Darum geht's:
- Der Facebook-Konzern Meta will künftig nicht mehr mit Faktencheckern auf Plattformen zusammenarbeiten, wo sie bisher Beiträge überprüft und eingeordnet hatten.
- Meta-Chef Mark Zuckerberg erhebt heftige Vorwürfe gegen die Faktenchecker - belegt sie in seinem Statement aber nicht.
- Die Arbeit der entsprechenden Faktenchecker wird regelmäßig überprüft und unterliegt hohen Standards. Und: Meta betont selbst auf seiner Webseite, dass Faktenchecker keine Inhalte entfernen.
Mark Zuckerberg, der Chef des Meta-Konzerns, hat verkündet: Facebook, Instagram und Threads werden in den USA nicht mehr mit Faktencheckern zusammenarbeiten, um Falschbehauptungen und Desinformation einzuordnen und als solche erkennbar zu machen.
In einem Statement begründete Meta diesen Schritt damit, dass Faktenchecker angeblich tendenziös und parteiisch gearbeitet hätten. Das Programm habe letztlich zu "Zensur" geführt. Belege für diese Behauptung liefert er nicht, teilweise widerspricht Meta sogar eigenen Angaben. Die betroffenen US-Faktenchecker, aber auch viele weitere Faktencheck-Organisationen weltweit wehren sich gegen diese Anschuldigungen und bezeichnen sie als falsch.
IFCN-Faktenchecker arbeiten unparteiisch und ausgewogen
Die Faktenchecker, die mit Meta zusammenarbeiten, müssen hohen Standards genügen, die für eine ausgewogene Berichterstattung sorgen und Parteilichkeit ausschließen. Nur die Faktenchecker, die Mitglied im International Fact-Checking Network (IFCN) waren, wurden dafür ausgewählt. Das legte Meta als Bedingung fest. Mehr als 100 Faktencheck-Organisationen sind Teil des globalen IFCN-Netzwerks, das die Qualität von Faktenchecks überprüft und internationale Richtlinien entwickelt hat.
Zu den IFCN-Standards gehört auch, politisch überparteilich und ausgewogen zu recherchieren und zu berichten. Wenn Faktencheck-Organisationen Mitglied im IFCN werden und bleiben wollen, dann wird ihre Arbeit regelmäßig durch unabhängige Gutachter überprüft. Auch der Faktenfuchs ist Mitglied des IFCN, arbeitet nach diesen Standards und wird regelmäßig geprüft.
Ähnlich wie in der Wissenschaft, in der sich Forscher weltweit austauschen und gegenseitig überprüfen, ist es auch im Journalismus. Belege sind öffentlich und müssen gegenüber der Öffentlichkeit bestehen. Ergebnisse werden ergänzt - und im Fall der Fälle korrigiert.
Fact-Checking-Zusammenarbeit gibt es seit 2016
Meta arbeitet seit 2016 mit externen Faktencheck-Organisationen zusammen, um Falschinformationen auf seinen Plattformen einzudämmen. Anlass war die zunehmende Kritik an Meta wegen Desinformation auf der Plattform — besonders während der US-Wahl im selben Jahr, die von russischer Einflussnahme und Troll-Fabriken geprägt war. In den USA arbeitete Meta mit den Nachrichtenagenturen AFP und Reuters zusammen; in Deutschland mit dpa, AFP sowie dem gemeinnützigen Recherchenetzwerk Correctiv. Insgesamt gab es das Programm bisher in 26 Sprachen, mit über 80 Organisationen. Die Zusammenarbeit in Deutschland läuft weiter.
Gecheckt werden Fakten, nicht Meinungen
Meta begründete seine Entscheidung auch damit, es habe zu viele Faktenchecks zu "legitimen politischen Äußerungen" gegeben. Das widerspricht aber den Angaben in Metas eigenen Richtlinien: Darin steht, dass Aussagen von Politikern und Meinungsäußerungen auf den Plattformen nicht von externen Faktencheckern überprüft werden. Belege dafür, dass Faktenchecker dies trotzdem taten, liefert Meta nicht.
Es ist wichtig, zwischen Fakten und Meinung zu unterscheiden. Ein Faktencheck kann sich immer nur mit der Faktenlage auseinandersetzen. Und was Fakten ausmacht, dafür gibt es Kriterien.
- Mehr dazu lesen Sie hier: "Klimawandel und Corona: Wie entstehen belastbare Fakten?"
Meta trifft Entscheidungen, nicht Faktenchecker
Der zweite Vorwurf, Faktenchecks hätten zu Zensur geführt, ist haltlos. Die teilnehmenden Faktenchecker betonen, dass sie nicht die Möglichkeit hatten, Inhalte zu zensieren oder sogar zu löschen. Neil Brown etwa sagte gegenüber der New York Times, dass seine Organisation anhand von Metas eigenen Tools die Inhalte überprüften. Brown ist Präsident des Poynter Institute, einer gemeinnützigen globalen Organisation, die Politifact betreibt — einer von Metas Faktencheck-Partnern. Dabei hielten sich die Faktenchecker laut Brown auch an Metas Vorschrift, die Aussagen von Politikern nicht zu überprüfen.
Die Entscheidung, wie mit den überprüften Inhalten umgegangen wird, lag stets bei Meta, so Brown: Ob ein Warnhinweis dem Post hinzugefügt oder sogar seine Verbreitung eingeschränkt wurde. Auch die Anwendung von Filtern, um Inhalte mit Verstößen gegen die Nutzungsbedingungen automatisch zu blockieren, kontrollierte Meta. Auch das schreibt Meta selbst auf einer Info-Seite zu dem Faktencheck-Programm: "Faktenprüfer entfernen keine Inhalte, Konten oder Seiten von unseren Apps. Wir entfernen Inhalte, die gegen unsere Gemeinschaftsstandards verstoßen. Dieser Vorgang ist unabhängig von unserem Programm zur Faktenprüfung."
"Faktencheck-Journalisten haben niemals zensiert oder Posts entfernt", schreibt auch die Direktorin des IFCN, Angie Holan. "Faktenchecker lieferten vielmehr zusätzliche Information und Kontext, wenn Behauptungen umstritten waren, und widerlegten Falschmeldungen und Verschwörungstheorien."
Dem entgegen stehen Behauptungen von Konzernchefs wie Elon Musk oder Mark Zuckerberg, die damit versuchen, Faktenchecks ein anderes Label aufzudrücken und sie als parteiisch zu diffamieren.
Keine vorherigen Beschwerden von Meta wegen Faktenchecks
Lead Stories, eine Faktencheck-Redaktion, die bisher mit Meta kooperierte, wies darauf hin, dass der Kooperationspartner Meta bislang keine Einwände gegen die Faktenchecks geäußert habe: "In all den Jahren, in denen wir Teil der Partnerschaft mit Meta waren, erhielten weder wir noch das IFCN irgendwelche Beschwerden von Meta in Bezug auf etwaige politische Tendenz." Andere Teilnehmer des Programms äußerten sich ähnlich.
Wie effektiv sind Community Notes?
Anstelle der Faktenchecks sollen in den USA nun Community Notes rücken. Das heißt, User können von jetzt an selbst Kontext zu Posts und Inhalten hinzufügen, sie als falsch oder irreführend markieren und entsprechend einordnen.
Das Programm gibt es seit 2021 auf Twitter, nun X. Dort werden die User-Notizen öffentlich angezeigt, wenn "genügend Nutzer mit unterschiedlichen Perspektiven" sie als hilfreich bewerten. Wie effektiv solche User-Hinweise Falschinformationen in sozialen Medien eindämmen können und wie verlässlich sie sind, ist umstritten.
Quellen
Hier listen wir die Quellen auf, die wir für die Recherche verwendet haben.
Meta: More Speech and Fewer Mistakes
Meta: Richtlinien zur Faktenprüfung auf Facebook, Instagram und Threads
Meta: Metas Programm für externe Faktenprüfung
Meta: Addressing Hoaxes and Fake News
IFCN: The commitments of the Code of Principles
Statement der Direktorin des IFCN, Angie Holan
Lead Stories: Meta Ends Third-Party Fact-Checking Partnership in the U.S.
BR24: #Faktenfuchs: Wie wir arbeiten
New York Times: Meta Says It Will End Its Fact-Checking Program on Social Media Posts
Tagesschau: Warum Facebook und Instagram Faktenprüfer abschaffen
The Guardian: Facebook to begin flagging fake news in response to mounting criticism
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