- Zum Aktuellen Artikel "Bundestag stimmt für Bürgergeld - Union will Gesetz stoppen"
Auch am Tag vor der Abstimmung über das neue Bürgergeld im Bundestag haben sich die Ampel-Parteien und die Union noch heftig über den Hartz-IV-Nachfolger gestritten. Zwar werden SPD, Grüne und FDP das Gesetz an diesem Donnerstag mit ihrer Mehrheit voraussichtlich beschließen. Umgesetzt werden kann es aber nur, wenn nachfolgend auch der Bundesrat zustimmen wird. Und das geht nicht ohne die unionsregierten Bundesländer.
Wie hitzig wird die Debatte zwischen Union und SPD? Welche Entscheidung trifft der Bundestag und wie geht es danach weiter? Wir erklären bei BR24live die wichtigsten Bürgergeld-Begriffe und schalten live in die Debatte und Abstimmung im Bundestag.
Kühnert (SPD) wirft der Union "Lügen" vor
Die CDU/CSU habe sich bei dem Thema "nun endgültig im Bermudadreieck aus Klamauk, Desinformation und Stimmungsmache verloren", sagte SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Da werden bewusst falsche Zahlen und Lügen verbreitet, nach denen Menschen in Deutschland mit dem Bürgergeld mehr hätten, als diejenigen, die arbeiten. Da werden lebensferne Geschichten von angeblich super-reichen Bürgergeld-Beziehern erzählt."
Kühnert griff insbesondere den CDU-Vorsitzenden und Unionsfraktionschef Friedrich Merz an. Unter seiner Führung sei die CDU zu einer Partei geworden, die "parteitaktische Spielchen" über den gesellschaftlichen Zusammenhalt stelle.
Merz (CDU): Noch mehr Anreiz, nicht so schnell wieder zu arbeiten
Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz hatte bereits gewarnt, das Gesetz werde in der jetzigen Form "ziemlich sicher in der nächsten Woche im Bundesrat keine Mehrheit finden". Der CDU-Chef sieht im Bürgergeld den nächsten Schritt in Richtung eines bedingungslosen Grundeinkommens. "Müssen wir wirklich ein Transfersystem noch weiter ausbauen und noch mehr Anreize geben, eher nicht so schnell in den Arbeitsmarkt zurückzukehren?", fragte Merz beim Branchentag des Gaststättenverbands Dehoga.
Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) betonte bei derselben Veranstaltung, zwei Drittel der Langzeitarbeitslosen hätten keine abgeschlossene Berufsausbildung. Das bisherige Hartz-IV-System bringe sie aber nicht dazu, fehlende Schul- und Berufsabschlüsse nachzuholen.
- Zum Artikel: "Trotz Änderungen: Merz weiter strikt gegen Bürgergeld"
Bürgergeld soll zum 1. Januar kommen
Das Bürgergeld soll zum 1. Januar die bisherige Grundsicherung Hartz IV ablösen. Vorgesehen ist, dass der Regelsatz von heute 449 auf 502 Euro steigt, dass Arbeitslose vom Jobcenter weniger durch angedrohten Leistungsentzug - also Sanktionen - unter Druck gesetzt und dass Weiterbildungsmaßnahmen stärker unterstützt werden. Zudem sollen Vorgaben zur erlaubten Vermögenshöhe und zur Wohnungsgröße bei Leistungsbeziehern gelockert werden. Aus der Union kommt immer wieder die Kritik, das Bürgergeld setze falsche Anreize.
Ampel-Parteien sehen keinen Spielraum für weitere Zugeständnisse
Die Ampel-Parteien, die im Bundesrat auf die Zustimmung von CDU und CSU angewiesen sind, sehen keinen Spielraum für weitere Zugeständnisse. "Es sind ja schon Kompromissangebote gemacht worden", erklärte die SPD-Vorsitzende Saskia Esken im rbb-Sender Radioeins. Auch SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich betonte, man habe bereits wichtige Hinweise aus den Ländern aufgenommen. Er rief deshalb dazu auf, das Thema nicht für politische Debatten zu missbrauchen.
Dröge (Grüne): Unions-Widerstand ist "unanständig"
Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge bezeichnete den Widerstand der Union als "unanständig", und der FDP-Vorsitzende Christian Lindner twitterte: "Der populistische Impuls der Union setzt auf Vereinfachung statt auf Genauigkeit." FDP-Fraktionsgeschäftsführer Johannes Vogel wies zudem den jüngsten Vorstoß der Union zurück: "Einfach nur die Regelsätze zu erhöhen, ohne durch eine Reform im System auch Leistungsgerechtigkeit und Aufstiegschancen zu verbessern, das wäre der genau falsche Weg."
Dobrindt (CSU): "Ungeheuerliche Verschärfung der Debatte"
Die Spitze der Unionsfraktion im Bundestag widersprach dem Vorwurf der Blockade. Die Ampel habe weder mit der CDU/CSU-Fraktion noch mit den Ländern mit einer Unionsregierung vorab über ihre Pläne gesprochen, kritisierte der Parlamentarische Geschäftsführer Thorsten Frei (CDU). Über eine Ablehnung dürfe sich daher niemand wundern. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt wies zudem Angriffe von SPD-Chef Lars Klingbeil zurück. Dessen Vorwurf, die Union spalte die Gesellschaft, sei "eine ungeheuerliche Verschärfung der politischen Debatte". Merz sprach von einer "Vergiftung des politischen Klimas".
Eigenes Konzept der AfD und Kritik von der Linken
Linken-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali warf CDU und CSU vor, Bürgergeld-Bezieher und Menschen, die für den Mindestlohn arbeiten, gegeneinander auszuspielen: "Ich finde das ausgesprochen unchristlich."
Die AfD verfolgt unterdessen ein eigenes Konzept: Wer erwerbsfähig ist und länger als sechs Monate Grundsicherung bezieht, soll nach ihrem Willen zur "Bürgerarbeit" verpflichtet werden.
Unions-Länder positionieren sich gegen das Bürgergeld
Die Arbeitsminister von vier Bundesländern, in denen die Union an der Regierung beteiligt ist, machen gemeinsam Front gegen das Vorhaben. In einem Eckpunktepapier, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, bemängeln die Ressortchefs aus Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein vor allem die vorgesehene Karenzzeit, wonach ein eventuell vorhandenes Vermögen erst nach zwei Jahren geprüft und angetastet werden soll.
Mit Informationen von dpa
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