FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai hat die vom Bundeskabinett beschlossene Erhöhung des Bürgergelds ab Januar 2024 infrage gestellt. "Es kann nicht sein, dass wir in Zeiten knapper Kassen und mit der niedrigsten Inflation seit 2021 das Bürgergeld um zwölf Prozent anheben", sagte Djir-Sarai der "Bild am Sonntag". Bundessozialminister Hubertus Heil (SPD) müsse die geplante Erhöhung stoppen. "Es ist völlig klar, dass der Sozialstaat in Deutschland zu viel Geld kostet. Jeder dritte Euro, den die Bundesregierung ausgibt, fließt in Sozialausgaben. Das geht nicht mehr", sagte Djir-Sarai. "Deshalb ist es jetzt dringend notwendig, das Bürgergeld neu zu bewerten. Die geplante Erhöhung zum 1. Januar ist nicht mehr angemessen."
Das Kabinett hatte im September die Anhebung beschlossen. Danach steigt der monatliche Betrag für einen alleinlebenden Erwachsenen von 502 auf 563 Euro. Anders als bei früheren Anpassungen war die monatelang stark erhöhte Inflation aufgrund einer Änderung der Regeln bei der Berechnung für 2024 stärker berücksichtigt worden. Das Bürgergeld hatte zum Jahresanfang 2023 die Hartz-IV-Leistungen abgelöst.
Söder: "Balance zwischen Fördern und Fordern stimmt nicht"
In der Union sorgt die Erhöhung des Bürgergeldes Anfang 2024 für Zwist. Der Sozialflügel stemmt sich gegen Forderungen aus den Parteiführungen, die Erhöhung zu stoppen. CSU-Chef Markus Söder hingegen verlangte, die Anhebung um zwölf Prozent zurückzunehmen.
"Die Ampel muss die für Januar vorgesehene Erhöhung um ein Jahr verschieben und noch einmal völlig neu ansetzen", sagte der bayerische Ministerpräsident dem Magazin "Stern". "Es braucht mehr Motivation, um arbeiten zu gehen. Deshalb werden wir im Bundesrat eine Initiative zur Generalüberholung des Bürgergelds einbringen. Denn die Balance zwischen Fördern und Fordern stimmt nicht", begründete Söder den Vorstoß. "Wer arbeitet, muss erkennbar mehr bekommen als jemand, der nicht arbeitet. Deshalb brauchen wir Änderungen."
Sozialminister Heil wies Forderungen nach Stopp der Erhöhung zurück
Finanzminister Christian Lindner hatte den Bereich Soziales mit dem Bürgergeld als einen von drei Bereichen genannt, um Lücken im Haushalt für 2024 zu stopfen. Mit Blick auf das Bürgergeld wies der FDP-Chef in den Zeitungen der Funke Mediengruppe darauf hin, dass sich die Inflationsrate wesentlich besser entwickelt, als bei der Festlegung des Regelsatzes für 2024 prognostiziert. Die Inflation war im November auf 3,2 Prozent gesunken - die geplante Bürgergeld-Erhöhung ab Januar basiert noch auf einer Inflation von 9,9 Prozent, wie der FDP-Sozialexperte Pascal Kober erklärt hatte.
Sozialminister Heil hatte Forderungen nach Aussetzung der Erhöhung bereits zurückgewiesen. Der Minister verweist auf den Mechanismus, dass die starke Erhöhung mit der hohen Inflation dieses Jahres zu tun hat. Wenn die Inflation aber 2024 wieder sinke, werde die darauf folgende Bürgergelderhöhung "relativ mickrig sein", sagte der Minister unlängst voraus.
CDU-Sozialflügel warnt: Menschen nicht verunsichern
Der Vorsitzende der CDU-Arbeitnehmervereinigung CDA, Karl-Josef Laumann, wandte sich ebenfalls dagegen, die für Anfang 2024 geplante Erhöhung des Bürgergelds zu streichen. "Beim Bürgergeld war eine Anpassung der Regelsätze dringend notwendig", sagte der nordrhein-westfälische Sozialminister dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Es sei falsch, in der aktuellen Haushaltslage nur die Sozialleistungen zu kritisieren. "Niemand darf denken, die CDU stehe nicht an der Seite der kleinen Leute", warnte Laumann.
CDA-Vize Christian Bäumler betonte ebenfalls: "Die Forderung nach Sozialabbau in Deutschland verunsichert die Menschen und gefährdet den sozialen Frieden. Eine Politik, die die Armen immer ärmer und die Reichen immer reicher macht, ist mit dem christlichen Menschenbild nicht vereinbar." Er warnte davor, mit "Sozialstaatspolemik die geistigen Grundfesten der Union" zu zerstören.
Kein Bürgergeld für neu ankommende Ukraine-Flüchtlinge?
Aus der Union kommt noch eine weitere Forderung. Söder will einen Stopp von Bürgergeld-Zahlungen an neu ankommende ukrainische Flüchtlinge. "Es wäre nicht rechtmäßig, etwas rückwirkend zu streichen. Aber für alle neuen Fälle müssen wir umsteuern", sagte der CSU-Politiker. "Und für alle anderen, die neu zu uns kommen, sollte es Sozialleistungen erst nach fünf Jahren statt nach 18 Monaten geben."
Auch der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm, sprach sich dafür aus, die Zahlung von Bürgergeld an neu angekommene Flüchtlinge aus der Ukraine zu beenden. "Dass die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine alle sofort Bürgergeld erhalten, war damals, als es beschlossen wurde, von allen Beteiligten gut gemeint gewesen", sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete der dpa. Die Entscheidung habe sich aber, was die Bereitschaft zur Aufnahme einer Arbeit anbelangt, als kontraproduktiv erwiesen.
Mit Informationen von dpa und epd
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