Fatima und Salim Karimi sind mit ihrer kleinen Tochter in Mytilini unterwegs, der Hauptstadt der griechischen Insel Lesbos. Sie wollen ein paar Einkäufe erledigen und ein wenig am Hafen spazieren gehen. Die einzige Abwechslung im sonst recht schwierigen Alltag im Flüchtlingscamp Kara Tepe.
Fatima Karimi wünscht sich bessere Lebensbedingungen. Die Situation im Camp sei sehr schlecht für sie derzeit: "Wir füllen unser Essen in Flaschen und Körbe, weil es überall Mäuse gibt, die es wegessen.“
Kara Tepe: Provisorischer Nachfolger von Moria
Nachdem das berüchtigte Flüchtlingslager in Moria vor mehr als einem Jahr abgebrannt war, haben die Behörden Kara Tepe errichtet. Das provisorische Camp ist auch bekannt unter dem Namen Mavrovouni, es liegt auf einem Militärgelände direkt am Meer.
Vor allem im Winter sind die Bedingungen dort schwierig. Immerhin wurden mittlerweile einige Zelte durch Container ersetzt. Doch nach wie vor gibt es kaum Strom, keine Heizung. Und wenn es regnet, besteht die Gefahr, dass das Camp – wie im vergangen Winter häufig passiert – überflutet wird.
Heimkehr ist keine Option
Die Karimis hoffen, dass sich ihre Situation bald verbessert. Die Familie stammt aus Afghanistan, bereits zwei Mal haben sie hier Asyl beantragt. Beide Male wurde ihr Antrag abgelehnt. Zurück nach Afghanistan? Für sie trotz allem keine Option.
- Zum Artikel: Wie viele Menschen flüchten aus Afghanistan?
Fatima bezeichnet die die Lage in Afghanistan als sehr schlimm. Vor allem für Frauen sei die Situation schwierig: "Wir dürfen nicht allein rausgehen, wir dürfen nicht einmal alleine einkaufen gehen." In Kara Tepe seien sie immerhin sicher.
Vor allem Kinder leiden
Doch die schwierigen Lebensbedingungen sind für die Camp-Bewohner auf Dauer sehr zermürbend. Vor allem Kinder leiden darunter, sagt Augusto Cezar Meneguim von der Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen".
Es gebe viele Kinder und Heranwachsende mit jeder Art psychischer und mentaler Probleme, sagt der brasilianische Arzt. Aber auch Entwicklungsstörungen, die mit den Bedingungen im Camp zusammenhingen. Und mit dem Migrationsprozess.
- Zum Artikel: "Die verlorenen Kinder von Lesbos"
Viel Geld von der EU für neue Camps
Nicht nur Hilfsorganisationen kritisieren seit Jahren die Situation in griechischen Flüchtlingslagern, insbesondere auf Lesbos. Auch in Brüssel weiß man um die Zustände dort.
Im vergangenen März hatte EU-Kommissarin Ylva Johansson Lesbos besucht und der griechischen Regierung insgesamt 276 Millionen Euro für den Bau von fünf neuen Lagern zugesichert, die bis Ende des Jahres auf den ägäischen Inseln Lesbos, Chios, Samos, Leros und Kos errichtet werden sollten.
Bereits im Sommer aber musste der griechische Migrationsminister Notis Mitarakis eingestehen, dass zumindest das Camp auf Lesbos in diesem Jahr nicht mehr fertiggestellt wird. Er sicherte mit Blick auf die Kältesaison jedoch einen Notfallplan zu. Bilder wie im vergangenen Winter soll es nach Mitarakis Worten nicht mehr geben.
Notfallplan: Migranten werden verlegt
Seit Beginn des Jahres haben die Behörden begonnen, Kara Tepe schrittweise zu räumen. Während im Februar etwa 7.000 Menschen dort gelebt haben, sind es jetzt nach Angaben des Migrationsministeriums noch rund 2.600. Bis Weihnachten könnten es sogar weniger als 1.000 sein.
Die Menschen wurden und werden aufs Festland gebracht. Doch das bedeutet nicht, dass sich ihre Situation damit verbessert. Viele landen in Flüchtlingslagern in Athen oder Thessaloniki, die zunehmend überfüllt sind und sich mehr und mehr zu neuen Hotspots entwickeln.
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