Ein Jahr nach dem Tod der iranischen Protestikone Jina Mahsa Amini haben in mehreren deutschen Städten Tausende Menschen ihre Solidarität gezeigt. In München, Berlin, Hamburg, Frankfurt und anderen Städten gab es am Samstag verschiedene Kundgebungen. Auch in London, Paris und Rom gingen Menschen zu diesem Anlass auf die Straße.
Solidaritätskundgebungen in mehreren deutschen Städten
In München erinnerten mehrere hundert Menschen an Amini. Nach Polizeiangaben gab es rund 700 Teilnehmer an der Kundgebung. Die Demonstranten forderte ein Ende der Unterdrückung von Frauen im Iran. Auf Plakaten war unter anderem der Slogan "Frau. Leben. Freiheit" zu lesen.
Am Samstag jährte sich erstmals der Tod der Kurdin Amini, der im Herbst 2022 die schwersten Aufstände im Iran seit Jahren ausgelöst hatte. Islamische Sittenwächter hatten die damals 22-Jährige wegen eines angeblich nicht richtig getragenen Kopftuchs festgenommen. Was genau danach geschah, ist bis heute ungeklärt - letztlich fiel die junge Frau ins Koma und starb in einem Krankenhaus.
Vor allem die junge Generation Irans war im vergangenen Jahr nach dem Tod Aminis unter dem Slogan "Frau, Leben, Freiheit" gegen die repressive Politik der islamischen Führung auf die Straße gegangen. Die Staatsmacht ließ die Proteste, die das Land über Monate hinweg in Atem hielten, gewaltsam niederschlagen. Mehr als 500 Menschen wurden nach Angaben von Menschenrechtsgruppen getötet und mehr als 22.000 weitere inhaftiert. Auf Geheiß der iranischen Justiz wurden sieben Männer im Zusammenhang mit den Demonstrationen hingerichtet. Als Zeichen des stillen Protests ignorieren bis heute viele Frauen die Kopftuchpflicht - in diesem Ausmaß hat es das im Iran zuvor nicht gegeben.
Irans Kurdenregionen im Ausnahmezustand
Im Iran war ein Gedenken am Samstag nicht möglich. Mit strengen Sicherheitsvorkehrungen haben iranische Einsatzkräfte am Todestag der Protestikone Jina Mahsa Amini die Kurdenregionen in den Ausnahmezustand versetzt. Aminis Vater wurde in ihrer Heimatstadt Saghes am Samstag vorübergehend festgenommen und verhört, wie mehrere kurdische Menschenrechtsgruppen berichteten. Ihre Familie soll bereits in den vergangenen Wochen eingeschüchtert worden sein.
Aminis Heimatort Saghes wurde vor ihrem Todestag abgeriegelt. Aus Sorge vor einem erneut gewaltsamen Vorgehen der Sicherheitskräfte gab es zunächst keine Protestaufrufe. Den Todestag wollten Menschen in den Kurdengebieten dennoch würdigen, etwa durch Ladenschließungen. Irans Geheimdienst nahm laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Tasnim mehrere Bewohner in den Kurdengebieten fest. Auch in anderen Städten herrschte mit Straßenkontrollen eine angespannte Stimmung.
Augenzeugen berichteten am Freitag, Militäreinheiten und andere Einsatzkräfte seien in Städte rund um Saghes verlegt worden. Auch viele neue Überwachungskameras seien installiert worden. Bewohner der Kurdengebiete sprachen zudem von verstärkten Kontrollen.
Irans Funktionäre mit Sanktionen belegt – Baerbock setzt Zeichen
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock versprach den Menschen im Iran unterdessen weitere Unterstützung gegen Unterdrückung. "Wir setzen die Schicksale der Menschen im Iran in Brüssel, New York und Genf auf die Tagesordnung", erklärte die Grünen-Politikerin, die sich derzeit in den USA aufhält. Dort traf sie am Freitag (Ortszeit) die Tochter des im Iran wegen Terrorvorwürfen zum Tode verurteilten Deutsch-Iraners Djamshid Sharmahd. Er ist einer von mehreren im Iran inhaftierten Deutschen.
Die USA und die EU verhängten vor dem brisanten Datum neue Sanktionen im Zusammenhang mit der brutalen Niederschlagung der Proteste. In Washington wurden am Freitag Strafmaßnahmen gegen 25 iranische Personen, drei vom iranischen Staat unterstützte Medien und ein iranisches Unternehmen bekannt gegeben, das Nachforschungen im Internet anstellt. US-Präsident Joe Biden hatte zuvor den Protestierenden anhaltende Unterstützung zugesichert.
Von den EU-Strafmaßnahmen sind nach Angaben vom Freitag vier Personen sowie sechs Einrichtungen und Unternehmen betroffen. Dabei geht es unter anderem um zwei ranghohe Polizisten, einen Vertreter der Eliteeinheit der iranischen Streitkräfte sowie mehrere Gefängnisse und die Nachrichtenagentur Tasnim, der von der EU unter anderem vorgeworfen wird, sie veröffentliche falsche Geständnisse von Protestteilnehmern.
Mit Informationen von dpa
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