Archiv: Demonstration der Grauen Wölfe in Nürnberg
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BR24 Drangeblieben: Was ist aus den Grauen Wölfen geworden?

BR24 Drangeblieben: Was ist aus den Grauen Wölfen geworden?

Sie nennen sich Graue Wölfe, träumen von einem großtürkischen Reich und hetzen gegen Minderheiten. Auch in Bayern sind die türkischen Rechtsextremisten aktiv. Ende 2020 wurde schon ein Verbot gefordert. Wer sind sie und wie agieren sie?

Über dieses Thema berichtet: BR24 Drangeblieben am .

Wir schauen sieben Jahre zurück ins Jahr 2015 und blicken nach Nürnberg. In der Innenstadt protestierten mehrere hundert Menschen gegen die kurdische Arbeiterpartei PKK, die auch in Deutschland verboten ist. An der Demo nahmen viele junge Männer teil, immer wieder formten sie mit der Hand den sogenannten "Wolfsgruß"– das Erkennungszeichen der Grauen Wölfe. So nennen sich die Anhänger der rechtsextremen Partei MHP aus der Türkei. Neben dem "Wolfsgruß" sind drei weiße Halbmonde auf rotem Grund ihr Erkennungszeichen.

Graue Wölfe agieren wie andere rechte Gruppen

"Die Grauen Wölfe agieren nicht anders als andere rechte Gruppen in Deutschland", sagt eine Politikwissenschaftlerin von der Fachinformationsstelle Rechtsextremismus der Stadt München. "Es geht um Großmachtphantasien, völkisch orientierte Gruppenzugehörigkeit, Konstruktion des minderwertigen Anderen, der das Eigene bedroht. Es geht um Militanz, ums Führerprinzip, Chauvinismus, Sexismus." Aus Sicherheitsgründen will die Expertin anonym bleiben.

Ziel der Grauen Wölfe: Großtürkisches Reich

Der Politikwissenschaftlerin zufolge setzen sich die Grauen Wölfe für einen Zusammenschluss aller Turkvölker ein, die in einem großtürkischen Reich vereint werden sollen. Dieses solle sich vom Balkan bis nach Zentralasien erstrecken, also weit über die aktuellen Grenzen der Türkei hinaus. In Deutschland sammeln sich die Grauen Wölfe in sogenannten "Idealisten"-Vereinen – auf türkisch heißen sie "Ülkücü". Sie erreichen ein breites Spektrum in den türkischen Communities in Bayern. Das wird auch vom bayerischen Verfassungsschutz beobachtet: "Dieses reicht von nationalistisch eingestellten Türkinnen und Türken über säkular orientierte Anhängerinnen und Anhänger des Kemalismus bis hin zu islamisch konservativ oder islamistisch geprägten Milieu", sagt Verfassungsschutz-Sprecher René Rieger.

Rund 1.300 Graue Wölfe in Bayern

In Bayern gibt es demnach rund 1.300 Personen, die den Grauen Wölfen zugerechnet werden. Der Großteil der Ülkücü-Bewegung in Deutschland und Bayern ist laut Geheimdienst-Informationen in großen Dachverbänden organisiert, beispielsweise in der "Almanya Demokratik Ülkücü Türk Dernekleri Federasyonu" (ADÜTDF/ATF).

Wie überall sind die Grauen Wölfe auch im Freistaat streng hierarchisch organisiert und gliedern sich in zwei Strukturen auf: Ein Bezirksverein sitzt in Nürnberg, der andere in München. Die verschiedenen Vereine bieten eine breite Palette an Aktivitäten: Religiöse, traditionelle und sportliche Feste, Gruppenausflüge, Basare, aber auch Bildung in Geschichte und sogar Nachhilfe für Schulkinder werden beworben. Die Gefahr, die darin besteht, ist, "dass zum einen Indoktrinations- und Rekrutierungsprogramme innerhalb türkischsprachiger Gesellschaftsteile unbehelligt durch eine kritische Öffentlichkeit betrieben werden können und zum anderen, dass es Gruppen und Vereine aus diesem Spektrum schaffen, sich erfolgreich als Ansprech- und Kooperationspartner für Staat und Gesellschaft zu positionieren", meint Verfassungsschutz-Sprecher René Rieger.

Graue Wölfe "ködern" Leute mit gesellschaftlichen Themen

Die rechtsextremen Grauen Wölfe würden sich auch gesellschaftlicher Themen in Deutschland annehmen, beispielsweise gesellschaftlichen Rassismus anprangern oder rassistische Anschläge thematisieren. "Die Erzählung, dass Türken schon immer 'Opfer in Deutschland' seien und nur durch ein völkisch reines Kollektiv wieder zu einer Großmacht werden können, ist quasi Usus. Die traurige Wahrheit ist, dass bestehende und dramatische Probleme aufgegriffen werden", erklärt die Politikwissenschaftlerin von der Fachinformationsstelle Rechtsextremismus der Stadt München. Dadurch könnte es ihnen gelingen, unbedarfte Türkinnen und Türken gezielt zu vereinnahmen.

Seit November 2020: Verbot der Grauen Wölfe wird geprüft

Im November 2020 hat der Bundestag einen gemeinsamen Prüf-Antrag von Union, SPD, FDP und den Grünen gebilligt, der die alte Bundesregierung unter Merkel aufforderte, ein Verbot der Grauen Wölfe zu prüfen. "Der Auftrag läuft noch. Wir stellen momentan keine erhöhte Aktivität der Ülkücü-Bewegung in Deutschland fest. Aber was am Ende des Prüfauftrags stehen wird, sehen wir, wenn er abgeschlossen ist", sagt SPD-Innenpolitiker und Bundestagsabgeordneter Uli Grötsch aus Weiden in der Oberpfalz.

Ein Verbot der Grauen Wölfe würde auch die Politikwissenschaftlerin von der Fachinformationsstelle Rechtsextremismus begrüßen, denn "die absolut öffentliche Gestaltung von Politik, Bildung, Kultur, Sport, Erziehung, Geschichte und vielem mehr erweitern die Spielwiese für die Grauen Wölfe in der türkischen Community." Dieses Agieren würde Desintegration und Spaltung fördern. Wann das Innenministerium über ein Verbot der Grauen Wölfe entscheidet, steht bislang noch nicht fest.

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