Uli Grötsch ist am Donnerstagnachmittag zum Polizeibeauftragten des Bundes gewählt worden. Der bisherige SPD-Abgeordnete erhielt 416 Ja-Stimmen. 215 Abgeordnete votierten gegen ihn, 38 enthielten sich. Eine Stimme war ungültig.
Warum gibt es jetzt einen Polizeibeauftragten?
Der Polizeibeauftragte hat zwei Aufgaben: Zum einen soll er Anlaufstelle für Polizistinnen und Polizisten sein. Ähnlich wie die Wehrbeauftragte für die Bundeswehr soll der neue Polizeibeauftragte jenseits des offiziellen Dienstweges ein Ansprechpartner für die Beamtinnen und Beamte sein. Mindestens ein Mal im Jahr erstattet er dem Bundestag Bericht und trägt so die Anliegen der Polizei in die Politik.
Zum anderen ist der Polizeibeauftragte Ansprechpartner für Bürgerinnen und Bürger, wenn sie Probleme im Umgang mit der Polizei haben. Der neue Job ist auch eine Reaktion auf Vorwürfe, es gebe Rassismus und Rechtsextremismus bei der Polizei. Nach Ansicht der Ampel stärkt er das Vertrauen in die Polizei.
Was macht der neue Polizeibeauftragte des Bundes?
Wenn der Polizeibeauftragte von Vorwürfen hört, kann er eigene Ermittlungen starten. Er kann zum Beispiel auch Zeugen befragen - so wie es die Staatsanwaltschaft oder interne Ermittler auch tun können. Der Beauftragte soll aber keine Disziplinarverfahren oder strafrechtliche Verfolgung ersetzen, sondern ergänzen. Der neue Posten ist nach Vorstellung der Ampel dafür da, strukturelle Schwächen bei der Polizei zu identifizieren und politische Schlussfolgerungen zu ziehen.
Allerdings ist der neue Polizeibeauftragte nur zuständig für Bundespolizei, Bundeskriminalamt und die Polizei des Bundestags. Für die Polizeien in den Bundesländern gibt es dort meist eigene Anlaufstellen. Nur Bayern und das Saarland haben so eine unabhängige Anlaufstelle bisher nicht.
Wie kommt das neue Amt an?
SPD, Grüne und FDP halten die heutige Wahl für historisch. Der Bundestag hat seit Jahren über einen Polizeibeauftragten diskutiert. Letztlich scheiterte er aber immer am Widerstand aus der Union. CDU, CSU und die AfD halten den neuen Posten für überflüssig. Er schaffe Doppelstrukturen und sei unnötig teuer. Der Polizeibeauftragte bekommt monatlich gut 13.000 Euro. Union und AfD sehen in dem neuen Job auch ein Zeichen des Misstrauens gegenüber der Arbeit der Polizei. Dem widerspricht die Ampel. Aus ihrer Sicht ist es im Interesse aller "rechtschaffender" Polizistinnen und Polizisten, die "schwarzen Schafe" loszuwerden.
Wer ist Uli Grötsch?
Grötsch war von 2017 bis 2021 Generalsekretär der Bayern-SPD. Er sitzt seit elf Jahren im Bundestag und gilt als erfahrener Innenpolitiker. Grötsch beschäftigt sich schon lange mit der parlamentarischen Kontrolle der Geheimdienste. Kollegen loben den Oberpfälzer parteiübergreifend als ausgleichend und kollegial. Und: Der 48-Jährige ist selbst Polizist. Jahrelang fahndete er an der Grenze zu Tschechien nach Schleusern und anderen Kriminellen. Grötsch ist Mitglied in Vereinen zur Stärkung der Demokratie und zur Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus.
Wie er sein neues Amt versteht, hat er schon vor vier Jahren in einer Rede im Bundestag skizziert. Damals sagte er, ein Polizeibeauftragter sei für ihn "ein Lobbyist im besten Sinne, um für die Anliegen der Polizei zu werben".
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Wer kommt für Grötsch in den Bundestag?
Weil der Polizeibeauftragte unabhängig ist, muss Grötsch sein Bundestagsmandat abgeben. Für ihn rückt die SPD-Abgeordnete Heike Heubach aus Stadtbergen bei Augsburg in den Bundestag nach. Sie wird die erste gehörlose Abgeordnete im Parlament sein.
Im Video: Uli Grötsch spricht über seine neue Aufgabe
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