Deutschland stellt Zehntausende Visa für Erwerbszwecke aus
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Deutschland stellt Zehntausende Visa für Erwerbszwecke aus

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Arbeitsvisa stagnieren: Wirtschaft fordert "Willkommenskultur"

Das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz soll mehr qualifizierte Arbeitskräfte aus Nicht-EU-Staaten anlocken. Doch im Kampf um internationale Spitzenkräfte tut sich Deutschland oft schwer. Die Wirtschaft fordert deshalb eine neue Willkommenskultur.

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Das Auswärtige Amt hat im ersten Halbjahr dieses Jahres mehr als 80.000 Visa für Menschen ausgestellt, die in Deutschland arbeiten wollen. Etwa die Hälfte von ihnen - über 40.000 - sind Fachkräfte, wie die Nachrichtenagentur dpa aus dem Ministerium erfuhr. Zum Vergleich: Im Vorjahreszeitraum wurden rund 37.000 Visa an Fachkräfte erteilt.

Im gesamten Jahr 2023 hatte das Auswärtige Amt den Angaben zufolge über 157.000 Visa zu Erwerbszwecken ausgestellt, davon gingen 79.000 Visa an Fachkräfte.

Kritik an Defiziten bei Wohnen und Kinderbetreuung

Die Wirtschaft fordert nun angesichts der stagnierenden Zahlen eine neue "Willkommenskultur" in Deutschland. Der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Peter Adrian, sagte der dpa, die Botschaft müsse lauten: "Wir freuen uns, euch hier in Deutschland begrüßen zu können." Defizite sieht er in vielen Bereichen: Das fange bei der Visa-Erteilung an und höre bei der Bereitstellung von Wohnung und Kinderbetreuung auf.

Auch Industriepräsident Siegfried Russwurm sieht Nachbesserungsbedarf. Schon die deutschen Botschaften müssten solch eine Willkommenskultur ausstrahlen. Außerdem müsse man etwa ein Auto zulassen können, ohne Deutsch sprechen zu können. Eine Umfrage der DIHK hatte ergeben, dass über die Hälfte der Unternehmen den Fachkräftemangel als Geschäftsrisiko sehen.

Für Fachkräfte: "Blaue Karte" und "Chancenkarte"

Deutschland hat seit 2020 ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz, um den Zuzug qualifizierter Arbeitskräfte zu fördern. Im November 2023 trat der erste Teil einer von der Ampel-Koalition beschlossenen Reform dieses Gesetzes in Kraft. Er umfasste vor allem Erleichterungen bei der "Blauen Karte EU" sowie für anerkannte Fachkräfte.

Die sogenannte Chancenkarte, die zum 1. Juni eingeführt wurde, hat noch keinen großen Einfluss auf die Zahl der Erwerbsmigranten. Bisher seien knapp 200 Visa nach dieser Rechtsgrundlage erteilt worden, hieß es aus dem Auswärtigen Amt.

Arbeiten ohne Anerkennungsverfahren

Auch für Qualifikationen in Engpassberufen gibt es Punkte. Wer genügend Punkte hat, kann nach Deutschland kommen und hat dann ein Jahr lang Zeit, sich einen festen Job zu suchen. Unter bestimmten Voraussetzungen ist eine einmalige Verlängerung um zwei Jahre möglich.

Seit März können Fachkräfte mit Abschluss und Berufserfahrung ohne vorheriges Anerkennungsverfahren einreisen und in Deutschland arbeiten. Sie müssen also noch keine in Deutschland anerkannte Ausbildung vorweisen, aber ein Arbeitsplatzangebot mit einem Bruttojahresgehalt von mindestens 40.770 Euro - bei Tarifbindung des Arbeitgebers genügt eine Entlohnung gemäß Tarifvertrag. Bis 1. Januar 2025 soll außerdem das nationale Visumverfahren umfassend digitalisiert sein.

Mit Informationen von dpa

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