Siegfried Gift lässt keinen Zweifel: je weniger Cannabis man konsumiere, umso besser. Gift ist Mitarbeiter bei Condrobs, einer Organisation, die Beratung und Hilfe bei Problemen mit Drogen anbietet. Die Wirkung von Cannabis hänge vom Alter ab, so Gift: bei jungen Menschen am Anfang der Pubertät könne schon gelegentlicher Konsum die Entwicklung stören, bei 15- bis 17-Jährigen erhöhe er das Risiko von Psychosen.
Legalisierung als Chance
Condrobs aber sieht die Legalisierung von Cannabis auch als Chance: Wird jetzt ein junger Mensch mit Cannabis erwischt, drohen ihm nicht mehr, wie vor der Legalisierung, Geldbußen und Arrest, sondern die Polizei informiere die Eltern und das Jugendamt, so Gift. Das biete die Chance, dem oder der Jugendlichen Hilfe und Beratung anzubieten.
Stecklinge als Verkaufsschlager
Eine ganz andere Altersgruppe bedient Wenzel Cerveny. Cerveny ist Geschäftsmann und Vorsitzender des Chillout-Clubs Aschheim, eines im September gegründeten Clubs für Cannabis-Anbau. Laut Cerveny hat der Club im Moment 125 zahlende Mitglieder und über 800 Anfragen auf Mitgliedschaft. Cervenys Frau betreibt einen Laden mit Hanfprodukten, in dem auch Cannabis-Samen und Stecklinge vertrieben werden. Wenzel Cerveny sagt, im Moment verkaufe er täglich über 100 Stecklinge, so groß sei das Interesse. "Die Leute können's teilweise gar nicht glauben", so Cerveny. "Wenn die hier diese Pflanzen in die Hand kriegen, dann kommen die und sagen: Das kann doch gar nicht sein, ich darf jetzt damit nach Hause gehen?"
Der Aschheimer Club, so Cerveny, hat zum Großteil Mitglieder im reiferen Alter – Babyboomer. Kein Wunder bei Mitgliedsbeiträgen von 150 Euro pro Monat, für die man, wenn der Club irgendwann mal die staatliche Genehmigung erhält, maximal 50 Gramm Cannabis pro Monat erhält. Die Hälfte der aktuellen Mitglieder, schätzt Cerveny, sind Patienten, die Cannabis gegen chronische Schmerzen nehmen.
Polizei: nicht mehr Meldungen
Beim Polizeipräsidium München weist man darauf hin, dass nach dem Cannabis-Konsum erst mal drei Tage lang Autofahren tabu sei – so lange dauert es, bis alle Rückstände im Blut abgebaut sind. Polizeisprecher Andreas Franken verspricht, beim Schutz von Kindern und Jugendlichen genau zu kontrollieren. Aber er sagt auch: "Es ist jetzt nicht so, dass jetzt hier plötzlich in der ganzen Fußgängerzone jeder mit einem Joint herumlaufen würde." Die Mitteilungen über Vorfälle mit Cannabis seien genauso zahlreich wie vorher.
Manches müssten ohnehin Gerichte klären, so Franken. Wenn zum Beispiel ein 16-Jähriger vor einem anderen Jugendlichen kifft – was dann? Wäre er allein, wäre das zwar verboten, er würde aber straffrei bleiben. Weil aber ein zweiter Jugendlicher dabei ist, droht ihm womöglich ein saftiges Ordnungsgeld, denn er hat ja gegen den Jugendschutz verstoßen.
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