Die Ukraine drängt Deutschland immer stärker zur Lieferung von Kampfpanzern für die Rückeroberung der von Russland besetzten Gebiete. Außenminister Dmytro Kuleba betonte am Samstag nach einem Treffen mit seiner Amtskollegin Annalena Baerbock (Grüne) in Kiew, dass die Leopard-2-Panzer dringend benötigt würden, um die gegnerischen Linien zu durchbrechen.
"Jeden Tag, an dem in Berlin jemand darüber nachdenkt oder darüber berät, ob man Panzer liefern kann oder nicht (...), stirbt jemand in der Ukraine, weil der Panzer noch nicht eingetroffen ist", sagte er. Die ukrainischen Streitkräfte haben nach Angaben der Heeresleitung seit Anfang September mehr als 3.000 Quadratkilometer russisch besetzten Gebiets zurückerobert und weiten ihre Offensive vom Großraum Charkiw im Nordosten des Landes aus.
Kampfpanzer an die Ukraine: Baerbock verspricht Prüfung
Baerbock reagierte zurückhaltend auf die Forderung, sagte aber eine Prüfung zu. "So wie sich die Lage vor Ort verändert, so schauen wir auch immer wieder unsere Unterstützung an und werden weitere Schritte gemeinsam mit unseren Partnern besprechen", sagte sie und fügte hinzu: "Ich weiß, dass die Zeit drängt."
Neue Zusagen in Sachen Waffenlieferungen machte die Grünen-Politikerin bei ihrem zwölfstündigen Überraschungsbesuch in Kiew zunächst nicht. Sie versprach allerdings, dass Deutschland die Ukraine "so lange wie nötig" auch militärisch unterstützen werde.
Karte: Die militärische Lage in der Ukraine
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Waffenlieferungen: FDP erhöht Druck in der Ampel-Koalition
Die FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann forderte am Sonntag, der Ukraine im Kampf gegen russische Besatzungstruppen auch Waffen aus Beständen der Bundeswehr zur Verfügung zu stellen. Aussagen von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD), wonach die Bundeswehr nichts mehr abgeben könne, "teilen wir als Freie Demokraten nicht".
Strack-Zimmermann verwies im Interview mit der Funke-Mediengruppe auf Äußerungen von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Dieser habe selbst gesagt, dass eine ausbleibende Unterstützung der Ukraine gefährlicher sei, als nicht ausreichend gefüllte Waffenlager der Nato-Partner. "Also worauf warten wir dann noch?" Die Ukraine hat wiederholt gefordert, dass der Westen auch Kampf- und Schützenpanzer eigener Bauart liefert, wie etwa die deutschen Kampfpanzer Leopard.
SPD-Chef Lars Klingbeil verschloss sich dem zumindest nicht und betonte die Notwendigkeit internationaler Abstimmung. "Natürlich müssen wir im westlichen Bündnis auch bewerten: Muss es jetzt weitere Waffenlieferungen geben? Und das muss schnell passieren", sagte er am Sonntag im ARD-Sommerinterview. "Das muss jetzt unter den Staats- und Regierungschefs besprochen werden angesichts der Forderungen aus der Ukraine, angesichts auch der Erfolge, die die Ukraine gerade hat, was die nächsten Schritte sein können, um dieses Land zu unterstützen."
Weitere Ampel-Abgeordnete für Waffenlieferungen
Auch der SPD-Außenpolitiker Michael Roth plädierte dafür, die Ukraine rasch mit neuen Waffen zu unterstützen. "In dieser neuen Phase des Krieges braucht die Ukraine Waffen, die sie befähigen, von Russland besetzte Gebiete zu befreien und dauerhaft unter Kontrolle zu halten", sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag der Funke Mediengruppe. "Der Westen, insbesondere die USA, Deutschland, Frankreich und Polen, sollte sich hier rasch eng abstimmen und seine Lieferungen der neuen Lage anpassen."
Dem schloss sich auch die Verteidigungs-Expertin der Grünen, Agnieszka Brugger, an. "Gerade in den Bereichen Luftverteidigung, geschützter Transport, Artillerie und Schutzausrüstung sollten wir alles nur Mögliche tun", sagte sie der Funke Mediengruppe. "Alle Optionen müssen noch einmal ohne Denkverbote auf den Prüfstand."
Kiesewetter will mehr Rüstungsinvestitionen
Der Unions-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter forderte die Bundesregierung auf, sofort Kampf- und Schützenpanzer zu liefern, um die militärischen Erfolge der Ukraine zu forcieren. "Deutschland könnte sofort Marder und Leopard, Fuchs und Dingo liefern und die Industrie rasch anweisen nachzuproduzieren", sagte er der Funke-Mediengruppe.
Ohne diese gepanzerten Fahrzeuge seien die ukrainischen Soldaten oft schutzlos beim Vorrücken. "Damit führt die Verweigerung zwangsläufig zu höheren Opfern auf Seiten der Ukraine, die durch deutsche Lieferungen verhindert werden könnten."
- Zum Artikel: Ukrainische Gegenoffensive: Russland zieht Truppen ab
Mit dpa- und Reuters-Material.