Der Vorsitzende der Freisinger Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, hat nach der umstrittenen Forderung von Ministerpräsident Söder (CSU) nach mehr politischer Zurückhaltung die Unabhängigkeit der Kirche betont. "Das bestimmen wir selber, was wir sagen und wo wir etwas sagen", sagte der Erzbischof von München und Freising.
Die Kirche habe einen "Auftrag für das Gesamte der Gesellschaft" und nicht nur für rein religiöse Angelegenheiten, so Marx zum Abschluss der Frühjahrsvollversammlung der bayerischen Bischöfe in Passau.
Marx zu Streit mit Söder: Kein "Ping-Pong hin und her"
Markus Söder hatte die Kirchen vor der Bundestagswahl zu mehr politischer Zurückhaltung aufgefordert, nachdem diese die Migrationspolitik der Union kritisiert hatten. Er hatte in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, dass der Freistaat ihre Gehälter zahle und die Union die einzige politische Kraft sei, die noch an ihrer Seite stehe. Kaum ein Kirchenvertreter hat sich öffentlich zu den umstrittenen Aussagen Söders geäußert – auch die katholischen Bischöfe in Bayern bislang nicht.
Marx sagte dazu, er wolle das nicht öffentlich ausdiskutieren, sondern auf das direkte Gespräch setzen. "Wir werden Gelegenheit haben, darüber zu sprechen", betonte er und verwies auf das Jahresgespräch mit der bayerischen Staatsregierung, das anstehe. Er wolle "nicht ein Ping-Pong hin und her". Es gebe "kein größeres Zerwürfnis", sagte Marx dazu. "Manches ist auch dem Augenblick geschuldet."
Bischöfe rufen Parteien auf, gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken
Die Bischöfe riefen nach ihrem Treffen in Passau die demokratischen Parteien außerdem dazu auf, den Zusammenhalt der Gesellschaft zu stärken. Viele Menschen hätten Ängste wegen der wirtschaftlichen Entwicklung, der Zukunft ihrer Arbeitsplätze sowie der globalen Konflikte, heißt es in der Abschlusserklärung.
Die kommende Bundesregierung müsse die Probleme angehen und auch lösen. Die politischen Ränder seien einmal mehr gestärkt aus der Wahl hervorgegangen, wie in der Erklärung weiter ausgeführt wird.
"Als Bischof muss ich sagen, wisst Ihr eigentlich, was Ihr da tut?"
Marx zeigte sich beunruhigt über das starke Wahlergebnis der AfD – auch in katholisch geprägten Regionen. Er könne nicht erwarten, dass ihm als Bischof alle Katholiken in seinen Aussagen zustimmten, sagte er.
Aber: "Als Bischof muss ich sagen, wisst Ihr eigentlich, was Ihr da tut? Wisst Ihr eigentlich, welche Konsequenzen das hat, wenn man solche Politik mal zu Ende denkt?" Marx verwies darauf, dass in der AfD teilweise "rechtsradikalen Positionen" vertreten würden. Nicht alle seien Nazis, so Marx, dennoch: "Wisst Ihr nicht, dass dort im Kern dieser Partei auch Nazis sitzen?"
Weltpolitische Gesamtlage "so beunruhigend wie lange nicht"
Mit Blick auf die weltpolitische Gesamtlage erklärten die Bischöfe, diese sei "so beunruhigend wie lange nicht". Die Menschen sorgten sich um Sicherheit und Frieden sowie um die Zukunft Europas und des transatlantischen Zusammenhalts. Der Gedanke sei unerträglich, dass "die durch den russischen Aggressor in seiner Existenz bedrohte Ukraine womöglich im Stich gelassen werden könnte".
US-Präsident Donald Trump hatte sich zuletzt an den russischen Präsidenten Wladimir Putin angenähert. "Ein Friede, der nicht mit einer gerechten Lösung und der Einbindung der Betroffenen verbunden ist, führt nur zu weiteren Gefährdungen in der Zukunft", mahnten die Bischöfe.
Mit Informationen von dpa und epd
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
Sie interessieren sich für Themen rund um Religion, Kirche, Spiritualität und ethische Fragestellungen? Dann abonnieren Sie unseren Newsletter. Jeden Freitag die wichtigsten Meldungen der Woche direkt in Ihr Postfach. Hier geht's zur Anmeldung.