Deutschland, Landkreis München, Januar 2025, Plakatwand mit Wahlplakaten zur Bundestagswahl am 23. Februar,
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Deutschland, Landkreis München, Januar 2025, Plakatwand mit Wahlplakaten zur Bundestagswahl am 23. Februar

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Rechnung mit vielen Unbekannten: Bayern vor der Bundestagswahl

Rechnung mit vielen Unbekannten: Bayern vor der Bundestagswahl

Es bleibt sehr spannend: Wie viele Parteien schaffen den Sprung in den Bundestag – und wie wirkt sich das auf Mehrheitsverhältnisse aus? Welche Koalitionen werden möglich sein? Bayern könnte dabei eine Schlüsselrolle spielen.

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Er kam schon als Reichskanzler Otto von Bismarck und als König Ludwig zur "Fastnacht in Franken", dieses Mal gab CSU-Chef Markus Söder den "King": "Der King lebt! Heute in Veitshöchheim als Elvis Presley", schrieb er am Freitagabend auf Social Media.

"Fastnacht in Franken": Politische Botschaften der Kostüme

Überraschend gut dazu passte die Verkleidung der bayerischen Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze: Taylor Swift, Königin des Pop. Freie Wähler-Chef Hubert Aiwanger gab in "wirtschaftlich schwierigen Zeiten" einen "soliden Handwerker", der FDP-Landesvorsitzende Martin Hagen zeigte sich als schlagfertiger Bud Spencer. Motto: "Fünf Prozent für ein Halleluja."

Das Politiker-Schaulaufen bei der "Fastnacht in Franken" nur eineinhalb Tage vor der Bundestagswahl bot heuer besonders viel Raum für Spekulationen über politische Botschaften der Kostüme. Grünen-Politikerin Schulze zeigte sich als Taylor Swift im BR Fernsehen zwar offen für ein Duett mit "King" Söder. Ein politisches Miteinander von Christsozialen und Grünen nach der Wahl am Sonntag hatte Söder in den vergangenen Tagen jedoch erneut mehrfach ausgeschlossen. Aber: Die Abstimmung am Sonntag ist eine Rechnung mit vielen Unbekannten.

CSU hofft auf 40 plus x

Sprach man in diesen Tagen mit führenden CSU-Politikern über den Wahlkampf, bekam man viel Positives zu hören: Engagiert habe die Partei gekämpft – und der Frieden mit der Schwesterpartei CDU habe gehalten. Mit ein Grund für die insgesamt gute Stimmung in der CSU sind die Umfragewerte: Erstmals seit Jahren könnten es bei einer großen Wahl wieder 40 Prozent plus x werden. Das gelang der CSU seit dem Amtsantritt von Parteichef Söder nur einmal (Europawahl 2019). Bei der Bundestagswahl 2021 mussten sich die Christsozialen mit 31,7 Prozent begnügen.

Ein gutes CSU-Ergebnis würde zum einen Söders Stellung in der Union stärken. Zum anderen könnte jeder zusätzliche CSU-Prozentpunkt der Union die Mehrheitssuche erleichtern. Traditionell tragen die Christsozialen rund ein Fünftel zum Gesamtergebnis der Union bei.

Wie viele Parteien braucht es für ein stabiles Bündnis?

Während CDU-Chef Friedrich Merz auch eine Koalition mit den Grünen nicht ausgeschlossen hat, pocht Söder auf ein schwarz-rotes Bündnis. Ob der Union ein einziger Partner für eine stabile Regierung überhaupt genügen wird, hängt auch davon ab, wie viele Parteien es ins Parlament schaffen: Überspringen Linkspartei, Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und FDP die Fünf-Prozent-Hürde?

Sollten es zwei dieser drei Parteien schaffen, könnte es eng werden für Schwarz-Rot. Das Worst-Case-Szenario aus CSU-Sicht wäre, dass Linkspartei und BSW in den Bundestag kommen, die FDP nicht. Sollte Schwarz-Rot dann keine Mehrheit haben, kämen zusätzlich die Grünen ins Spiel.

Aiwanger warnt vor Schwarz-Rot-Grün

Mit der Warnung vor genau einer solchen Konstellation versuchen im Wahlkampf-Endspurt die Freien Wähler, für sich zu werben. Parteichef Aiwanger träumt davon, es im dritten Anlauf als FW-Spitzenkandidat erstmals in den Bundestag zu schaffen und einer neuen konservativen Regierung anzugehören. Auf X schrieb er am Freitag: "Freie Wähler als bürgerlicher Koalitionspartner wie in Bayern statt Schwarz-Rot-Grün."

Dass die FW bundesweit die Fünf-Prozent-Hürde überspringen, scheint Umfragen zufolge unwahrscheinlich. Aiwanger setzt daher auf den Gewinn von drei Direktmandaten in Bayern. Würde dies gelingen, bekäme seine Partei so viele Abgeordnete im Bundestag, wie es ihrem bundesweiten Zweitstimmenergebnis entspricht.

FDP-Landeschef Hagen singt für Stimmen

Ähnlich wie die Freien Wähler argumentierte in den vergangenen Tagen in Bayern auch die FDP. Landeschef Hagen griff für ein Instagram-Video sogar zu Ukulele, sang ein paar Schlager-Zeilen, um dann zu fordern: "Wähl die FDP, damit verhinderst Du Schwarz-Grün und ermöglichst einen echten Politikwechsel." Auf einem digitalen "Sonderplakat" der Liberalen heißt es: "Söder den Wortbruch ersparen. FDP wählen, Schwarz-Grün verhindern." Für die bayerische FDP steht viel auf dem Spiel: Aus dem Bayerischen Landtag ist sie schon 2023 geflogen, nun muss sie um ihre Zukunft im Bundestag bangen.

AfD könnte zweitstärkste Kraft in Bayern werden

Und noch eine Partei nimmt für sich in Anspruch, der Garant dafür zu sein, dass es zu keiner Unions-Regierung mit den Grünen kommt. "Nur die AfD kann Schwarz-Grün verhindern", verkündete der bayerische AfD-Landesvorsitzende und -Spitzenkandidat Stephan Protschka diese Woche in den sozialen Medien. Die Bundestagswahl am Sonntag erklärte er kurzerhand zur "größten Demo gegen links". Wie schon bei der Europawahl könnte die AfD zweitstärkste Kraft in Bayern werden, wenngleich sie Umfragen zufolge im Freistaat unter ihren Bundeswerten liegt.

Generationenwechsel bei den Grünen

Die Grünen versuchten es im aktuellen Wahlkampf mit einem Generationenwechsel: Bayerische Spitzenkandidatin ist erstmals seit 2002 nicht Claudia Roth, sondern die 31 Jahre alte Chefin der bayerischen Landesgruppe im Bundestag, Jamila Schäfer. Die Münchnerin hatte 2021 für ihre Partei das einzige Direktmandat geholt. Für die bayerischen Grünen geht es in erster Linie darum, ihr Wahlergebnis von 2021 (14,1 Prozent) ungefähr zu halten – trotz der in der Bevölkerung verbreiteten Enttäuschung über die Ampel-Politik.

SPD muss deutliche Verluste fürchten

Deutliche Verluste gegenüber 2021 (18 Prozent) müssen im Freistaat die Sozialdemokraten befürchten. Für die gebeutelte bayerische SPD dürfte es in erster Linie um die Frage gehe, ob sie wenigstens zweistellig wird. Das gelang ihr zuletzt weder bei der Europa- noch bei der Landtagswahl. Gespannt darf man sein, wie viel Zuspruch Linkspartei und Bündnis Sahra Wagenknecht im Freistaat bekommen.

Rund 9,2 Millionen Bayern dürfen abstimmen

Insgesamt können sich die Wahlberechtigten in Bayern zwischen 17 Landeslisten entscheiden. Ihre Kreuzchen machen dürfen im Freistaat rund 9,2 Millionen Menschen, unter ihnen auch etwa 362.000 Erstwählerinnen und Erstwähler. Auch wenn sich in Umfragen in den vergangenen Monaten nicht substanziell viel veränderte, ist das Wahlergebnis völlig offen: Denn viele Wahlberechtigte hatten sich bis zuletzt nicht entschieden, wem sie ihre Stimme geben wollen.

Im Video: Ehrenamtliche Wahlhelfer im Einsatz

Ehrenamtliche Wahlhelfer im Einsatz
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Ehrenamtliche Wahlhelfer im Einsatz

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