"Die Stimmung war sehr aufgeheizt und keiner wusste, was passieren wird": So beschreibt eine Frau die Situation auf der Fähre, als Demonstranten am Donnerstag im Hafen von Schlüttsiel Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) am Aussteigen hinderten. Sie war mit Mann und Kindern an Bord, wie sie am Samstag der Nachrichtenagentur dpa schilderte. Auch der über 80-jährige Großvater war dabei. Ihren Namen möchte die Familie nicht öffentlich nennen.
"Es war wirklich unheimlich"
"Wir blieben möglichst weit hinten an Deck, um die Kinder zu schützen", erzählte die Mutter. "Die Kinder haben richtig Angst bekommen und es war wirklich unheimlich." Die Demonstranten hätten in Richtung Habeck gerufen: "Komm' raus du Feigling." Auf einem Schild sei ein aufgemalter Galgen zu sehen gewesen.
Nachdem die Fähre in dem kleinen nordfriesischen Hafen angelegt hatte, habe sich die Familie mit ihrem Gepäck und an den Händen haltend durch die Menge von Bord gedrängt. "Durch die pöbelnden Demonstranten durch. Die dann nichts Besseres zu tun hatten, als auch auf die verängstigten Kinder einzubrüllen", sagte die Mutter. Der Vater ergänzte, schließlich seien sie zum bewachten Parkplatz und zu ihrem Auto gelangt. "Wir waren und sind entsetzt."
Neben Habeck auch Kinder und Senioren an Bord
Habeck war am Donnerstag zu einem privaten Besuch auf Hallig Hooge. An Bord der Fähre befanden sich nach Angaben der Familie auch mehreren Senioren sowie weitere Kinder. Die Familie beschrieb die Situation als extrem bedrohlich. "Protestieren ja, aber das war kaum auszuhalten", sagte der Vater. "Das war so feindselig." Das Verhalten der Schiffsbesatzung nannte die Familie umsichtig und professionell.
Die Fähre mit Habeck und weiteren Passagieren an Bord musste wieder ablegen. Der Minister erreichte das Festland erst mit einer weiteren Fähre in der Nacht zum Freitag. Die Staatsanwaltschaft Flensburg ermittelt wegen Nötigung und möglichen Landfriedensbruchs.
Vorfall löst Debatte über Protestkultur aus
Die Aktion gegen Habeck hat auch eine Diskussion über die Protestkultur in Deutschland ausgelöst. "Zu sehen, wie ein Minister auf einer privaten Reise von einer aggressiven Menschenmenge eingeschüchtert wird und sich nach Bedrohungen in Sicherheit begeben musste, hat viele in unserem Land schockiert, auch mich. Das dürfen wir nicht hinnehmen", sagte etwa Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier der "Bild".
Der Deutsche Bauernverband rief vor der geplanten Protestwoche zur Mäßigung auf. Habeck selbst zeigte sich besorgt über die Stimmung im Land.
Mit Informationen von dpa und AFP
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