Wegen schwerer Vergewaltigung ist der Hauptangeklagte im Missbrauchsprozess um Gisèle Pelicot in Avignon schuldig gesprochen worden. Er wurde zur Höchststrafe von 20 Jahren Haft verurteilt. Dominique Pelicot hatte seine damalige Frau Gisèle fast zehn Jahre lang immer wieder mit Medikamenten betäubt, missbraucht und von Dutzenden Fremden vergewaltigen lassen. Die Taten hatte er vor Gericht gestanden. Der Vorsitzende Richter verkündete am Vormittag zunächst die Schuldsprüche. Das Urteil gegen den 72-Jährigen ist noch nicht rechtskräftig.
Anklage hat teils lange Strafen für Mitangeklagte gefordert
In dem Mammutverfahren in Südfrankreich stehen neben dem Hauptangeklagten 50 weitere Männer vor Gericht, die meisten wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung. Die Urteilsverkündung gegen sie dauerte an. Einem von ihnen legte die Staatsanwaltschaft lediglich sexuelle Gewalt zur Last und forderte vier Jahre Haft.
Gegen alle anderen verlangte sie wegen Vergewaltigung mindestens 10 und maximal 18 Jahre Gefängnis. Nebenklageanwalt Antoine Camus sagte: "Jeder hat in seinem Maß, auf seinem Niveau zu dieser Monstrosität, zu diesem Martyrium dieser Frau beigetragen." Zum Tatzeitpunkt sollen die Männer zwischen 21 und 68 Jahren alt gewesen sein. Dominique Pelicot suchte den Kontakt zu ihnen auf einer Online-Plattform.
Möglicherweise 200 Mal vergewaltigt
Der jahrelange sexuelle Missbrauch von Gisèle Pelicot war vor vier Jahren eher zufällig aufgeflogen. Dominique Pelicot war im September 2020 festgenommen worden, nachdem er Frauen im Supermarkt unter den Rock gefilmt hatte. Polizisten untersuchten den Computer des Mannes. Dieser hatte den Missbrauch an seiner Frau in Hunderten Fotos und Videos dokumentiert.
Gisèle selbst hatte die Übergriffe wegen der starken Medikamente, die ihr damaliger Mann ihr heimlich verabreicht hatte, nicht mitbekommen. Sie geht davon aus, etwa 200 Vergewaltigungen erlitten zu haben. Die Ermittler vermuten auch ein Dutzend weitere Täter, die aber nicht identifiziert werden konnten.
Gisèle Pelicot ist zum Vorbild geworden
Das seit September laufende Verfahren hat Frankreich aufgerüttelt. In einem ungewöhnlichen Schritt entschied sich Gisèle Pelicot dazu, den Prozess nicht hinter verschlossenen Türen führen zu lassen. Sie habe sich nichts vorzuwerfen, betonte die Anfang-Siebzigjährige.
In nur wenigen Wochen wurde Pelicot zum Vorbild und zur feministischen Ikone. Sie wolle, dass andere missbrauchte Frauen durch sie Mut bekämen, sagte sie vor Gericht. "Ich will, dass sie keine Schande mehr verspüren. Nicht wir sollten uns schämen, sondern sie."
Mit Informationen von dpa
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