Frankreichs Präsident Francois Macron bei seiner Ankunft am EPC-Gipfel in Prag
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Europa gegen Putin - neuer Mega-Gipfel in Prag

Europa gegen Putin - neuer Mega-Gipfel in Prag

Von Serbien bis Portugal: 43 europäische Staatschefs sind heute zum ersten Treffen einer neuen politischen Gemeinschaft in Prag zusammengekommen. Für Kanzler Scholz ist der EPC eine "große Innovation" und Zeichen der Geschlossenheit gegen Putin.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Die Staats- und Regierungschefs von 43 europäischen Ländern sind am heutigen Donnerstag zum ersten Treffen einer neuen politischen Gemeinschaft - dem sogenannten EPC-Gipfel (European Political Community) - in Prag eingetroffen. In dem von Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron initiierten Format wollen die EU-Staaten die Zusammenarbeit mit anderen europäischen Ländern verbessern.

"Angesichts der dramatischen Konsequenzen von Russlands Krieg für die europäischen Länder auf vielen Gebieten, gründen wir die Europäische Politische Gemeinschaft mit dem Ziel, Länder auf dem europäischen Kontinent zusammenzubringen und eine Plattform für politische Koordinierung zu bieten." EU-Ratspräsident Charles Michel im EPC-Einladungsschreiben

Gemeinsam gegen Putin

Im Zentrum des neuen Treffens steht also einer, der ausdrücklich nicht geladen war: Wladimir Putin. Der französische Präsident Emmanuel Macron äußerte die Hoffnung auf ein Zeichen der "Einheit" gegen den russischen Kriegspräsidenten Wladimir Putin. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nannte das neue Gesprächsformat bei seinem Eintreffen auf der Prager Burg eine "große Innovation", die gut sei "für den Frieden für die Sicherheitsordnung."

Tschechiens Regierungschef erinnert an den Prager Frühling

Gastgeber des Gipfels ist Tschechien, das bis Ende des Jahres den Vorsitz im EU-Ministerrat innehat. Regierungschef Petr Fiala erinnerte in seiner Eröffnungsrede an den Prager Frühling 1968. Schon damals habe Moskau mit seinen Panzern die Hoffnungen auf mehr Freiheit zunichte gemacht. "Es ist schwer, dem Bösen ins Auge zu blicken, aber die Wahrheit wird siegen", sagte Fiala weiter. "Wir wissen alle in unseren Herzen, dass die Ukraine gewinnen wird, weil die Wahrheit auf ihrer Seite ist."

Sogar die Briten sind dabei

Neben den 27 EU-Staaten wurden 17 weitere Länder auf die Prager Burg geladen - auch die neue britische Premierministerin Liz Truss, die ihrer Erwartung Ausdruck gab, der EPC dürfe weder Konkurrenz zu Nato und G7 sein noch "eine reine Laberrunde".

Auch auf der Gästeliste: die Ukraine, die Türkei, Norwegen, die Schweiz, Liechtenstein, Island sowie die Westbalkanstaaten Serbien, Montenegro, Nordmazedonien, Albanien, Bosnien-Herzegowina und das Kosovo. Selbst die verfeindeten Kaukasusrepubliken Armenien und Aserbaidschan nehmen teil. Die Ukraine wird durch Ministerpräsident Denys Schmyhal vertreten; Präsident Wolodymyr Selenskyj soll per Video zugeschaltet werden. Damit fehlt - abgesehen von Russland und Belarus - nur die dänische Regierungschefin Mette Frederiksen, die wegen innenpolitischer Turbulenzen fernbleibt.

Multilaterale Runden und Vier-Augen-Gespräche

Für den Nachmittag ist geplant, dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und seine Kolleginnen und Kollegen sich in verschiedenen Gesprächsrunden zu den Themen Frieden und Sicherheit, Energie und Klima, Migration sowie zur wirtschaftlichen Lage austauschen. Zudem sind bilaterale Gespräche zwischen Staats- und Regierungschefs sowie eine gemeinsame Abschlusssitzung mit Arbeitsabendessen vorgesehen. Eine Abschlusserklärung ist nicht geplant.

Zankapfel Gaspreisdeckel

Ein Friede-Freude-Eierkuchen-Gipfel wird der EPC indes nicht - dafür sorgen schon Differenzen innerhalb der EU. Der polnische Regierungschef Mateusz Morawiecki kritisierte die Bundesregierung scharf: "Es kann nicht sein, dass die Energiepolitik der EU von Deutschland diktiert wird", sagte er in Prag. Berlin hat Vorbehalte gegen die Forderung Polens und 14 weiterer EU-Ländern nach einem Preisdeckel für Gasimporte etwa aus Norwegen oder den USA.

Scholz verteidigte die deutsche Haltung gegen Kritik. Es gehe der Bundesregierung darum, dass "die Energieversorgungssicherheit für alle Länder gewährleistet bleibt und dass die Preise für Energie dramatisch sinken", sagte er in Prag weiter. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte gewarnt, es drohe eine Gasknappheit, wenn Länder wie Norwegen, die USA oder Algerien ihr Gas wegen eines EU-Preisdeckels teurer an Asien verkauften.

Idee stammt von Macron

Die Idee für die neue politische Gemeinschaft hatte Frankreichs Präsident Macron im Mai lanciert. Der 44-Jährige will über sie die Zusammenarbeit mit Partnern verbessern, die in absehbarer Zeit nicht in die EU aufgenommen werden oder dies gar nicht wollen. Konkret nannte er immer wieder auch die Ukraine, die jüngst offiziell EU-Beitrittskandidat wurde, nach derzeitigen EU-Regeln aber wohl frühestens im nächsten Jahrzehnt Mitglied werden kann.

Kritik aus Brüssel

In Brüssel sind nicht alle überzeugt vom Mehrwert der Europäischen Politischen Gemeinschaft. Einige Kritiker unterstellen Macron, er wolle EU-Anwärter wie die Ukraine vertrösten, deren Beitritt Jahrzehnte in Anspruch nehmen könnte.

Risiken liegen zudem in den Konflikten zwischen einigen der beteiligten Länder: Als heikel gilt das Zusammentreffen des türkischen Präsidenten Erdogan mit Griechen und Zyprioten nach militärischen Drohgebärden im Mittelmeerraum. Auch für Schweden und Finnen ist das Treffen mit Erdogan delikat: Sie sind wegen ihres angestrebten Nato-Beitritts auf die Gunst des Nato-Mitgliedslandes Türkei angewiesen.

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Kunstaktion kritisiert Gas-Abhängigkeit

Unweit des Veranstaltungsortes haben Umweltaktivistinnen und -aktivisten mit einer Protestaktion zur Abkehr von fossilen Energieträgern aufgerufen. Die Organisation Greenpeace ließ am Donnerstag auf der Moldau eine große aufblasbare Röhre treiben, gleich einer Pipeline. Darauf stand "Putin's bloody gas" - was etwas zweideutig ist und auf Deutsch "Putins blutiges Gas" oder auch "Putins verdammtes Gas" heißen könnte.

Dieser Artikel wird laufend aktualisiert.

(Mit Material der dpa und AFP)