Der Klimawandel ist längst da: Das vergangene Jahr war das heißeste seit Beginn der Aufzeichnungen. In den vergangenen zwölf Monaten lag die weltweite Durchschnittstemperatur über dem im Pariser Abkommen festgelegten Grenzwert von 1,5 Grad. Europa ist besonders betroffen: Der Kontinent erwärmt sich doppelt so schnell wie der Rest der Welt. Dürren, Überschwemmungen und Extremwetterereignisse werden häufiger.
Der zuständige EU-Kommissar Wopke Hoekstra gibt keine Entwarnung. "Die Auswirkungen des Klimawandels werden erst schlimmer, bevor es besser wird. Das ist unvermeidlich und könnte sich sehr bedrohlich anfühlen. Aber wenn es einen kleinen Lichtblick gibt, dann wahrscheinlich den, dass wir mehr tun können und auch sollten, um damit umzugehen", so Hoekstra.
Brüssel will mehr vorbeugende Maßnahmen
Tatsächlich hat die EU ehrgeizige Ziele, um ihren Ausstoß klimaschädlicher Gase zu senken. Bis zur Mitte des Jahrhunderts will sie unter dem Strich nicht mehr emittieren, als durch Aufforstung oder CO2-Speicherung eingespart wird. Gleichzeitig möchte sich Europa besser an die spürbaren Folgen des Klimawandels anpassen. Die Kommission reagiert mit ihren Vorschlägen auf einen Bericht der EU-Umweltagentur, wonach Europa unzureichend auf Klimarisiken vorbereitet sei. "Sogar im bestmöglichen Szenario müssen wir uns auf einen Temperaturanstieg in Europa von mindestens 3 Grad einstellen", betont Hoekstra. "Selbst wenn es gelingt, den weltweiten Temperaturanstieg auf 1,5 Grad zu begrenzen."
Brüssel schlägt vor, mehr in Anpassungsmaßnahmen zu investieren. Das komme unter dem Strich billiger, als im Nachhinein Schäden durch Waldbrände oder Ernteausfälle auszugleichen. Die könnten das EU-Bruttoinlandsprodukt bis zum Ende des Jahrhunderts um etwa 7 Prozent verringern. "Der wirtschaftliche Schaden durch die Überschwemmungen 2021 in Deutschland und Belgien belief sich auf rund 44 Milliarden Euro", sagt der Klimakommissar. "Der Schaden in Slowenien nach den Überschwemmungen vom vergangenen Jahr betrug 16 Prozent des dortigen Bruttoinlandsprodukts. Das ist wirklich enorm."
Klimarisiken sollen stärker mitgedacht werden
Geld in klimaresistente Gebäude und Verkehrswege zu stecken, kommt nach Ansicht der Kommission auch der europäischen Wirtschaft zugute, weil das neue Arbeitsplätze schaffe. Die Regierungen der Mitgliedstaaten sollten laut Brüssels Plan dafür sorgen, dass alle Verwaltungsebenen Klimarisiken besser einschätzen und enger zusammenarbeiten, um ihnen zu begegnen. Die EU-Länder sollten Klimarisiken bei der Raumplanung stärker mitbedenken - auch dann, wenn sie Transport- und Verkehrswege entwerfen oder öffentliche Aufträge ausschreiben.
Die Kommission will den Mitgliedsstaaten Anpassungsinstrumente an die Hand geben, um Waldbrände früh zu erkennen oder ab dem kommenden Jahr Menschen mittels des Galileo-Satellitensystems zu informieren. "Dies bedeutet, dass wir Warnmeldungen direkt an die von einer Katastrophe bedrohte Bevölkerung senden können und das sogar, wenn kein Netzwerk verfügbar ist", erklärt Hoekstra.
Die Kommission bietet an, Mitgliedstaaten dabei zu unterstützen, Klimarisiken stärker in die Haushaltsplanung einzubeziehen. Ob Regierungen davon Gebrauch machen werden, ist offen - die Budgets sind nationale Angelegenheit. Nach Brüssels Ansicht haben die Mitgliedsstaaten zwar damit begonnen, Anpassungsmaßnahmen in ihre nationalen Klimaschutzpläne zu übernehmen. Aber das reiche nicht. Wir können es schaffen, aber wir müssen jetzt mehr tun, mahnt Klimakommissar Hoekstra im Plenum des EU-Parlaments in Straßburg.
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