Die Grünen im Bundestag wollen bei einem Treffen in Leipzig soziale Themen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken.
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Karl-Josef Hildenbrand
Audiobeitrag

Das Logo der Partei Bündnis 90/Die Grünen auf einer Fahne

Audiobeitrag
>

Grüne in Klausur: Zusammenhalt statt Zumutungen

Grüne in Klausur: Zusammenhalt statt Zumutungen

Mehr Mindestlohn, Klimageld, und eine Preisgarantie für das 49-Euro-Ticket – die Grünen im Bundestag wollen bei einem Treffen in Leipzig soziale Themen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken. Ob das auch der Ampel hilft? Eine Analyse.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Viele Menschen haben die Grünen zuletzt mit politischen Zumutungen in Verbindung gebracht: Heizungsaustausch, Tierwohlabgabe und weniger Subventionen beim Agrardiesel. Jetzt versuchen die Bundestagsabgeordneten der Grünen eine Trendumkehr. Bei einer Klausur in Leipzig beraten sie über verschiedene Positionspapiere, deren Entwürfe BR24 vorliegen. Die Botschaft dahinter: Wir kümmern uns in unruhigen Zeiten um soziale Sicherheit und stärken so den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Ob das gelingen kann?

Preisgarantie für Deutschlandticket und Klimageld

So schlägt die Grünen-Fraktion zum Beispiel vor, eine Preisgarantie für das Deutschlandticket zu geben. Es soll dauerhaft 49 Euro im Monat kosten. Die Bundesländer beklagen allerdings schon länger, dass das ein finanzieller Kraftakt sei. Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) hat klargemacht, dass der Preis aus seiner Sicht dauerhaft nicht zu halten ist.

Beim Klimageld wollen die Grünen den Druck auf Bundesfinanzminister Christian Lindner erhöhen. Der FDP-Chef soll sich um den Auszahlungsweg kümmern und macht das aus Sicht der Grünen nicht zügig genug. Das Klimageld steht schon im Koalitionsvertrag. Es soll die höheren Energiekosten durch steigende CO-Preise abfedern.

Bayern-FDP stellt sich gegen Mindestlohn-Vorschlag

Ohnehin sind Konflikte mit der FDP vorprogrammiert – auch bei der Mindestlohn-Idee der Grünen. Sie wollen laut Positionspapier die Untergrenze für den Mindestlohn auf 60 Prozent des Medianlohns festschreiben. Der Medianlohn ist das mittlere Einkommen von Vollzeitbeschäftigten. Für dieses Jahr kommen die Grünen so auf einen Mindestlohn von deutlich mehr als 14 Euro in der Stunde, für 2025 wären es knapp 15 Euro. Aktuell liegt er bei 12,41 Euro.

Bisher handelt eine Kommission aus Arbeitgebern und Arbeitnehmern die Höhe des Mindestlohns aus. Dabei soll es nach Ansicht der FDP auch bleiben. Die bayerische Landeschefin Katja Hessel, die parlamentarische Staatssekretärin in Lindners Finanzministerium ist, hält es für falsch, die Höhe des Mindestlohns politisch festzulegen. Aus ihrer Sicht gefährdet das Arbeitsplätze und den Wirtschaftsstandort.

Grüne wollen die Schuldenbremse lockern

Um die Wirtschaft anzukurbeln, schlagen die Grünen einen Investitionsfonds für Bund, Länder und Kommunen vor. So soll im großen Stil privates Geld eingesammelt werden, zum Beispiel für Solarparks und Batteriefabriken. Auch Bahn und Fahrradwege können nach Vorstellung der Grünen daraus finanziert werden. Zuerst müssten aber die Regeln für die Schuldenbremse gelockert werden.

Das dürfte aber sowohl mit dem Koalitionspartner FDP, als auch mit den Oppositionsparteien CDU und CSU schwer zu machen sein. Deren Stimmen wären nötig, um das Grundgesetz entsprechend zu ändern. Zuletzt hatte die Union die Gespräche über andere Änderungen des Grundgesetzes abgebrochen. Eine Verständigung scheint also aktuell sehr unwahrscheinlich.

Was die Grünen mit ihren Positionspapieren bei der Klausur in Leipzig beschließen wollen, wirkt ohnehin eher wie ein Plan für eine Zeit nach der Ampel. Die Bruchkanten der Koalition, die völlig unterschiedliche Sichtweise der drei Parteien auf die Rolle von Staat und Politik, scheinen sie gar nicht mehr überdecken zu wollen.

Rückenwind durch Demokratie-Demonstrationen

So laut die Proteste der Landwirte gegen die geplanten Kürzungen bei den Agrardiesel-Subventionen zuletzt waren – die Grünen fühlen sich nicht in der Defensive. Das hat Fraktionschefin Katharina Dröge im BR24-Interview der Woche erkennen lassen. Die Demonstrationen gegen Rechtsextremismus und für eine starke Demokratie sieht Dröge als Rückenwind: "Das hat eine enorme Veränderung der politischen Debatte, des politischen Klimas in diesem Lande erbracht. Das ist aus meiner Sicht die allergrößte Unterstützung, die es gerade gibt."

Der gesellschaftliche Zusammenhalt steht im Mittelpunkt der Fraktionsklausur in Leipzig. Mit externen Gästen wollen die 118 Bundestagsabgeordneten diskutieren, wie die Politik den Menschen in unruhigen Zeiten Sicherheit geben kann. Dass die Vorschläge der Grünen den Zusammenhalt in der Ampelkoalition stärken, ist dagegen unwahrscheinlich. Das zeigen schon die ersten Reaktionen der FDP.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!