Am Donnerstag vergangener Woche fährt ein 24-jähriger Afghane mit seinem Auto in eine Verdi-Demonstration. Ein zweijähriges Mädchen und seine 37 Jahre alte Mutter werden so schwer verletzt, dass sie am Samstag im Krankenhaus sterben. Mindestens 37 Menschen werden verletzt.
Farhad N. soll sich sehr schnell radikalisiert haben
Wie es dazu kommen konnte, was über Farhad N. bekannt war, welches Motiv er hatte, sollte eine Innenausschusssitzung des Bundestags am Donnerstag klären. Die CSU-Innenexpertin Andrea Lindholz wollte vor allem erfahren, wie bei dem offenbar gut integrierten Geflüchteten ein Radikalisierungsprozess stattgefunden habe. Mitglieder der Sicherheitsbehörden wurden zugeschaltet. Doch viele Antworten blieben laut Teilnehmern vage.
Die Ermittler gehen davon aus, dass die Tat des gläubigen Muslims Farhad N. einen religiösen Hintergrund hat. Radikalisiert haben, soll er sich aber offenbar erst im vergangenen Herbst. Das legen erste Erkenntnisse nah. Seit Freitag sitzt N. in Untersuchungshaft.
Bayerns Sicherheitsbehörden finden islamische Inhalte
Das Handy des Täters ist noch nicht abschließend ausgewertet. Das könne noch Wochen dauern, heißt es nach der Sitzung. Neben Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) werden auch Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) zur Sitzung zugeschaltet. Auch aus Bayern gibt es erste Hinweise in Bezug auf das Motiv des Täters.
Laut bayerischer Sicherheitsbehörden findet sich auf dem Handy des Attentäters "eine Häufung von Bildern und Videos mit islamischen Inhalten". Das geht aus einer Anfrage zum Plenum hervor, die die Grünen Fraktion im Bayerischen Landtag gestellt hatte und die dem BR exklusiv vorliegt.
Farhad N. wurde offenbar zweimal überprüft
Eine weitere Anfrage befasst sich mit den Erkenntnissen des Nachrichtendienstes zu Farhad N. Zweimal hatte das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz den 24-Jährigen überprüft. Einmal 2021, und ein weiteres Mal 2023. Im Rahmen einer "ausländerrechtlichen Überprüfung" und "einer Zuverlässigkeitsüberprüfung für das Bewachungsgewerbe".
Farhad N. arbeitete für eine Sicherheitsfirma als Ladendetektiv, wofür die Sicherheitsüberprüfung notwendig ist. Allerdings hätten beim Landesamt für Verfassungsschutz "keine Erkenntnisse zur Person" vorgelegen.
Lange blieb der junge Mann unauffällig
In der Sitzung wurde wiederholt, dass N. religiös war, betete und regelmäßig eine Moschee besuchte, die laut Staatsanwaltschaft nicht für extremistische Prediger bekannt ist. Der junge Afghane habe den Mittelschulabschluss gemacht und eine Ausbildung im Einzelhandel begonnen.
Ob er die zweijährige Ausbildung abschloss, finde sich nicht in den Akten, erfuhren die Abgeordneten nach übereinstimmenden Angaben von Teilnehmern der Sitzung.
FDP: Aufklärung und Wahlkampf nicht vermischen
Drei Tage vor der Bundestagswahl sei kein guter Zeitpunkt für die Innenausschusssitzung, kritisiert der FDP-Abgeordnete Manuel Höferlin. Die FDP fürchtet die Vermischung von Aufklärung und Wahlkampf. Höferlin hätte sich aus Respekt vor den Angehörigen einen Termin in der kommenden Woche nach der Wahl gewünscht.
Bundesinnenministerin Faeser hatte im Vorfeld "maximale Härte" gegenüber dem mutmaßlichen Täter gefordert. Nach der Sitzung des Innenausschusses fügte sie hinzu: "Das Leid der Opfer darf keinesfalls für Stimmungsmache missbraucht werden." Es gehe um Menschlichkeit und Mitgefühl. Die 25 Millionen Menschen in Deutschland, die ausländische Wurzeln hätten, seien ein fester und wertvoller Teil unserer Gesellschaft. Niemand dürfe unter Generalverdacht gestellt werden.
Anschlag in München – Täter hat sich wohl schnell radikalisiert
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