Beamte haben eine Person in einer Flüchtlingsunterkunft in Solingen festgenommen.
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Nach Anschlag in Solingen: "Wirklich Tatverdächtiger" gefasst

Nach dem Messerangriff in Solingen hat die Polizei einen "wirklich Tatverdächtigen" gefasst. Das hat Nordrhein-Westfalens Innenminister Reul am späten Abend bekanntgegeben. Zuvor hatte die Terrororganisation IS den Anschlag für sich reklamiert.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Infoblock am .

Am Abend hat die Polizei eine Person festgenommen, die sie "in höchstem Maße" verdächtige, für den Anschlag in Solingen mit drei Toten verantwortlich zu sein. Das hat Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul am späten Abend in den "ard-tagesthemen" bekanntgegeben.

Die Polizei habe den ganzen Tag eine heiße Spur verfolgt, diese sei nun erfolgreich beendet. "Den, den wir den ganzen Tag in Wirklichkeit gesucht haben, der ist seit kurzer Zeit bei uns in Gewahrsam."

Reul: "Wir haben Beweisstücke gefunden"

Jetzt werde der Verdächtige vernommen und weitere Einzelheiten müssten geprüft werden. Aber: "Es ist jetzt mehr als eine Vermutung. Wir haben nicht nur einen Hinweis auf diese Person gehabt, sondern wir haben auch Beweisstücke gefunden", sagte Reul.

Im Zusammenhang mit dem Messerangriff von Solingen hatte die Polizei zuvor auch eine Person in einer Flüchtlingsunterkunft in der Stadt festgenommen. "Das, was dort passiert ist, war ein Teil von immer weitergehenden Informationen, die verwertet wurden", sagte Reul.

Auch einen 15-Jährigen hatte die Polizei am Samstag-Morgen festgenommen. Er hat sich möglicherweise kurz vor der Tat mit dem Attentäter unterhalten. Sowohl bei dem 15-Jährigen als auch bei dem Festgenommenen in der Flüchtlingsunterkunft handelt es sich laut Reul "aber sehr wahrscheinlich nicht um diejenigen, die wir wirklich verdächtigen."Dieser "wirklich Verdächtige" sei aber dann am späten Abend gefasst worden.

Islamischer Staat reklamiert Anschlag in Solingen für sich

Die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) hatte früher am Abend den Anschlag für sich reklamiert, wie aus einer Stellungnahme der Terrororganisation hervorging. Ein "Soldat" des IS habe den Angriff "auf eine Versammlung von Christen in der Stadt Solingen in Deutschland" am Freitag verübt, teilte das IS-Propaganda-Organ Amaq im Onlinedienst Telegram mit. Der Angreifer habe damit "Rache" für Muslime in den Palästinensergebieten und anderswo auf der Welt geübt.

Auch die Polizei Düsseldorf erhielt nach eigenen Angaben ein Bekennerschreiben des IS. Jetzt müsse geprüft werden, ob dieses Schreiben echt sei, sagte ein Polizeisprecher.

Mutmaßliche Tatwaffe in Mülleimer gefunden

Die mutmaßliche Tatwaffe wurde am Samstagmittag in einem Mülleimer in der Innenstadt gefunden. Das verlautete aus Ermittlerkreisen. Bei dem Angriff bei einem Stadtfest waren am Freitagabend drei Menschen, zwei Männer im Alter von 67 und 56 Jahren sowie eine 56-jährige Frau, getötet worden. Acht wurden verletzt, vier von ihnen lebensgefährlich, zwei schwer, zwei leicht.

Ermittler schließen Terror-Motiv nicht aus

Bei einer Pressekonferenz am Samstagnachmittag in Wuppertal hatte der Leitende Oberstaatsanwalt Markus Caspers erklärt, der Anfangsverdacht einer terroristisch motivierten Tat könne nicht ausgeschlossen werden. Derzeit sei keine andere Motivlage zu erkennen.

Polizei geht aktuell von Einzeltäter aus

Der Polizeiführer in der Tatnacht, Polizeidirektor Thorsten Fleiß vom Polizeipräsidium Düsseldorf, erklärte bei der Pressekonferenz, dass zurzeit noch umfangreiche Durchsuchungs- und Ermittlungsmaßnahmen in ganz NRW liefen, unter Beteiligung der Bundesbehörden auch im Bundesgebiet.

Momentan gehe die Polizei von einem Einzeltäter aus. Die Herausforderung sei, die vorhandenen Spurenaufnahmen und Zeugenaussagen zusammenzubringen. Sobald weitere Details vorlägen, würden die Ermittlungsbehörden darüber informieren.

Opfer offenbar zufällig ausgewählt

Laut Polizei schlug der Angreifer gegen 21.37 Uhr auf dem Stadtfest zur 650-Jahr-Feier von Solingen mit dem Titel "Festival der Vielfalt" zu. Kurz darauf wurde Großalarm ausgelöst. Mindestens ein Hubschrauber war in der Luft, zahlreiche Einsatzfahrzeuge mit Blaulicht und Rettungswagen waren unterwegs, Straßen wurden weiträumig abgesperrt. Bewaffnete Beamte sicherten den Einsatzort.

Nach Angaben der Ermittler scheint der Täter seine Opfer zufällig ausgewählt zu haben. Dem Innenministerium zufolge habe er aber sehr gezielt auf ihre Hälse eingestochen. Bei den Opfern dürfte es sich um Besucher des Festes gehandelt haben. Tatort war der zu diesem Zeitpunkt gut besuchte Fronhof – ein Marktplatz in der Innenstadt, auf dem für das Jubiläumsfest eine Bühne aufgebaut war.

In Folge der Geschehnisse beendete die Stadt das ursprünglich für drei Tage geplante Fest komplett. Auch die für diesen Samstag und Sonntag vorgesehenen Programmpunkte wurden abgesagt.

Im Video: WDR-Reporterin Gina Niemeier zum Messerangriff in Solingen

WDR-Reporterin Gina Niemeier
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WDR-Reporterin Gina Niemeier

Wüst: "Dieser Anschlag sollte Terror verbreiten"

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst sagte am späten Samstagnachmittag in Solingen: "Dieser Anschlag sollte Terror verbreiten. Dieser Akt des Terrors richtet sich gegen unsere Art zu leben." Der CDU-Politiker betonte aber auch: "Unser Land wankt nicht. Wir werden uns nicht erschüttern lassen."

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) beschwor den Zusammenhalt: "Wir lassen uns in solchen Zeiten nicht spalten, sondern stehen zusammen und lassen es auch nicht zu, dass ein solch' furchtbarer Anschlag die Gesellschaft spaltet."

Scholz: Mit der ganzen Härte des Gesetzes vorgehen

Kanzler Scholz und andere Spitzenpolitiker zeigten sich erschüttert. Der Kanzler sprach von einem "furchtbaren Verbrechen". "Wir dürfen so etwas in unserer Gesellschaft nicht akzeptieren und uns niemals damit abfinden. Mit der ganzen Härte des Gesetzes muss hier vorgegangen werden", sagte der SPD-Politiker bei einem Termin im brandenburgischen Stahnsdorf.

Bundeskanzler Olaf Scholz
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Bundeskanzler Olaf Scholz

Mit Information von dpa, Reuters und AFP

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