Anwohner entfernen Mitte Februar Trümmer aus ihrem Haus nach einem russischen Beschuss während des Krieges zwischen Russland und der Ukraine in Kostiantynivka.
Bildrechte: picture alliance / Anadolu | Diego Herrera Carcedo
Audiobeitrag

Archivbild: Zerstörung in der Ukraine - wie kann Frieden werden?

Audiobeitrag
>

Debatte über "Friedenstruppen" für Ukraine: Was steckt dahinter?

Debatte über "Friedenstruppen" für Ukraine: Was steckt dahinter?

Nach dem eilig anberaumten Gipfeltreffen einiger EU-Staats- und Regierungschefs bei Frankreichs Präsidenten hat die Debatte über eine mögliche Entsendung von "Friedenstruppen" an Fahrt aufgenommen. Was steckt dahinter? Wie sähe das aus? Eine Analyse.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

💬 "Dein Argument" greift Euren Input auf: Auch Kommentare aus der BR24-Community sind Anlass für diesen Beitrag. 💬

Es ist keine diplomatische Floskel, mit der Bundesaußenministerin Annalena Baerbock an diesem Dienstag im ZDF-Morgenmagazin auf die Frage nach einer deutschen Beteiligung von Friedenstruppen im Falle eines Waffenstillstands reagiert hat: Es sei eine "sehr deutsche Debatte, jetzt den 48. Schritt vor dem ersten Schritt zu machen".

Richtig ist, dass die Kernfrage derzeit noch ungeklärt ist, ob, wann und unter welchen Bedingungen es zunächst einmal zu einer Einstellung des russischen Angriffskriegs kommen wird. Von diesen Konditionen eines Waffenstillstands hängt es dann ab, welche Sicherheitsgarantien die Ukraine erhalten wird, um das zu verhindern, was das angegriffene Land befürchtet: eine Wiederaufnahme des Angriffs Russlands nach einigen Jahren der Wiederaufrüstung und Neugruppierung ihrer Streitkräfte. Die Perspektive eines Friedensvertrags, der den Namen verdient und der Ukraine Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Integrität garantiert, scheint unverändert in weiter Ferne zu liegen.

Warum nimmt jetzt die Debatte um Friedenstruppen an Fahrt auf?

Auf der Münchner Sicherheitskonferenz haben die Europäer zu ihrem nur mühsam unterdrückten Entsetzen erkennen müssen, dass die Trump-Regierung über die Köpfe hinweg mit Wladimir Putin die künftige Sicherheitsarchitektur Europas festlegen will. Falls es, so die Ansage der US-Administration, zu einem Waffenstillstand kommen sollte, würde Washington keine Soldaten in den Osten der Ukraine entsenden. Das müssten die Europäer bewerkstelligen.

Zugleich forderte die amerikanische Regierung die europäischen Unterstützerstaaten der Ukraine auf, einen Fragebogen auszufüllen, in dem aufgelistet werden sollte, welche militärischen Kräfte sie für diesen Zweck zur Verfügung stellen würden. Eine Vorgehensweise, die bei europäischen Verbündeten der USA zweierlei auslöste: Verärgerung über die offenkundige Demütigung und Aktivismus in den eigenen Reihen. Militärexperten nennen eine Truppenstärke von 150.000 bis 200.000 Mann, die angesichts von rund 600.000 russischen Soldaten eine glaubwürdige Absicherung der über 1.000 Kilometer langen "Kontaktlinie" darstellen würden. Mit Kontaktlinie ist die Frontlinie zwischen den ukrainischen und russischen Einheiten gemeint.

Wie wären Friedenstruppen in der Ukraine abgesichert?

BR24-User "WittelsbachMonarch" stellte in den Kommentaren nun die Frage: "Was ist der Unterschied Nato-Beitritt und Friedenstruppen? Was passiert, wenn Putin Friedenstruppen angreift?"

Diese Frage dürfte bei den künftigen, intensiven Gesprächen zwischen den Europäern und der US-Regierung eine zentrale Rolle spielen. Da Präsident Trump bereits im Vorfeld der Gespräche vom Dienstag zwischen den USA und Russland in Riad eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine als "nicht realistisch" abgelehnt hat, würde eine Absicherung europäischer Kontingente im Osten der Ukraine aus US-Sicht nicht unter dem Schutz des westlichen Bündnisses stehen. Zum jetzigen Zeitpunkt ist es allenfalls fraglich, ob Washington gewillt wäre, die amerikanische Aufklärungskapazitäten bei der Luftraumüberwachung zur Verfügung zu stellen. Daher sind, wie BR24-User "Gogolo" zurecht nachfragt, weder "Auftrag, Finanzierung", noch "Kommando" einer Friedenstruppe geklärt.

Die europäischen Unterstützerstaaten der Ukraine stehen jetzt vielmehr vor der Herausforderung, möglichst rasch und überzeugend ihre militärischen Fähigkeiten zu erweitern. Die meisten europäischen Nato-Staaten werden ihre Haushaltsmittel der drastisch veränderten Sicherheitslage in der Ära Trump anpassen und für den Verteidigungsetat deutlich mehr Geld ausgeben müssen. Das gilt auch für die künftige Bundesregierung.

Allein die nordeuropäischen und baltischen Staaten sowie Polen haben unmittelbar nach dem russischen Großangriff auf die Ukraine vor drei Jahren die sicherheitspolitischen Zeichen der Zeit erkannt und ihre Wehretats umgehend erhöht.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht's zur Anmeldung!