Beamte haben eine Person in einer Flüchtlingsunterkunft in Solingen festgenommen.
Bildrechte: Reuters

Beamte haben eine Person in einer Flüchtlingsunterkunft in Solingen festgenommen.

Per Mail sharen
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

Nach Anschlag in Solingen: Festnahme in Flüchtlingsunterkunft

Am Tag nach dem Messerangriff in Solingen mit drei Toten hat die Terrororganisation Islamischer Staat erklärt, für den Anschlag verantwortlich zu sein. Die Polizei hat am Abend eine Person in einer Flüchtlingsunterkunft festgenommen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Infoblock am .

Im Zusammenhang mit dem Messerangriff von Solingen hat die Polizei eine Person in einer Flüchtlingsunterkunft in der Stadt festgenommen. Tatzusammenhänge würden nun geprüft, sagte ein Polizeisprecher der Deutschen Presse-Agentur. Zu den Personalien könne er noch nichts sagen. 

Zuvor hatte die Polizei die Flüchtlingsunterkunft im früheren Finanzamt von Solingen mit starken Kräften gestürmt "Wir haben Hinweise erhalten, und aufgrund dessen führen wir gerade polizeiliche Maßnahmen durch", sagte ein Polizeisprecher. Auch ein Spezialeinsatzkommando sei im Einsatz. Der Bereich werde von einer Hundertschaft abgesperrt. 

Islamischer Staat reklamiert Anschlag in Solingen für sich

Die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) hatte kurz zuvor den Anschlag für sich reklamiert, wie aus einer Stellungnahme der Terrororganisation hervorging. Ein "Soldat" des IS habe den Angriff "auf eine Versammlung von Christen in der Stadt Solingen in Deutschland" am Freitag verübt, teilte das IS-Propaganda-Organ Amaq im Onlinedienst Telegram mit. Der Angreifer habe damit "Rache" für Muslime in den Palästinensergebieten und anderswo auf der Welt geübt.

Auch die Polizei Düsseldorf erhielt nach eigenen Angaben ein Bekennerschreiben des IS. Jetzt müsse geprüft werden, ob dieses Schreiben echt sei, sagte ein Polizeisprecher.

Mutmaßliche Tatwaffe in Mülleimer gefunden

Die mutmaßliche Tatwaffe wurde am Samstagmittag in einem Mülleimer in der Innenstadt gefunden. Das verlautete aus Ermittlerkreisen. Bei dem Angriff bei einem Stadtfest waren am Freitagabend drei Menschen, zwei Männer im Alter von 67 und 56 Jahren sowie eine 56-jährige Frau, getötet worden. Acht wurden verletzt, vier von ihnen lebensgefährlich, zwei schwer, zwei leicht. Der Täter ist weiterhin flüchtig. 

Die Polizei Düsseldorf teilte mit, dass im Rahmen der Fahndung am Samstagmorgen eine Person festgenommen werden konnte, "bei der geprüft wird, ob es möglicherweise Tatzusammenhänge gibt". Parallel liefen diverse Maßnahmen wie Durchsuchungen an verschiedenen Orten.

Ermittler schließen Terror-Motiv nicht aus

Bei einer Pressekonferenz am Samstagnachmittag in Wuppertal sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Markus Caspers, der Anfangsverdacht einer terroristisch motivierten Tat könne nicht ausgeschlossen werden. Derzeit sei keine andere Motivlage zu erkennen.

Laut Caspers, Leiter der nordrhein-westfälischen Zentralstelle für die Verfolgung terroristischer und terroristisch motivierter Straftaten, handelt es sich bei dem Festgenommen um einen 15-Jährigen. Demnach hätten zwei Zeuginnen kurz vor der Tat ein Gespräch des 15-Jährigen mit einem anderen Mann mitgehört.

Bei dem Gespräch sei es um eine geplante Straftat gegangen, die der Tat von Solingen ähnlich gewesen sei. Möglicherweise handele es sich bei dem anderen Mann um den mutmaßlichen Täter. Die Zeuginnen hätten sich nach der Tat bei der Polizei gemeldet, so Caspers.

Polizei geht aktuell von Einzeltäter aus

Der Polizeiführer in der Tatnacht, Polizeidirektor Thorsten Fleiß vom Polizeipräsidium Düsseldorf, erklärte bei der Pressekonferenz, dass zurzeit noch umfangreiche Durchsuchungs- und Ermittlungsmaßnahmen in ganz NRW liefen, unter Beteiligung der Bundesbehörden auch im Bundesgebiet.

Momentan gehe die Polizei von einem Einzeltäter aus. Die Herausforderung sei, die vorhandenen Spurenaufnahmen und Zeugenaussagen zusammenzubringen. Sobald weitere Details vorlägen, würden die Ermittlungsbehörden darüber informieren.

Opfer offenbar zufällig ausgewählt

Laut Polizei schlug der Angreifer gegen 21.37 Uhr auf dem Stadtfest zur 650-Jahr-Feier von Solingen mit dem Titel "Festival der Vielfalt" zu. Kurz darauf wurde Großalarm ausgelöst. Mindestens ein Hubschrauber war in der Luft, zahlreiche Einsatzfahrzeuge mit Blaulicht und Rettungswagen waren unterwegs, Straßen wurden weiträumig abgesperrt. Bewaffnete Beamte sicherten den Einsatzort.

Nach Angaben der Ermittler scheint der Täter seine Opfer zufällig ausgewählt zu haben. Dem Innenministerium zufolge habe er aber sehr gezielt auf ihre Hälse eingestochen. Bei den Opfern dürfte es sich um Besucher des Festes gehandelt haben. Tatort war der zu diesem Zeitpunkt gut besuchte Fronhof – ein Marktplatz in der Innenstadt, auf dem für das Jubiläumsfest eine Bühne aufgebaut war.

In Folge der Geschehnisse beendete die Stadt das ursprünglich für drei Tage geplante Fest komplett. Auch die für diesen Samstag und Sonntag vorgesehenen Programmpunkte wurden abgesagt.

Im Video: WDR-Reporterin Gina Niemeier zum Messerangriff in Solingen

WDR-Reporterin Gina Niemeier
Bildrechte: Bayerischer Rundfunk 2024
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

WDR-Reporterin Gina Niemeier

Wüst: "Dieser Anschlag sollte Terror verbreiten"

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst sagte am späten Samstagnachmittag in Solingen: "Dieser Anschlag sollte Terror verbreiten. Dieser Akt des Terrors richtet sich gegen unsere Art zu leben." Der CDU-Politiker betonte aber auch: "Unser Land wankt nicht. Wir werden uns nicht erschüttern lassen."

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) beschwor den Zusammenhalt: "Wir lassen uns in solchen Zeiten nicht spalten, sondern stehen zusammen und lassen es auch nicht zu, dass ein solch' furchtbarer Anschlag die Gesellschaft spaltet."

Scholz: Mit der ganzen Härte des Gesetzes vorgehen

Kanzler Scholz und andere Spitzenpolitiker zeigten sich erschüttert. Der Kanzler sprach von einem "furchtbaren Verbrechen". "Wir dürfen so etwas in unserer Gesellschaft nicht akzeptieren und uns niemals damit abfinden. Mit der ganzen Härte des Gesetzes muss hier vorgegangen werden", sagte der SPD-Politiker bei einem Termin im brandenburgischen Stahnsdorf.

Bundeskanzler Olaf Scholz
Bildrechte: BR
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

Bundeskanzler Olaf Scholz

Mit Information von dpa, Reuters und AFP

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!