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BGH kippt Abschlusskosten-Klausel in Riester-Verträgen

BGH kippt Abschlusskosten-Klausel in Riester-Verträgen

Die Riester-Rente ist ein Auslaufmodell - doch bestehende Verträge gelten weiter. Über einen Passus zu "gegebenenfalls" anfallenden Kosten hat nun der BGH entschieden. Anlass: der Text einer bayerischen Sparkasse. Das Urteil könnte viele betreffen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Vereinbarungen über spätere Zusatzkosten in Riester-Verträgen müssen klar und deutlich sein: Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe erklärte nun eine Klausel für unwirksam, wonach der Kunde vor Beginn der Auszahlung "gegebenenfalls Abschluss- und/oder Vermittlungskosten" zahlen müsse. Sie sei nicht transparent genug, urteilte der BGH.

Für Kunden und Kundinnen von Sparkassen und Volksbanken mit Riester-Altersvorsorge lohnt sich demnach ein Blick in den Vertrag. Es geht um keine Kleinigkeit: Nach Berechnung der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg haben Geldinstitute bei Riester-Verträgen durchaus schon mal 750 Euro Gebühren in Rechnung gestellt – wegen der Verwaltungskosten einer sogenannten Leibrente. Nach Einschätzung der Verbraucherschützer, die mehrere Verfahren zu solchen Klauseln gestartet hatten, dürften Hunderttausende Verbraucherinnen und Verbraucher betroffen sein.

Irreführende Formulierung einer bayerischen Sparkasse

Stein des Anstoßes ist ein Passus im Riester-Altersvorsorgemodell der Sparkasse Günzburg-Krumbach: "Im Falle der Vereinbarung einer Leibrente werden dem Sparer ggfs. Abschluss- und/oder Vermittlungskosten belastet", heißt es dort.

Dies sei für den durchschnittlichen Sparer nicht klar und verständlich, erklärte der Vorsitzende Richter des elften Zivilsenats, Jürgen Ellenberger. Es gebe zum Beispiel nicht mal eine Angabe zur möglichen Höhe der Kosten – obwohl das selbst aus Sicht der Sparkasse möglich gewesen wäre. Betroffene müssten wissen, was auf sie zukommt, betonte Ellenberger. In diesem Fall ließen sich die wirtschaftlichen Folgen jedoch nicht absehen. Leibrenten sind Zusatzrenten, die meist bis zum Tod gezahlt werden.

Kosten "nach Gutdünken"?

Der Vertreter der Sparkasse Günzburg-Krumbach hatte vor dem BGH argumentiert, die Formulierung sei so offen, dass sie als Hinweis und nicht als rechtsverbindliche Vertragsbedingung verstanden werden müsse. Es gehe um einen Vertrag, der nur eventuell und in ferner Zukunft abgeschlossen werde.

Dem entgegnete die Anwältin der Verbraucherschützer, das "Gegebenenfalls" mildere nicht ab, dass Kunden mit Kosten belastet werden. Sie bewertet die Formulierung eher als Befugnis, nach Gutdünken Kosten zu erheben und sieht darin einen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben.

Bei Riester-Verträgen zur Altersvorsorge gibt es eine Anspar- und eine Auszahlungsphase. Sparer können entscheiden, ob sie eine monatliche Rente bis an ihr Lebensende wollen, die sogenannte Leibrente, oder ob ihnen ein Teil des Geldes sofort ausgezahlt werden soll. Laut der strittigen Klausel in den Sonderbedingungen der Sparkasse sollten die möglichen Kosten anfallen, wenn nach der Ansparphase eine Leibrente vereinbart wird.

Zahl der Betroffenen unbekannt

Die Sparkasse Günzburg-Krumbach hat ihren Riester-Vertrag nach Auskunft der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg bundesweit angeboten. Auch weitere im Kern gleiche Riester-Sparverträge seien von dem Urteil betroffen, sagte Niels Nauhauser, Abteilungsleiter Altersvorsorge, Banken, Kredite bei der Verbraucherzentrale. Die Verbraucherzentrale schätzt, dass 700.000 bis 800.000 Sparer von dem Urteil betroffen sind – möglicherweise auch Kunden anderer Institute. Die Verbraucherschützer raten Riester-Sparern, in ihren Verträgen nachzusehen, ob eine Bank oder Sparkasse bei Auszahlung der Renten Vermittlungs- und Abschlusskosten verlangt.

Der Sparkassenverband hatte vorab erklärt, Sparkassen hätten diverse Varianten von "S-Vorsorge Plus"-Verträgen angeboten. "Letztlich gestaltet aber jede Sparkasse ihre Klauseln/Verträge individuell, so dass insoweit keine pauschalen Aussagen gemacht werden können." Inzwischen böten die Institute das Produkt nicht mehr an.

Sparkassenverband: "Wir nehmen das Urteil zur Kenntnis"

Welche Folgen das Urteil nun konkret hat, bleibt abzuwarten. Nach Einschätzung von Nauhauser von der Verbraucherzentrale ist klar, dass Sparkassen und Versicherungen das Guthaben der Verbraucher nicht mit Kosten belasten dürfen. Ein Sprecher des Sparkassenverbands DSGV teilte mit: "Wir nehmen das Urteil zur Kenntnis, müssen aber für eine Bewertung die schriftliche Urteilsbegründung abwarten." Der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken kündigte an, Auswirkungen des Urteils auf dortige Verträge zu prüfen.

Auch wenn Verbraucherschützer Nauhauser die Entscheidung als erfreulich für Hunderttausende Betroffene bezeichnete, sei es im Grunde nur darum gegangen, noch ein bisschen für Kundinnen und Kunden rauszuholen. "Das macht Riester aber nicht zu einem guten Geschäft."

💡 Die Riester-Rente

Die Idee hinter der von der Regierung Schröder 2002 eingeführte Riester-Rente: Wer "riestert", soll unterstützt durch staatliche Zulagen Geld fürs Alter ansparen können. Nach aktuellen Zahlen des Bundesarbeitsministeriums gibt es aktuell knapp 16 Millionen Riester-Verträge. Geschätzt ein Fünftel bis knapp ein Viertel davon ruhe, wird derzeit also nicht bespart.

Doch "Riester" steht seit Langem in der Kritik, unter anderem weil hohe Gebühren und die lange Zeit niedrigen Zinsen die Rendite schmälerten.

Mit Material von AFP, dpa und epd

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