Viktor Orban, Premierminister von Ungarn, bei einem Staatsbesuch des türkischen Präsidenten Erdogan im Dezember 2023.
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Viktor Orban, Premierminister von Ungarn, bei einem Staatsbesuch des türkischen Präsidenten Erdogan im Dezember 2023.

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Druck auf Ungarn zur Ratifizierung von Schwedens Nato-Beitritt

Nach dem "Ja" des türkischen Parlaments zum Nato-Beitritt Schwedens richten sich alle Blicke auf Ungarn: Es ist nun das letzte Land, das blockiert. Premier Orbán stellt eine rasche Unterzeichnung des Abkommens in Aussicht - nicht zum ersten Mal.

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Nach der Zustimmung der Türkei hat auch Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán zugesagt, die lange herausgezögerte Ratifizierung von Schwedens Nato-Beitritt voranzutreiben. Er werde das Parlament drängen, baldmöglichst darüber abzustimmen, erklärte Orbán nach einem Gespräch mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg auf der Plattform X.

Sitzungsperiode beginnt Ende Februar - Abstimmungsdatum unklar

Wann eine Abstimmung darüber stattfinden könnte, sagte Orbán allerdings nicht. Normalerweise würde die nächste Sitzungsperiode des ungarischen Parlaments am 27. Februar beginnen. Ob es für die Ratifizierung des Beitritts Schwedens zum westlichen Militärbündnis vorher eine außerplanmäßige Sondersitzung geben könnte, blieb unklar.

Auch eine Sprecherin des Auswärtigen Amts in Berlin drängte Ungarn, dem schwedischen Beitritt "zeitnah" zuzustimmen. "Das ist überfällig", sagte sie.

Widersprüchliche Signale aus Budapest

Immer wieder hatte Orbán versichert, Ungarn werde nicht das letzte Land sein, das den schwedischen Beitritt ratifiziere. Am Dienstag hatte er überraschend den schwedischen Regierungschef Ulf Kristersson nach Budapest eingeladen, um mit diesem persönlich "über Schwedens Nato-Beitritt zu verhandeln". Schweden reagierte darauf reserviert. Außenminister Tobias Billström verwies darauf, dass Ungarn bereits beim Nato-Gipfel in Madrid im Sommer 2022 die offizielle Beitrittseinladung Schwedens wie alle anderen Länder unterstützt habe. "Ich sehe daher keinen Grund, heute zu verhandeln", betonte Billström.

Empört auf Orbáns Vorstoß reagierte auch der Vorsitzende des Außenausschusses im Bundestag, Michael Roth (SPD). "Es gibt beim Nato-Beitritt Schwedens nichts mehr zu verhandeln! Erst recht nicht bilateral", schrieb er auf X. Er warf Orbán die "grenzenlose Selbstüberschätzung eines Autokraten" vor. Die EU-Länder hätten dem Rechtspopulisten zu oft nachgegeben und "vor seinen Drohungen gekuscht", kritisierte Roth.

Retourkutsche Orbáns für Kritik aus Schweden?

Brüsseler Diplomaten sehen in Orbáns Manöver eine mögliche Retourkutsche für Kritik des EU-Partners Schweden an Rechtsstaatsmängeln in Ungarn. Die EU hat in diesem Zusammenhang milliardenschwere Hilfen für Budapest eingefroren.

Auch in der EU legte Ungarn wiederholt sein Veto gegen Mehrheitsbeschlüsse ein. Zuletzt in der Frage der Ukrainehilfen - obwohl die EU-Kommission am Tag zuvor überraschend eine Zehn-Milliarden-Hilfe für Ungarn freigegeben hatte.

Schwedischer Beitrittsantrag schon im Mai 2022

Schweden und Finnland hatten im Mai 2022 unter dem Eindruck des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine die Mitgliedschaft in der Nato beantragt. Finnland ist bereits Anfang April zum 31. Mitglied des Bündnisses geworden. Auch der Beitritt Schwedens wurde rasch von allen Nato-Mitgliedern abgesegnet - mit Ausnahme der Türkei und Ungarns. Für den Beitritt eines Staates zur Nato ist Einstimmigkeit der Mitglieder erforderlich.

In Ungarn stehen noch die Zustimmung des Parlaments und die Unterschrift Orbáns aus. In der Türkei fehlt nach der positiven Entscheidung des Parlaments in Ankara nur noch die Unterschrift von Präsident Recep Tayyip Erdogan, um die türkische Ratifizierung des sogenannten Beitrittsprotokolls abzuschließen.

Ob Schweden als Vollmitglied am Nato-Gipfel in Washington im Juli teilnehmen kann, ist weiter unklar. Die Verbündeten feiern in der US-Hauptstadt den 75. Jahrestag des Bestehens der Allianz.

Mit Informationen von AFP

Audio: Türkisches Parlament billigt Nato-Aufnahme Schwedens

Türkischer Präsident Erdogan (Archivbild)
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Marton Monus
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Türkischer Präsident Erdogan

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