Der Franzose leitete die die EU-Kommission von 1985 bis 1995.
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Ein wahrer Europäer ist tot: Jaques Delors ist im Alter von 98 Jahren in Paris gestorben.

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Früherer EU-Kommissionspräsident Jacques Delors gestorben

Früherer EU-Kommissionspräsident Jacques Delors gestorben

Jacques Delors stand viele Jahre an der Spitze der EU-Kommission. Er setzte sich stets entschlossen für die europäische Einigung ein. Nun ist der Franzose hochbetagt im Alter von 98 Jahren in seinem Haus in Paris gestorben. Die Anteilnahme ist groß.

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Der frühere EU-Kommissionspräsident Jacques Delors ist tot. Der Franzose starb am Mittwoch im Alter von 98 Jahren in Paris, wie seine Tochter Martine Aubry der Nachrichtenagentur AFP mitteilte. "Er ist heute Morgen in seinem Haus in Paris im Schlaf gestorben", erklärte Aubry, die Bürgermeisterin von Lille ist.

Einer der Gründerväter der Währungsunion

Der am 20. Juli 1925 in Paris geborene französische Sozialist war von 1981 bis 1984 Wirtschafts- und Finanzminister unter Präsident François Mitterrand, bevor er 1985 nach Brüssel ging. An der Spitze der EU-Kommission setzte er sich maßgeblich dafür ein, die Idee der europäischen Integration wiederzubeleben und voranzutreiben.

Er leitete die EU-Kommission von 1985 bis 1995 und gilt als einer der Gründerväter der Währungsunion.

Verzicht auf Präsidentschaftskandidatur trotz zahlreicher Verdienste

Ohne Jacques Delors wäre die Europäische Union heute eine andere: Zehn Jahre lang stand der Franzose an der Spitze der Europäischen Kommission und hat die Union entscheidend mitgestaltet. In Delors' Amtszeit machte der Vertrag von Maastricht die Europäischen Gemeinschaften zur Europäischen Union.

Als seine Verdienste gelten die Vollendung des EU-Binnenmarkts, die Unterzeichnung des Schengener Abkommens und der Beginn der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU), die zur Einführung des Euro führte. Delors gilt daher als Architekt der modernen EU.

In Frankreich verzichtete Delors 1995 auf die Präsidentschaftskandidatur der Sozialisten, obwohl er als aussichtsreichster Bewerber gegolten hatte.

Delors für Bundeskanzler Scholz der "Baumeister der EU"

Zahlreiche Vertreter aus der Politik würdigten heute Delors' Verdienste. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nannte ihn etwa den "Baumeister der EU, wie wir sie heute kennen". Es sei nun "unsere Verantwortung sein Werk heute zum Wohle Europas weiterzuführen".

Von der Leyen: Lebenswerk hat Generationen geprägt

Die derzeit amtierende EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bezeichnete Delors als Visionär, der Europa gestärkt habe. Sein Lebenswerk sei eine geeinte, dynamische und prosperierende Europäische Union, das ganze Generationen von Europäern geprägt habe.

EU-Ratspräsident Michel erklärte, Delors habe die EU in eine "wahre Gemeinschaft umgewandelt, die auf humanistischen Werten beruht und sich auf einen einheitlichen Markt und eine einheitliche Währung stützt".

Macron ehrt Delors als "Kämpfer für menschliche Gerechtigkeit"

Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron würdigte ihn auf der Online-Plattform X als "Kämpfer für menschliche Gerechtigkeit". Macron schrieb: "Sein Engagement, seine Ideale und seine Rechtschaffenheit werden uns immer inspirieren. Ich würdige seine Arbeit und sein Andenken und teile den Schmerz seiner Lieben."

Die Präsidentin des Europaparlaments, Roberta Metsola, schrieb auf X, mit dem Tod von Jacques Delors verliere die EU einen Giganten. Als Präsident der Europäischen Kommission und Mitglied des Europäischen Parlaments habe er sich unermüdlich für ein vereintes Europa eingesetzt. "Generationen von Europäern werden weiterhin von seinem Vermächtnis profitieren", so die EU-Spitzenpolitikerin.

Delors als "Ehrenbürger Europas"

2015 wurde Delors für seinen "bemerkenswerten Beitrag zur Entwicklung des Europäischen Projekts" als "Ehrenbürger Europas" geehrt. Weitere "Ehrenbürger Europas" sind Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl und Jean Monnet, einer der Gründerväter der europäischen Einigung.

Als die EU-Mitgliedsstaaten 2020 während der COVID-Pandemie um eine gemeinsame Lösung rangen, war es auch Delors, der die Staats- und Regierungschefs zu mehr Solidarität aufrief.

Mit Informationen von AFP und dpa

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