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Drei Jahre "Zeitenwende": Nur eine Frage des Geldes?

Drei Jahre "Zeitenwende": Nur eine Frage des Geldes?

Nachdem ein Sondervermögen Bundeswehr aufgelegt wurde, zeigte sich zunächst, dass das Geld nicht so leicht auszugeben war. Dann wurde deutlich, wie langsam die Lücken bei der Bundeswehr zu schließen sind. Nun ist klar, dass mehr Geld benötigt wird.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Als Kanzler Olaf Scholz vor drei Jahren und unter dem Eindruck des russischen Angriffs auf die Ukraine im Bundestag feststellte, die Welt sei nicht mehr dieselbe wie zuvor, wurde die Aufrüstung der Bundeswehr nicht nur als notwendige Konsequenz, sondern auch vor allem als finanzielle Herausforderung beschrieben.

Getragen von einer breiten Bundestags-Mehrheit wurden 100 Milliarden Euro Sondervermögen aufgelegt. Doch bald zeigte sich, dass Rüstungsbeschaffung nicht nur Geld, sondern auch Zeit braucht. Im Jahr 2022 wurde kein einziger Euro aus dem Sondervermögen ausgegeben. Im Sommer 2023 waren dann immerhin rund 1,2 Milliarden Euro abgeflossen. Im vergangenen Jahr gab das Beschaffungsamt der Bundeswehr grünes Licht für Großprojekte im Wert von rund 60 Milliarden Euro.

Man sei relativ weit vorwärts gekommen mit der Zeitenwende für die Bundeswehr - obwohl es noch an vielem fehle, sagt Carlo Masala, Professor an der Bundeswehr-Universität München.

Begrenzte Rüstungskapazitäten

Das bereitgestellte Sondervermögen traf Anfangs auf eine Rüstungsindustrie, die nach Jahrzehnten sinkender Verteidigungsausgaben in Deutschland nicht auf die neue, sprunghaft gestiegene Nachfrage vorbereitet war. Der Aufbau von zusätzlichen Kapazitäten braucht Zeit, und die Entwicklung und Produktion von Waffensystemen dauert. Es sei vieles bestellt, aber noch nichts da, bilanziert der CSU-Bundestagsabgeordnete und Verteidigungsexperte Florian Hahn im Interview mit BR24.

Heute bestellt, in ein paar Jahren da

Dass die Bundeswehr-Beschaffer mittlerweile verstärkt auf Neuentwicklungen verzichten und Material kaufen, dass bereits am Markt verfügbar ist, verkürzt die Wartezeit zwar teilweise. Dennoch dauert es häufig sehr lange bis die neuen Systeme der Truppe zur Verfügung stehen. So wurden zum Beispiel für mehr als acht Milliarden Euro US-Kampfjets vom Typ F-35A bestellt. Bis sie einsatzbereit sind, werden noch mehrere Jahre vergehen. Ähnliches gilt für die georderten 60 schweren Transporthubschrauber vom Typ Chinook. Geliefert werden sollen die ersten Maschinen frühestens 2027.

Von der Stange statt maßgeschneidert

Dass es auch schneller gehen kann, zeigt das Beispiel der leichten Kampfhubschrauber vom Typ H145M, gebaut am Airbus-Standort in Donauwörth. Die erste Maschine wurde schon im November vergangenen Jahres in Dienst gestellt und damit nur elf Monate nach Bestellung. Von einem "Meilenstein der Zeitenwende" sprach Heeres-Inspekteur Alfons Mais. Allerdings handelt es sich um einen Helikopter, der bereits auf dem Markt eingeführt war und für den die Bundeswehr ihre Ansprüche entsprechend anpasste. Auch das ist ein Kennzeichen der Zeitenwende: Um Material schnell zu bekommen, senkt die Truppe ihre Anforderungen.

Erstes Sondervermögen nun verplant

Verwendet wurde und wird das Sondervermögen vor allem für den Einkauf von Großgerät wie Luftverteidigungssystemen, Schiffen oder Panzern. Es werden aber auch Munition und Kleidung davon beschafft. Voraussichtlich Ende 2027 werden die 100 Milliarden Euro verbraucht sein. Nach Auslaufen des Sondervermögens werde man schon im Verteidigungshaushalt 2028 mindestens 30 Milliarden Euro mehr benötigen, schätzt der Bamberger SPD-Bundestagsabgeordnete und Haushaltsexperte Andreas Schwarz im Interview mit BR24. Der CSU-Verteidigungsexperte Florian Hahn formuliert es so: "In der Tat brauchen wir Fresh Money für die Verteidigung und das möglichst schnell."

Neues Sondervermögen nötig?

Drei Jahre nach Ausrufen der Zeitenwende könnte es also durchaus sein, dass schon bald ein neues Sondervermögen aufgelegt oder das bestehende ausgeweitet werden muss. Aus Sicht des Hochschulprofessors und Verteidigungsexperten Carlo Masala ist die Zeitenwende aber eben nicht nur eine Frage des Geldes und der militärischen Fähigkeiten. Für ihn gehört auch ein Mentalitätswandel in der deutschen Gesellschaft dazu und da ist man, findet Masala, in den vergangenen drei Jahren überhaupt nicht vorangekommen.

Im Video: Gespräch mit dem Journalisten Christian Schweppe

Christian Schweppe im Gespräch mit Ursula Heller
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