Die Tiere seien Austauschmodelle. Man sei an der Belastungsgrenze angekommen. Schon vor ein paar Tagen klagten Tierheimbetreiber aus Oberbayern im BR24-Interview über ihre aktuellen Probleme. Die Lage ist dramatisch - nicht nur in Bayern, sondern deutschlandweit. Deshalb warnen der deutsche Tierschutzbund und die Tierschutzbeauftragte der Bundesregierung, Ariane Désirée Kari, vor der desaströsen Situation in deutschen Tierheimen.
Wie das Problem Online-Heimtierhandel lösen?
In rund zwei Drittel der Tierheime gibt es laut dem Deutschen Tierschutzbund einen Aufnahmestopp, denn die Einrichtungen seien nicht nur stark unterfinanziert, sondern auch überfüllt. "Tierheimbetreiber:innen und Mitarbeiter:innen arbeiten vielerorts dauerhaft an oder über ihrer Belastungsgrenze", sagte die Bundesbeauftragte. Auch sie hat Ideen, wie sich die Probleme lösen lassen.
Kari zufolge bräuchten die Tierheime neben einer schnellen finanziellen Entlastung verbindliche Regelungen zum Thema Online-Heimtierhandel. Denn immer mehr Menschen kaufen Tiere im Internet. "In Dachau machen Hunde, die über das Internet erworben und dann im Tierheim abgegeben wurden, mittlerweile über fünfzig Prozent aus", sagte die Dachauer Tierheimleiterin Silvia Gruber am Mittwoch im Interview mit BR24. Das Problem: Online gebe es keine Aufklärung über die Rasse oder darüber, was das Tier brauche, um nicht krank oder psychisch auffällig zu werden. Oft würden die frischen Besitzer ihre Tiere nur wenige Tage behalten, seien dann überfordert und würden die Tiere schnellstmöglich, teilweise mitten in der Nacht, abgeben wollen.
Was jeder potenzielle Tierhalter leisten kann
Auch eine Kastrationspflicht für frei laufende Katzen sowie eine flächendeckende Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht für Hunde und Katzen könnte nach Ansicht der Tierexperten helfen.
Laut dem Tierschutzbund, der als Dachverband unter anderem 550 Tierheime vertritt, ist eine weitere Idee eine Positivliste für die Heimtierhaltung, die Tierarten auflistet, die bedenkenlos in privater Hand gehalten werden dürfen. Zudem könne jeder einzelne etwas für die Entlastung der Heime tun, "indem sich jeder, der sich für ein Tier interessiert, vorab umfassend informiert und sich seiner Verantwortung bewusst ist".
Warum Corona immer noch eine Rolle spielt
Als Hauptursache für die aktuelle Zuspitzung der Entwicklung sieht der Tierschutzbund die Corona-Pandemie, in der sich viele Menschen Haustiere zulegten. "Viele wurden unüberlegt und spontan angeschafft, meist über das Internet, im Zoofachhandel, Baumarkt oder vom Züchter. Mit Abflachen bzw. Ende der Pandemie landeten dann die ersten dieser Tiere im Tierheim", erklärte die Tierschutzbund-Sprecherin Lea Schmitz im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa. "Seit dem Sommer 2023 scheint die Abgabeflut besonders extrem und führt bundesweit immer wieder zu Aufnahmestopps."
Aus ihrer Sicht "ist nicht davon auszugehen, dass sich die Lage in den kommenden Monaten entspannen wird. Im Gegenteil."
Das fordern Tierexperten von der Politik
Die schon lange kritische finanzielle Lage der Heime sei durch die Inflation, gestiegene Energiepreise, erhöhte Gebühren für tiermedizinische Behandlungen und den angestiegenen Mindestlohn für das Personal nochmals verschärft worden, sagte Schmitz. Die Kommunen und Behörden kämen für die Aufgaben, die Tierheime für sie übernehmen, nicht kostendeckend auf. Daher gebe es einen Investitionsstau von 160 Millionen Euro für dringend notwendige Krankenstationen, energetische Sanierung und Modernisierung - und das nur für Tierheime, die dem Tierschutzbund angeschlossen sind.
Doch nicht nur die Kommunen seien das Problem, alle föderalen Ebenen müssten sich ihrer Verantwortung stellen, so der Tierschutzbund. Die Bundesregierung habe in ihrem Koalitionsvertrag eine Verbrauchsstiftung für Tierheime versprochen, die auf sich warten lasse.
Mit Informationen von dpa
Im Audio: Viele Tierheime in Oberbayern sind überlastet (27.03.24)
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