Wochen hatte Verdi das Bodenpersonal zu einem 27-stündigen Warnstreik aufgerufen – als Folge fielen 900 Flüge aus. Es geht um die Tarifverhandlungen für die Beschäftigten am Boden. Auch in der dritten Verhandlungsrunde konnten sich die Tarifpartner nicht einigen. Das Angebot der Lufthansa: mindestens zehn Prozent mehr Geld in zwölf Monaten sowie eine steuerfreie Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 3.000 Euro.
Die Lufthansa kritisierte den Warnstreik, der nun trotz verbesserten Angebots und vereinbarter Gesprächstermine durchgeführt werde. Bereits in den vergangenen 18 Monaten seien die Gehälter für Bodenbeschäftigte im Mittel um 11,5 Prozent erhöht worden. Personalvorstand Michael Niggemann sagte, der weitere Warnstreik belaste sowohl Fluggäste als auch Beschäftigte erneut unverhältnismäßig. "Das ist nicht der Weg, um unserer gemeinsamen Verantwortung für unsere Mitarbeitenden, für unsere Gäste, für eine starke und verlässliche Lufthansa nachzukommen."
Verdi fordert 12,5 Prozent mehr Gehalt für Beschäftigte
Die Gewerkschaft Verdi fordert mit Verweis auf Rekordgewinne der Lufthansa sowie auf die Arbeitsverdichtung für die Beschäftigten 12,5 Prozent mehr Gehalt, mindestens aber 500 Euro mehr monatlich und eine Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 3.000 Euro.
Das Lufthansa-Angebot sei in den vergangenen Tagen breit in den Belegschaften diskutiert worden, erklärte die Gewerkschaft. Dabei hätten es 96 Prozent der Beschäftigten abgelehnt. Kritisiert worden seien unter anderem die deutlich geringeren Erhöhungen für Bodenbeschäftigte im Vergleich zu anderen Berufsgruppen im Konzern. "Die Bodenbeschäftigten fühlten sich einmal mehr vor den Kopf gestoßen", erklärte Verdi-Verhandlungsführer Marvin Reschinsky zum aktuellen Angebot. Für Mittwoch sind weitere Verhandlungen geplant.
Auch Schlepp- und Enteisungsfirma streikt am Flughafen München
Gleichzeitig hat Verdi aber auch die Belegschaft des Unternehmens "Enteisen und Flugzeugschleppen am Flughafen München GmbH" (EFM) zur Arbeitsniederlegung aufgerufen. Diese Firma ist unter anderem dafür zuständig, die Maschinen vom Flugsteig auf das Rollfeld zu schieben. Dieser zweite Warnstreik soll am Mittwochmorgen enden.
Grund des Warnstreiks ist die Forderung nach einem Tarifvertrag. Laut Verdi soll diese Arbeitsniederlegung alle Fluggesellschaften treffen, nicht nur den Lufthansa-Konzern. Weder Flughafen noch Lufthansa rechnen jedoch damit, dass dies zu großen zusätzlichen Behinderungen des Flugverkehrs führt.
Im Video: Lufthansa-Warnstreiks an sieben deutschen Flughäfen
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