Nach Enthüllungen über einen länger geplanten Austritt aus der Ampel-Koalition hat FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai seinen Rücktritt erklärt. "Ich habe unwissentlich falsch über ein internes Dokument informiert. Dies war nicht meine Absicht, da ich selbst keine Kenntnis von diesem Papier hatte", sagte Djir-Sarai: "Dafür entschuldige ich mich." Für einen solchen Vorgang sei der Generalsekretär verantwortlich - "daher übernehme ich die politische Verantwortung, um Schaden von meiner Glaubwürdigkeit und der der FDP abzuwenden".
Auch Bundesgeschäftsführer Reymann geht
Auch FDP-Bundesgeschäftsführer Carsten Reymann gab kurz nach Djir-Sarai seinen Rücktritt bekannt. Reymann war nach eigenen Angaben der Verfasser des sogenannten "D-Day"-Papiers. Mit seinem Rücktritt wolle er der FDP nun ermöglichen, "mit voller Kraft und ohne belastende Personaldebatten" in den Wahlkampf zu gehen, erklärte er.
FDP-Pläne für den "avisierten" Ausstieg aus der Koalition
Djir-Sarai und Reymann – die beide als enge Vertraute von Parteichef Lindner gelten – reagieren mit ihren Rücktritten auf das sogenannte "D-Day"-Papier ihrer Partei, das am Vortag von der FDP veröffentlicht worden war, nachdem Medien darüber berichtet hatten.
Es enthält ein Szenario für den Ausstieg der FDP aus der Ampel mit SPD und Grünen. Darin ist davon die Rede, dass der "ideale Zeitpunkt" für einen "avisierten Ausstieg" aus der Koalition zwischen dem 4. und 10. November liegen könnte. Der Tag, an dem die FDP die Koalition verlässt, wird als "D-Day" bezeichnet. Mit Blick auf den anstehenden Wahlkampf wird von einer "offenen Feldschlacht" gesprochen.
Am 6. November kam es tatsächlich zum Bruch der Koalition - indem Kanzler Olaf Scholz (SPD) Lindner als Finanzminister entließ.
Lindner: Djir-Sarai wusste nichts von dem Papier
Das als "D-Day"-Papier bekannt gewordene Schriftstück stieß nicht nur wegen seines Inhalts, sondern auch wegen der martialischen Wortwahl auf Kritik. Parteichef Lindner sagte dazu zuletzt noch, Generalsekretär Bijan Djir-Sarai habe von dem Papier, das auf Mitarbeiter-Ebene entstanden sei, nichts gewusst. Zudem sei es nur "professionell, wenn Mitarbeiterstäbe Eventualitäten durchspielen".
Dabei ging es ihm offenbar darum, Djir-Sarai bezüglich dessen Aussage über das Strategiepapier vom 18. November in Schutz zu nehmen. Damals versicherte Djir-Sarai auf n-tv, dass der Begriff "D-Day" nicht benutzt worden sei, entsprechende Behauptungen seien eine "Frechheit". Djir-Sarai betonte gegenüber der "Welt" ebenso wie Lindner, das Papier sei "auf Ebene der Mitarbeiter entstanden". Niemand "aus der Führung der FDP" habe es gekannt.
Zuletzt wurde der Druck auch durch Medienberichterstattung aber wohl zu groß und die FDP veröffentlichte das Strategiepapier selbst, womit die Unterstützung für Djiar-Sarai auch im Parteipräsidium bröckelte. So kritisierte Marie-Agnes Strack-Zimmermann die "Tonalität" des Textes.
Im Video: Die Rücktrittserklärung von Bijan Djir-Sarai
JuLi-Vorsitzende: Papier ist "einer liberalen Partei unwürdig"
Unmittelbar vor der Erklärung Djir-Sarais forderte auch die Vorsitzende der Jungen Liberalen, Franziska Brandmann, den Rücktritt des FDP-Generalsekretärs. Brandmann erklärte, das am Vortag öffentlich gewordene Papier sei "einer liberalen Partei unwürdig". In der Folge sei auch die eigene Partei getäuscht worden.
Bayerische FDP begrüßt Rücktritt Djir-Sarais
Die bayerischen FDP-Vorsitzenden Katja Hessel und Martin Hagen begrüßten den Rücktritt Djir-Sarais: "Die wichtigste Währung in der Politik" sei Glaubwürdigkeit. Diese sei "durch die Vorgänge und die Kommunikation rund um das Ampel-Aus beschädigt", hieß es in einer Mitteilung. Dass Bijan Djir-Sarai die Verantwortung für Fehler übernommen habe, sei "ein wichtiger Schritt".
SPD spricht von "durchschaubarem Bauernopfer"
SPD-Generalsekretär Matthias Miersch bezeichnete den Rücktritt von Djir-Sarai als "durchschaubares Bauernopfer". Er sei erfolgt, "um die Verantwortung von FDP-Chef Christian Lindner abzulenken": "Zunächst wurde die Schuld auf einfache Mitarbeiter geschoben, dann auf den Bundesgeschäftsführer – und nun der Generalsekretär."
Scheibchenweise neue Details bekanntzugeben, reiche nicht aus, so Miersch: "Die entscheidende Frage bleibt: Welche Rolle hat Christian Lindner selbst in diesen Plänen gespielt?" Es sei "unvorstellbar", dass er von den Plänen nichts wusste.
Mit Informationen von DPA und AFP
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