Der Vergewaltigungsprozess im französischen Avignon rund um Gisèle Pélicot Mitte Dezember war beispiellos - wegen der Monstrosität, mit der sie ihr Ex-Ehemann Dominique Pélicot über viele Jahre missbrauchte, aber auch wegen des Mutes von Gisèle, den Fall öffentlich zu machen und so für ihre Gerechtigkeit zu kämpfen. 20 Jahren Haft bekam der 72-Jährige letztlich dafür. Nun wurde bekannt, dass er nicht gegen das Urteil vorgehen möchte.
Haupttäter Pélicot will seiner Ex-Frau weitere Belastungen ersparen
Pélicot hatte seine damalige Frau Gisèle fast zehn Jahre lang immer wieder mit Medikamenten betäubt, vergewaltigt, dabei gefilmt und in Internetforen anderen Männern zum sexuellen Missbrauch angeboten. Am 19. Dezember hatten ihn die Richter in Südfrankreich der schweren Vergewaltigung für schuldig befunden und die Höchststrafe für Sexualverbrechen in Frankreich verhängt. Lange war unklar, ob sich Pélicot gegen den Richterspruch zur Wehr setzen würde. Nach Angaben seiner Anwältin wird der Rentner die Strafe nun aber akzeptieren.
Ihr Mandant habe entschieden, "keine Berufung gegen das Urteil einzulegen", sagte Béatrice Zavarro der Nachrichtenagentur AFP. Eine Berufung würde Pélicots Ex-Frau Gisèle zu "neuen Auseinandersetzungen zwingen, was Dominique Pélicot ablehnt", fügte Zavarro hinzu. Für ihren Mandanten sei es an der Zeit, "die Sache juristisch zu beenden". Pelicot könnte damit den Rest seines Lebens hinter Gittern verbringen. Eine vorzeitige Entlassung kann er erst beantragen, wenn er mindestens zwei Drittel seiner Strafe verbüßt hat.
Gerichtsprozess gilt als historisch
Der mehr als drei Monate währende Prozess erschütterte ganz Frankreich. Giséle Pélicot verzichtete dabei auf ihr Recht auf Anonymität als Vergewaltigungsopfer und setzte sich für ein öffentliches Verfahren sein. Die 72-Jährige bestand darauf, dass die Aussagen und schockierenden Beweise - einschließlich der Videos - publik gemacht wurden, "damit die Scham die Seite wechselt". Nach der Urteilsverkündung widmete sie ihren Kampf allen "unbekannten Opfern" sexualisierter Gewalt.
Mehrere Nebentäter legten jedoch Berufung ein
Neben Pélicot waren in dem Prozess 50 Mitangeklagte ebenfalls schuldig gesprochen und zu Haftstrafen zwischen drei und 15 Jahren verurteilt worden. Mehr als 15 von ihnen haben gegen das Urteil Berufung eingelegt. Pélicots Ex-Frau Gisèle wird die Tortur weiterer Verhandlungen wohl also nicht erspart bleiben. Der Fall hat aber eine Debatte darüber ausgelöst, wie Frauen besser geschützt werden können und welche Rolle Männer dabei spielen sollten.
Dass Gisèle Pélicot keine Angst vor einem Berufungsverfahren habe, hatte ihr Anwalt Stéphane Babonneau bereits am Tag nach der Urteilsverkündung dem Sender France Inter gesagt. "Auf jeden Fall hat sie keine Angst davor. Das heißt, wenn es dazu kommen sollte, hat sie uns bereits mitgeteilt, dass sie sich dem stellen wird - natürlich nur, wenn sie gesund genug ist, denn sie ist heute 72 Jahre alt."
Mit Material von afp und ap
Im Video: Verurteilter Haupttäter geht nicht in Berufung
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