Wegen zahlreicher Pannen muss die Bundestagswahl 2021 in Berlin in gut einem Fünftel der 2256 Wahlbezirke wiederholt werden. Betroffen seien 455 Wahlbezirke einschließlich der zugehörigen Briefwahlbezirke, urteilte das Bundesverfassungsgericht am Dienstag in Karlsruhe. Der Berliner Landeswahlleiter Stephan Bröchler setzte umgehend als Wahltermin für 455 von 2256 Wahlbezirken den 11. Februar fest.
Der Bundestag hatte bereits im November 2022 beschlossen, dass die Wahl in einigen Berliner Wahlbezirken wiederholt werden solle. Das höchste deutsche Gericht hatte die chaotischen Abläufe am 26. September 2021 auf mandatsrelevante Wahlfehler hin überprüft - also auf solche, die Einfluss auf die Verteilung der Sitze im Parlament haben können - und erklärte die Wahl dann in weiteren 31 Wahlbezirken in Berlin für ungültig.
Lange Liste von Pannen am Wahltag
Der Wahltag am 26. September 2021 war in vielen Berliner Wahllokalen chaotisch verlaufen: Menschen mussten lange warten und Schlange stehen, Stimmzettel waren falsch oder fehlten ganz. Vorübergehend mussten Wahllokale schließen oder blieben bis weit nach 18.00 Uhr geöffnet - dem Zeitpunkt, an dem die Stimmabgabe eigentlich vorbei sein sollte. Dann gibt es in der Regel erste Prognosen zum Ergebnis.
Beim Bundestag wurden 1.713 Einsprüche gegen die Bundestagswahl im Land Berlin erhoben, darunter auch einer des Bundeswahlleiters. Das seien rund achtmal so viele Einsprüche wie bei früheren Wahlen, hatte Richter Peter Müller bei der Verhandlung im Juli gesagt.
Wiederholungswahl bereits beschlossen - aber in kleinerem Ausmaß
Der Bundestag hatte eine teilweise Wiederholungswahl mit den Stimmen der Ampel-Fraktionen SPD, Grüne und FDP beschlossen. Aus Sicht der CDU/CSU-Fraktion ging der Beschluss aber nicht weit genug. Daher reichte sie in Karlsruhe eine Wahlprüfungsbeschwerde ein.
Das Bundesverfassungsgericht urteilte nun, dass der Beschluss des Bundestags im Ergebnis überwiegend rechtmäßig sei. Es monierte aber im Detail nicht berücksichtigte Wahlfehler - unter anderem, dass Wahlberechtigte Stimmzettel eines anderen Wahlkreises bekamen und dass ein Wahllokal zeitweilig völlig geschlossen war.
Linke erleichtert: "Wir bleiben im Bundestag"
Die Partei Die Linke äußerte sich erleichtert. "Mit dem Urteil ist klar, dass wir im Bundestag bleiben und unsere Aufgabe als soziale Opposition weiter wahrnehmen werden", sagte der frühere Fraktionschef Dietmar Bartsch der dpa. Die Teilwiederholung könne den Ausgang in den beiden Wahlkreisen nicht verändern, in denen die Linke Direktmandate gewonnen habe, sagte Bartsch. Nur dank dreier Direktmandate konnte die Partei in den Bundestag ziehen, weil sie insgesamt unter der Fünf-Prozent-Hürde geblieben war. Wäre die Wahl komplett wiederholt worden, hätte sich ein anderes Szenario abgezeichnet: Dann hätte eines der Direktmandate verloren gehen können und mit ihm sämtliche Sitze der Linken und der Gruppe Wagenknecht, die 2021 über Listen vergeben wurden.
Bereits die zweite Wahl, die in Berlin wiederholt werden muss
Wegen der Pannen am 26. September 2021 hatte der Berliner Verfassungsgerichtshof bereits die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus wegen "schwerer systemischer Mängel" und zahlreicher Wahlfehler für ungültig erklärt. Diese Wahl wurde am 12. Februar 2023 komplett wiederholt - mit dem Ergebnis, dass eine schwarz-rote Koalition das Dreierbündnis von SPD, Grünen und Linken ablöste, das seit 2016 regiert hatte.
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner sieht die zweite Wahlwiederholung in seiner Stadt binnen kurzer Zeit als "große Kraftanstrengung". Er habe volles Vertrauen in Landeswahlleiter Bröchler, dass die teilweise Wiederholung der Bundestagswahl reibungslos ablaufen werde, erklärte der CDU-Politiker nach dem Urteil.
Mit Informationen von dpa
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