Ginge es nach der CSU, würde mit dem Jahr 2024 auch der Bundestagswahlkampf beginnen. "Wir sind bereit, wir haben das Programm, wir haben auch ein neues Outfit", sagt Parteichef Markus Söder und deutet auf den neben ihm stehenden Alexander Dobrindt. Der präsentiert sich in Seeon in schneeweißer Winterjacke.
Auch sonst tut der Chef der Bundestags-CSU einiges, um Söder nicht die ganze Aufmerksamkeit zu überlassen: Es sei nötig, "dass der Bundeskanzler die Vertrauensfrage im Deutschen Bundestag stellt", sagt Dobrindt. "Was wir zurzeit erleben an Polarisierung in der Gesellschaft, an wirtschaftlichem Abschwung, an Migrationskrise, an ungelösten Energiefragen, an Unordnung, ist engstens mit der Respektlos-Politik der Ampel verbunden." Die Ampel habe "schlichtweg fertig", das Land brauche "Chancen statt Scholz". Söder ergänzt, sollte es keine Neuwahlen geben, werde "die AfD das Land mit ihren Thesen belasten".
Bauern-Demo vor dem Kloster
Vor der Auffahrt zum Kloster demonstrieren zwanzig Bauern, ihre Traktoren blockieren eine Fahrbahn. Kein Protest gegen die CSU, beteuern sie, sondern gegen die Ampel. "Wir wollen Präsenz zeigen bei der CSU, damit wir Unterstützung kriegen in unseren Anliegen, besonders jetzt beim Agrardiesel", sagt Milchvieh-Halter Josef Freiwang aus Seeon. Ein Vorgeschmack auf die kommende Woche. In ganz Deutschland wollen dann Bauern ihren Unmut über die Politik der Bundesregierung zeigen.
Ein weiteres Konfliktfeld für die Ampel. Die CSU schöpft daraus wachsende Hoffnung, die Europawahl im Juni könnte zugleich eine Bundestagswahl werden. Die Ampel habe "ihre Legitimation verloren", sagt Dobrindt. Sie müsse "die Entscheidung über die Regierung an die Wähler zurückgeben". Söder: "Auf dieser Ampel liegt kein Segen." Ein wenig Heiterkeit erzeugt der CSU-Chef mit seinem Appell, die Union dürfe sich "nicht ablenken lassen von der K-Frage". Söder selbst äußert sich nicht gerade selten zur Frage, wann und wie der Kanzlerkandidat der Union benannt werden sollte. Heute sagt er, Favorit sei derzeit "ganz klar" CDU-Chef Friedrich Merz.
"Habecks Heizungsverbotsgesetz"
Auf ihrer Klausur, die bis Montag dauert, wollen die CSU-Bundestagsabgeordneten ein Regierungsprogramm verabschieden. Wesentliche Gesetze der Ampel sollen "rückabgewickelt" werden, wie Dobrindt sagt: die leichtere Einbürgerung, die Cannabis-Liberalisierung, die Abschaltung der Atomkraftwerke. Außerdem "Habecks Heizungsverbotsgesetz", wie es im Entwurf des Beschlusspapiers heißt.
Söder: "Sozialhilfe" statt Bürgergeld
Und das Bürgergeld, "weil diejenigen, die arbeiten, mehr haben müssen als diejenigen, die nicht arbeiten". Söder zufolge sollte das Bürgergeld wieder "Sozialhilfe" heißen, "nichts anderes ist es nämlich". Wer arbeiten kann, soll auch arbeiten müssen, um Unterstützung zu erhalten. Wer nicht arbeitet, soll laut CSU-Landesgruppe schärfer sanktioniert werden - bis hin zur völligen Streichung von Hilfen, und zwar ohne zeitliches Limit: "Es muss so lange Leistungsstreichungen geben, wie ein Bürgergeldempfänger sich weigert, zumutbare Arbeit anzunehmen", steht im Beschlussentwurf.
Außerdem fordert die CSU Steuerfreiheit für Überstunden, ein "Zukunftskonto" über 5.000 Euro für junge Menschen, die sich im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes engagieren, eine Drohnenarmee für die Bundeswehr. Parteichef Söder präsentiert in Seeon abermals jene drei Punkte, mit denen er seine Bundespolitik seit einigen Wochen umreißt: Stärkung der Bundeswehr, Wiedereinführung von Atomkraftwerken, eine "echte Wende in der Migrationspolitik".
Dass dieses Programm tatsächlich demnächst umgesetzt werden könnte, halten sie indes nicht mal in der CSU für wahrscheinlich. Vertrauensfrage? Neuwahlen? "Ich gebe zu, dass ich glaube, dass die Ampel sich nicht traut", sagt Markus Söder.
CSU-Klassiker: Verkleinerung der EU-Kommission
Gewählt wird trotzdem im Juni, und zwar das Europaparlament. Deshalb ist am Nachmittag EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Seeon zu Gast. Sie muss sich auf Nachfrage positionieren zum CSU-Vorschlag, die Kommission zu verkleinern: Statt 27 soll es nur noch sieben Kommissare geben. Ein CSU-Klassiker: Schon vor über zehn Jahren forderte die Partei eine Halbierung der EU-Kommission.
Von der Leyen entgegnet, sie halte das Prinzip "sehr hoch", dass alle Mitgliedsstaaten in der Kommission vertreten sein müssten. Für Dobrindt besteht da "kein Widerspruch": Laut CSU sollen die übrigen Mitgliedstaaten in der Kommission "durch beigeordnete Junior-Kommissare vertreten werden". Also nur Symbolpolitik? Entscheidend wäre, welche konkreten Machtbefugnisse Haupt- und Junior-Kommissare jeweils haben sollen. Dazu schweigt das CSU-Papier.
Im Video: BR-Korrespondentin Eva Eichmann zur CSU-Klausur
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