Welche Klinik ist für die Behandlung von Darmkrebs am besten geeignet? Gibt es einen spezialisierten Arzt vor Ort und wie oft ist es schon zu Komplikationen in der Klinik gekommen? Fragen, die Erkrankte und Angehörige umtreiben. Rund 1.700 Krankenhäuser gibt es derzeit in ganz Deutschland - doch die Qualität variiert enorm. "Die allermeisten Patienten haben keine Idee davon, welche Klinik für ihre Erkrankung geeignet ist", meint Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).
Bundes-Klinik-Atlas mit Verzögerung jetzt online
Das will er ändern: Dafür wurde monatelang am sogenannten Bundes-Klinik-Atlas gearbeitet. Die Bundesländer hatten sich dagegen gewehrt und über den Bundesrat den Vermittlungsausschuss eingeschaltet. Mit Verzögerung geht der Atlas jetzt aber online an den Start. Das Portal liefert Antworten für Patienten, vergleicht dabei die Kliniken - bundesweit, im Bundesland oder innerhalb der eigenen Region. 13.000 Krankheitsbilder wurden für die 1.700 Krankenhäuser ausgewertet.
Doch nicht alle Daten sind sofort einsehbar, das Portal wird schrittweise befüllt. Jetzt startet die erste Phase: Für Patienten ist somit ersichtlich, wie oft bestimmte Eingriffe durchgeführt werden, ob die Klinik zertifiziert ist und wie viele Pflegekräfte es in der Klinik gibt. In einem nächsten Schritt soll einsehbar sein: Wie häufig kommt es zu Komplikationen?
Klinik-Atlas im Test: Beispiel Bayern
Testet man den Atlas, so zeigt er am Beispiel "Darmkrebs": In ganz Bayern gibt es 197 Krankenhäuser, die Dickdarmkrebs operieren. Beim Vergleich der ersten zehn aufgeführten Kliniken nach Behandlungsfällen stellt sich heraus: In der Münchner Klinik Neuperlach werden mit 1.522 mit am meisten Operationen durchgeführt, der Pflegepersonalquotient (Zahl der Patienten pro Pflegekraft unter Berücksichtigung der Fallschwere) liegt im mittleren Bereich. Die Klinik kann ein Zertifikat der Deutschen Krebsgesellschaft vorweisen.
Lauterbach betont: Neu und einmalig am neuen Online-Portal sei es, auf einen Blick bis zu zehn Kliniken nebeneinander zu vergleichen - einen Wegweiser durch den "Krankenhausdschungel" an die Hand zu bekommen. Der SPD-Politiker will damit Kritik an seinem Projekt aus dem Weg räumen.
Verschiedene Online-Portale - was ist der Unterschied?
Denn: Es gibt bereits zahlreiche Internet-Portale - unter anderem von Krankenkassen wie der AOK (externer Link) oder TK (externer Link). Schon jetzt liefern sie Infos über Kliniken, ihre Qualität und Leistungen. So auch das Klinik-Verzeichnis der Deutschen Krankenhausgesellschaft (externer Link). Vorstandsvorsitzender Gerald Gaß, der darauf hinweist, dass es das Register seit mehr als 20 Jahren gibt, wirft dem Minister mit seinem neuen Portal "Doppelstrukturen" vor: "Das ist politischer Aktionismus auf Kosten des Steuerzahlers." Lauterbach hingegen betont: Andere Portale basierten auf "Selbstauskünften, das ist nicht akzeptabel".
Einen weiteren Kritikpunkt weist der Minister von sich: Bürokratie. So kritisiert die bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU): Der Atlas führe zu einem "erheblichen bürokratischen Mehraufwand für die Krankenhäuser". Lauterbach kontert: Es handle sich um Routinedaten, "die wir jetzt schon sammeln, aber leider nie genutzt haben".
Warum kleinere Kliniken bangen
Befürchtungen kommen aber auch von kleineren Kliniken: Sie haben Sorge, im Vergleich zu größeren Krankenhäusern nicht mehr attraktiv für Patienten zu sein. Die Transparenz durch den Bundes-Klinik-Atlas werde dazu führen, "dass Patientinnen und Patienten wählerischer sein werden für ihren Eingriff", so Lauterbach. Er meint aber auch: Große Kliniken seien nicht immer automatisch die Gewinner, da es kleine Kliniken gebe, die "sehr spezialisiert sind".
Das ist das große Ziel des Gesundheitsministers: die Spezialisierung von Krankenhäusern. Er verknüpft den Klinik-Atlas mit seiner jüngst im Kabinett beschlossenen Krankenhausreform. Unter anderem strebt der SPD-Politiker damit Qualitätsverbesserungen bei Behandlungen an.
Kurz zusammengefasst: Kliniken werden in Levels eingestuft - nicht jede Klinik wird künftig alles anbieten. Im Klinik-Atlas sollen die Levels im Herbst für die Patienten ersichtlich sein, wie Lauterbach sagt. So werde transparent, welche und wie viele Fachbereiche - zum Beispiel Herzchirurgie oder Notaufnahme - die Klinik hat. Lauterbach zumindest ist fest davon überzeugt, dass all diese Schritte zu einer besseren Versorgung für Patienten führen würden.
Im Video: Bundes-Klinik-Atlas freigeschaltet
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