Trotz der geplanten Ausnahme- und Übergangsregelungen für das Einbauverbot neuer Gas- und Ölheizungen ab Anfang 2024 kommt von der Opposition weiter Kritik am Vorhaben der Ampel. CSU-Generalsekretär Martin Huber warf der Koalition vor, "Klimaschutz mit der Brechstange" zu betreiben. "Die Ampel-Pläne sind sozial ungerecht und eine nicht zu verantwortende Belastung, insbesondere für ältere Hausbesitzer", sagte Huber.
Er ging nicht darauf ein, dass der Ampel-Kompromiss für das Gebäudeenergiegesetz gerade für Eigentümer mit niedrigen Einkommen und für Menschen über 80 Jahre Ausnahmen und Härtefallregelungen vorsieht.
Huber griff die Grünen scharf an: "Klimaneutralität darf nicht zu Altersarmut führen, weil grüner Sanierungszwang die Altersvorsorge auffrisst", erklärte er. "Die Grünen haben keinen Respekt vor der Lebensleistung der Menschen, die sich mit dem Eigenheim ihre Altersvorsorge hart erarbeitet und gespart haben."
Union bemängelt offene Frage
Der klimaschutz- und energiepolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Andreas Jung, sieht noch viele offene Fragen, über die die Bundesregierung kurzfristig umfassende Transparenz schaffen müsse. Zu klären sei beispielsweise, ob es für Neubauten tatsächlich ein Verbot für Biomasseheizungen geben solle und ob das Heizen mit Pellets weiter möglich sei. Unklar sei auch die Förderung der Investitionen durch den Staat und die Unterstützung speziell für finanzschwache Haushalte, kritisierte der CDU-Abgeordnete. Die Einigung sei für die Bürger eine "große Enttäuschung", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei (CDU), der "Rheinischen Post". Nach wie vor sei nicht klar, wie der Umbau der Heizungen bezahlt werden solle.
Kompromiss beim Gebäudeenergiegesetz
Die Ampel-Koalition hatte zuvor einen Kompromiss beim umstrittenen Gebäudeenergiegesetz mit dem Verbot des Einbaus neuer Gas- und Ölheizungen erzielt. Nach Angaben des Bundeswirtschafts- und des Bundesbauministeriums vom Freitag liegt nun ein fertiger und von allen drei Parteien getragener Gesetzentwurf vor. Er soll zeitnah in die Länder- und Verbändeanhörung und anschließend ins Kabinett gehen.
Ausnahmen und Übergangsfristen geplant
Demnach bleibt es im Kern dabei, dass ab dem 1. Januar 2024 jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden muss. Es soll aber Ausnahmen, Übergangsfristen und eine umfassende Förderung geben.
Verzichtet wird den Angaben zufolge auf die ursprünglich vorgesehene Austauschpflicht für funktionierende Öl- und Gasheizungen. Gehen alte Heizungen nach 2024 irreparabel kaputt, kann kurzfristig wieder ein Öl- oder Gaskessel eingebaut werden, um beispielsweise bei einem Ausfall im Winter nicht wochenlang frieren zu müssen. Dieser muss dann aber binnen drei Jahren um moderne Technik ergänzt werden, um die 65-Prozent-Vorgabe zu erfüllen. Für Wärmepumpen gibt es zum Teil lange Lieferzeiten.
Die 65-Prozent-Vorgabe gilt beim Einbau neuer Heizungen auch nicht für Hausbesitzer, die über 80 Jahre alt sind. Erst wenn deren Haus vererbt oder verkauft wird, greift das neue Recht – mit einer Übergangsfrist von zwei Jahren. Eine Härtefallausnahme soll die Wirtschaftlichkeit sein, wenn Gebäudewert und Investitionssummen in keinem angemessenen Verhältnis stehen. Zudem gibt es keine Festlegung auf Wärmepumpen als Alternative zu Öl- und Gasheizungen, stattdessen gilt Technologieoffenheit.
Lang: "Durchbruch bei der Wärmewende"
Die Grünen Co-Vorsitzende Ricarda Lang sprach von einem "Durchbruch bei der Wärmewende". "Nach dem Turbo bei den Erneuerbaren und dem Aus für den fossilen Verbrenner bahnt die Ampel in einem weiteren Sektor den Weg in die Klimaneutralität." Es sei gut, dass das Gesetz nun schnell auf den Weg komme, damit Hersteller und Verbraucher sicher planen könnten. "Wichtig ist, dass wir soziale Härten abfedern und so die Menschen auf dem Weg wirklich unterstützen", sagte Lang.
Das FDP-geführte Bundesfinanzministerium begrüßte die Einigung. Die Beratungen in der Koalition hätten eine Reihe von Verbesserungen gegenüber den ursprünglichen Plänen des Grünen-geführten Wirtschaftsministerium ergeben, verlautete aus dem Finanzressort. "Statt Zwang setzt die Koalition auf Anreize", hieß es. Das Ministerium hob Konkretisierungen hervor: So gebe es nun "keinen zusätzlichen rechtlichen Zwang, eine funktionierende Heizungsanlage vorzeitig zu ersetzen". Zudem werde nun darauf verzichtet, eine "heute sehr teure Technologie wie die Wärmepumpe rechtlich vorzuschreiben". Stattdessen setze das geplante neue Gebäudeenergiegesetz auf "echte Technologieoffenheit".
Der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende, Ulrich Lange, kritisierte dagegen, das Vorhaben werde das Bauen massiv verteuern. "Mit ihren Plänen zum Gebäudeenergiegesetz trifft die Ampel die Menschen in unserem Land, aber auch die Baubranche in Mark und Bein", sagte der CSU-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Dass die von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) angekündigte Förderung weiterhin "völlig nebulös" bleibe, komme noch erschwerend hinzu.
Linke spricht von Verarmungsprogramm
Auch der Linken-Ostbeauftragte Sören Pellmann übte scharfe Kritik. "Im Osten stehen demnächst zigtausende Heizungswechsel an, da viele Anlagen in den 90er Jahren eingebaut wurden", sagte der Leipziger Bundestagsabgeordnete. "Die Menschen verzweifeln angesichts der horrenden Sanierungskosten, die anfallen werden." Pellmann sprach von einem Verarmungsprogramm. "Der Staat sollte den Bürgern nicht die Heizung diktieren, sondern klimafreundliche Alternativen am billigsten machen", forderte er. Die soziale Flankierung des Heizungsprogramms sei noch immer unbestimmt. Das sei ein "weiterer Beleg für die soziale Kälte der Ampel".
Landkreise: Längere Übergangsfristen und keinen Austauschzwang
Deutschlands Landkreise forderten einen kompletten Stopp der Pläne für einen Austauschzwang für Gas- und Ölheizungen. "Wir brauchen längere Übergangsfristen und keinen Austauschzwang: Wer heute eine funktionierende Heizung in Haus oder Wohnung hat, muss diese nutzen können, bis sie kaputtgeht, Punkt", sagte Landkreistagspräsident Reinhard Sager im Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ).
Die Expertin für Gebäude und Wärmenetze bei der Denkfabrik Agora Energiewende, Uta Weiß, warnte davor, dass die Diskussion über Wasserstoff-Heizungen in die Irre führen könne. Sie suggeriere, dass Gasheizung weiter genutzt werden könnten, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Für die Verbrennung von reinem Wasserstoff müsste man aber selbst sogenannte H2-Ready-Heizungen kostspielig umrüsten." Dieser Heizungstyp soll nach dem Koalitionskompromiss unter bestimmten Voraussetzungen künftig zulässig bleiben.
- Zum Artikel: Macht die Wärmewende Heizen unbezahlbar?
Mit Informationen von dpa
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