Islamisten (Symbolbild)
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Festnahme – Die Netzwerke der Islamisten vom Nordkaukasus

Festnahme – Die Netzwerke der Islamisten vom Nordkaukasus

Die Festnahme eines Tschetschenen, der einen Anschlag auf die israelische Botschaft geplant haben soll, offenbart, dass es in Deutschland eine nordkaukasische Islamisten-Szene gibt. Eine Szene, die auch bayerische Verfassungsschützer beschäftigt.

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In Brandenburg wurde ein 18-jähriger Tschetschene festgenommen, der laut ARD-Informationen einen islamistisch motivierten Anschlag auf die israelische Botschaft in Berlin geplant haben soll. Der Antisemitismus innerhalb der tschetschenischen Community sei besonders ausgeprägt, so der tschetschenisch-stämmige Rechtswissenschaftler Adam Ashab im Interview mit BR24. Schon vor dem 7. Oktober 2023, dem Tag des Überfalls der Hamas in Israel, hätten nordkaukasische Prediger in Videos antisemitische Botschaften verbreitet: "Sie haben dazu aufgefordert, sich ihrem Kampf gegen die USA, Israel und dem globalen Zionismus anzuschließen."

Aktive Verbreitung von Extremismus durch nordkaukasische Prediger

Tschetschenien ist eine Teilrepublik, die – wie die weiteren Nordkaukasus-Teilrepubliken Dagestan, Inguschetien, Kabardino-Balkarien und Nord-Ossetien – Teil der Russischen Föderation ist. Die Prediger aus dieser Region leben teils in Europa, teils in den Golfstaaten oder in Syrien. Ihre Botschaften verbreiten sie auf Tschetschenisch und Russisch – ein Bereich, in dem Experten wie Ashab den Durchblick haben.

Er berät die Behörden für die "Fachstelle Islam" in Brandenburg. Brandenburg ist ein Schwerpunkt der Community in Deutschland, in der mehrere zehntausend Nordkaukasier leben. Obwohl diese Zahl relativ klein ist, ist die islamistische Propaganda in dieser Gemeinschaft laut Ashab dennoch stark ausgeprägt. Deshalb dürfe die Gefahr durch nordkaukasische Islamisten nicht unterschätzt werden. Er erlebt immer wieder Jugendliche, die die Sicherheitsbehörden als Gefährder einstufen.

Das sagt der bayerische Verfassungsschutz

Die nordkaukasische Szene steht deutschlandweit im Fokus der Sicherheitsbehörden. Auch der bayerische Verfassungsschutz warnt in seiner Broschüre "Islamismus erkennen" (externer Link) vor der "Nordkaukasischen Separatistenbewegung" (NKSB), die einen unabhängigen islamischen Staat im Nordkaukasus anstrebt.

2007 spaltete sich die Bewegung in das Kaukasische Emirat und die Tschetschenische Republik Itschkeria, beide international nicht anerkannt. 2015 schloss sich das Kaukasische Emirat dem IS an. Einer der bekanntesten Kämpfer war der 2016 verstorbene Omar al-Schischani, ein führender IS-Militärkommandeur.

Auch in Bayern sympathisierten Dschihadisten mit tschetschenischen Anführern islamistischer Terrororganisationen, insbesondere in Syrien, und reisten dorthin, um sich dem Kampf anzuschließen.

Grenzüberschreitende Netzwerke

Die nordkaukasischen Netzwerke sind grenzüberschreitend, wie der Fall des 21-jährigen Schamsudin M. und seines Vaters zeigt. Schamsudin M. wurde 2023 in Deutschland zu drei Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Laut Gericht stand er über Chat mit einem IS-Verantwortlichen in Afghanistan in Kontakt, um in Deutschland für die Terrororganisation aktiv zu werden. Geplant war zunächst ein Sprengstoffanschlag, später ein Messerattentat auf Polizisten.

Sein Vater wurde nach BR24-Informationen 2016 in Belgien wegen Unterstützung des Kaukasischen Emirats und des IS verurteilt. 2017 wurde er nach Polen abgeschoben. Spätestens 2019 soll er sich mit einem gefälschten rumänischen Ausweis nach Deutschland begeben haben.

Nordkaukasier als erfahrene Kämpfer und Ausbilder

Auch die Gruppe "Malhama Tactical" (MT) steht für grenzüberschreitende dschihadistische Netzwerke. Laut Bundesinnenministerium besteht sie vorwiegend aus Kämpfern aus Zentralasien und dem Nordkaukasus, die 2013 und 2014 nach Syrien reisten. MT ist auf die Ausbildung von Elitekämpfern spezialisiert und pflegt enge Beziehungen zu al-Qaida-nahen Organisationen. Auch "deutsche bzw. deutschsprachige" Islamisten könnten nach Ministeriumsangaben dort trainiert worden sein.

Nach längerer Abwesenheit ist MT wieder in sozialen Netzwerken aktiv und wirbt für ihre militärischen Dienste. Wie das Bundesinnenministerium auf BR24-Anfrage mitteilt, sind es vor allem Abspaltungen und Untergruppen der MT, die weiterhin in Syrien operieren und online gezielt für die Ausbildung neuer Dschihad-Kämpfer werben.

Neue Kampf-Gebiete für Islamisten?

Derweil könnte sich Afrika zu einem neuen Schlachtfeld für ausländische Islamisten entwickeln – möglicherweise auch für Kämpfer aus dem Nordkaukasus. Der in Brandenburg festgenommene 18-jährige Terrorverdächtige wollte offenbar nach Somalia ausreisen (externer Link), während ein Deutscher und ein Russe aus seinem Umfeld diesen Schritt bereits vollzogen haben sollen.

Laut der Organisation "Counter Extremism Project" verübten IS-Kämpfer Ende 2024 in Somalia einen Angriff (externer Link) – ohne somalische Beteiligung. Stattdessen identifizierte der IS die Attentäter als Tansanier, Saudi-Araber, Marokkaner, Libyer, Tunesier, Jemeniten und Äthiopier, belegt durch veröffentlichte Bilder.

Im Audio: Anschlag auf israelische Botschaft? 18-Jähriger verhaftet

Israelische Botschaft Berlin (Archivbild)
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Paul Zinken
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Israelische Botschaft Berlin (Archivbild)

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