25.02.2025, Berlin: Blick in den Plenarsaal des Bundestags im Reichstagsgebäude.
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Der neue Bundestag: Jünger, aber weniger Frauen

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Der neue Bundestag: Jünger, aber weniger Frauen

Der neue Bundestag: Jünger, aber weniger Frauen

Ein Datenblick auf den neuen Bundestag: Welche Berufe hatten die Abgeordneten? Wie gut sind Menschen mit Migrationshintergrund vertreten? Wie weit sind wir seit 1949 mit dem Frauenanteil im Parlament gekommen?

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Vor der Wahl wurde spekuliert (externer Link), dass der neue Bundestag deutlich älter werden könnte – doch das Gegenteil ist eingetreten. Nach dem aktuellen Stand der Bundeswahlleiterin sind die Abgeordneten im Schnitt 47,1 Jahre alt. Damit ist das neue Parlament eines der jüngsten in der Geschichte.

Bundestag wird wider Erwarten jünger

Das liegt vor allem daran, dass die jüngste Altersgruppe relativ personenstark ist: Rund 16 Prozent der Bundestagsmitglieder sind jünger als 35 Jahre – der höchste Wert seit 1949. Dass der Durchschnitt nicht noch niedriger ausfällt, liegt an den vergleichsweise schwach vertretenen mittleren Altersgruppen zwischen 40 und 49 Jahren.

Grafik: So hat sich das Alter des Bundestags entwickelt

Dass der Bundestag 2025 doch jünger ausgefallen ist, als gedacht, könnte unter anderem am starken Ergebnis der Linken liegen. In ihrer Fraktion werden anteilig die meisten jungen Menschen sitzen. Am höchsten ist das Durchschnittsalter bei der AfD, gefolgt von der CSU.

Der jüngste Abgeordnete kommt aus Bayern und heißt Luke Hoß. Er ist für die Linken im Wahlkeis Passau angetreten, zieht aber über die Landesliste ins Parlament ein. Ältester Abgeordneter ist mit 84 Jahren Alexander Gauland von der AfD.

Grafik: So hat sich der Frauenanteil im Bundestag entwickelt

Ein möglicher Grund für den Rückgang könnten die vielen direkten Wahlkreisgewinner der beiden Unionsparteien und der AfD sein. Das waren bereist 2021 die Parteien mit dem geringsten Frauenanteil unter den Abgeordneten. Dazu kommt, dass die mit der Erststimme gewählten Wahlkreiskandidaten deutlich öfter Männer als Frauen sind – bei der CDU zum Beispiel sind jetzt nur 18,8 Prozent der Wahlkreisgewinner weiblich. In Bayern hat die CSU in allen Wahlkreisen mit der Erststimme gewonnen. Die Plätze, die ihr entsprechend den Zweitstimmen zustehen, werden alle über diese Wahlkreissieger gefüllt – die paritätisch besetzte Landesliste der CSU kommt somit überhaupt nicht zum Tragen.

Kaum geändert hat sich der Anteil der Bundestagsmitglieder, die einen Migrationshintergrund haben. Zu Beginn der vergangenen Wahlperiode lag der Anteil bei 11,3 Prozent, jetzt sind es 11,6 Prozent. Zum Vergleich: Im Jahr 2023 hatten knapp 30 Prozent der in Deutschland lebenden Menschen einen Migrationshintergrund.

Anteilsmäßig die meisten Abgeordneten mit Migrationshintergrund haben die Grünen im Bundestag – die wenigsten die AfD.

Grafik: Anteil der Abgeordneten mit Migrationshintergrund stagniert

Natürlich muss das Parlament kein perfektes Abbild der Bevölkerung sein. Warum eine Annäherung trotzdem wünschenswert wäre, erklärte Andreas Wüst, Professor für Politikwissenschaft an der Hochschule für angewandte Wissenschaften München, im Zuge der Landtagswahlen 2023 gegenüber BR24 am Beispiel Diskriminierung:

Dieses Thema werde von Menschen, die selbst nie Diskriminierung erfahren hätten und in deren Umfeld diese kaum wahrgenommen wird, anders behandelt, als etwa von Frauen oder Menschen mit Einwanderungsgeschichte. "Es geht auch nicht immer darum, dass ganz andere Politikergebnisse zustande kommen, sondern dass im demokratischen Prozess diese unterschiedlichen Stimmen und Schwerpunkte gehört werden."

Außerdem könne durch mehr Repräsentation Politikverdrossenheit verhindert werden, so Wüst. Wer einer Gruppe angehöre, die zu wenig oder gar nicht repräsentiert sei, stelle sich über kurz oder lang die Frage: Wo ist hier eigentlich meine Lebenswelt? Wo sind die Erfahrungen aus meinem Alltag? Ist das mein Parlament oder eine Versammlung von Menschen, die mit meinem Leben gar nichts zu tun haben?

Stadt-Land-Verhältnis ändert sich kaum

Schaut man auf den Wohnort, haben die Abgeordneten im Bundestag viel mit der Gesamtbevölkerung gemein: 13,5 Prozent der Deutschen leben in ländlichen Gemeinden, mit weniger als 5.000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Rund 32 Prozent wohnen in Großstädten, die mehr als 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern haben.

Unter den Bundestagsmitgliedern ist der Anteil der Großstädter etwas höher, ansonsten stimmt die Verteilung mit der Bevölkerung überein. Gegenüber dem alten Bundestag gab es hier kaum Veränderung.

Grafik: So wohnen die künftigen Bundestagsabgeordneten

Der Anteil der Großstädter ist bei den Grünen und der Linken am größten – fast zwei Drittel ihrer Bundestagsmitglieder wohnen Orten mit mehr als 100.000 Einwohnern. Anteilig mit Abstand die meisten ländlich wohnenden Abgeordneten hat die CSU.

Die meisten Parlamentarier sind Führungskräfte und Juristen

Fast 60 Prozent der Bundestagsmitglieder haben angegeben, eine Beruf in der Unternehmensführung zu haben. Berufe, die ebenfalls oft genannt wurden, waren etwa Rechtsanwalt, Jurist, Volkswirt oder Arzt.

Grafik: In diese Berufsfeldern ordnen sich die künftigen Bundestagsmitglieder ein

Deutlich überrepräsentiert werden im neuen Bundestag die Träger und Trägerinnen eines Doktortitels: Von den 630 gewählten Abgeordneten haben 102 eine Promotion abgeschlossen und einen "Dr." vor dem Namen stehen. Das entspricht einem Anteil von rund 16 Prozent – 16 mal so viele, wie in der gesamten deutschen Bevölkerung.

💡 Sophie Menner und Claudia Kohler analysieren für BR24 TV, Radio und hier im Digitalen Daten – mit dem Fokus auf Bayern. Die Recherchen beleuchten datengestützt aktuelle Themen und deren Hintergründe und Zusammenhänge. Eine Kooperation mit der Tageszeitung Main-Post ist preisgekrönt. Haben Sie ein Thema, auf das wir mit der Datenbrille schauen sollen? Schreiben Sie uns: br24.feedback@br.de, Stichwort: Datenthema

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