Habeck will Sozialabgaben auf Kapitalgewinne – Lob und Kritik
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Habeck will Sozialabgaben auf Kapitalgewinne – Lob und Kritik

Der Grünen-Kanzlerkandidat hat mit der Forderung nach Einbeziehung von Kapitaleinkünften in die Finanzierung der Krankenkassen eine Debatte ausgelöst. Gegen den Vorstoß gibt es Widerspruch von Union und FDP. Lob kommt vom Sozialverband Deutschland.

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Aktienanleger sollen nach einem Vorstoß von Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck für die Sozialversicherung in Deutschland herangezogen werden. Ihre Einkünfte aus Kapitalerträgen sollen somit künftig auch der Finanzierung beispielsweise der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) dienen. "Wir würden gern die Beitragsgrundlage erhöhen", sagte Habeck am Sonntagabend in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin".

Habeck kritisierte, dass Kapitalerträge bislang von Sozialversicherungsbeiträgen freigestellt seien. "Warum soll eigentlich Arbeit höher belastet sein als Einkommen durch Kapitalerträge? Deswegen schlagen wir vor, dass wir auch diese Einkommensquellen (...) sozialversicherungspflichtig machen." Damit werde der Druck auf die Arbeitslöhne deutlich reduziert: "Das wäre sozusagen ein Schritt zu mehr Solidarität innerhalb des Systems."

Viel Kritik, auch aus Bayern

Umgehend hagelte es Kritik, unter anderem aus der CSU: "Die Grünen wollen nicht nur höhere Steuern. Jetzt wollen sie auch noch ans Sparguthaben der Menschen und ihre Erträge ran", sagte Parteichef Markus Söder der Deutschen Presse-Agentur. "Das lehnen wir grundlegend ab. Auf schon einmal versteuertes Geld dürfen keine zusätzlichen Beiträge und Steuern erhoben werden."

Gegen die Erhebung von Sozialbeiträgen auf Kapitaleinkünfte wandte sich auch die FDP. Parteichef Christian Lindner warnte in der Mediengruppe Bayern vor einem "Abkassieren der Mittelschicht". Dies sei "verstörend" und "ein Angriff auf Millionen Sparer, die eigenverantwortlich vorsorgen".

Gegenvorschlag von Lauterbach

Ablehnung kam auch aus der CDU: "Von Herrn Habecks Vorschlag wären Millionen Sparer betroffen und viele Unternehmen", sagte der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Jens Spahn (CDU), dem "Handelsblatt". "Wer die Leistungsbereitschaft ersticken und unsere Wirtschaft endgültig abwürgen will, kommt auf solche Ideen."

Gesundheitsminister Karl Lauterbach reagierte mit einem Gegenvorschlag. "Bevor wir bei GKV Versicherten auch noch die Rücklagen für das Alter mit Beiträgen belasten, sollten wir privat Versicherte an Solidarität beteiligen", schrieb der SPD-Politiker auf der Plattform X. "Sie zahlen für Familien, Arbeitslose, Geringverdiener, Menschen mit Behinderung nicht mit. Das ist falsch."

Lob vom Sozialverband Deutschland

Positiv zu dem Vorschlag Habecks äußerte sich der Sozialverband Deutschland (SoVD). "Aus verteilungspolitischer Sicht ist das ein sehr guter Vorstoß – und eine alte SoVD-Forderung", sagte die SoVD-Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier. "Warum sollen für diese Aufgaben nur Löhne und Gehälter belastet werden?", fragte sie weiter in den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Das ist schlicht ungerecht." 

Engelmeier wies darauf hin, die zuletzt immer stärker gestiegenen Zusatzbeiträge der Kassen würden vor allem niedrige und mittlere Einkommen besonders stark belasten. "Darum wären Kassenbeiträge auf Kapitalgewinne nur solidarisch." Die SoVD-Vorsitzende forderte, auch andere Einkommensarten etwa aus Vermietungen in die Beitragsberechnung einzubeziehen.

Grüne wollen "großzügige Freibeträge"

Grünen-Parteichef Felix Banaszak ergänzte, die Pläne der Grünen sähen "großzügige Freibeträge" vor, um Kleinsparer nicht zusätzlich zu belasten. Es gehe daher bei den Sozialbeiträgen nur um "Kapitalerträge ab einer bestimmten Grenze". Einen konkreten Grenzwert nannte er allerdings nicht. Der Union warf Banaszak vor, sie habe bisher kein Konzept vorgelegt, "wie die Kranken- und die Pflegeversicherung abgesichert und die Menschen vor weiter steigenden Beiträgen geschützt werden sollen".

"Für normale Sparer wird sich gar nichts ändern", versicherte auch Grünen-Wahlkampfleiter Andreas Audretsch. "Wer aber seinen Lebensunterhalt hauptsächlich aus Zinsen oder Dividenden bestreitet, sollte auch einen Beitrag leisten, sodass die Krankenversicherung für alle bezahlbar bleibt", erklärte er weiter in Berlin.

TK-Chef befürchtet weiteren Anstieg der Beiträge

Zu Jahresbeginn haben viele Krankenkassen ihre Zusatzbeiträge so stark erhöht wie seit Jahrzehnten nicht. Die Zusatzbeiträge sind ein Aufschlag auf den allgemeinen Beitragssatz von 14,6 Prozent. Der durchschnittliche Zusatzbeitrag liegt aktuell bei 2,5 Prozent, 0,8 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. De facto sind die Zusatzbeiträge der Kassen aber oft höher.

Der Chef der Techniker Krankenkasse, Jens Baas, hatte zuvor vor einem weiteren deutlichen Anstieg der Krankenkassenbeiträge gewarnt. Ohne politisches Eingreifen drohe in diesem Jahrzehnt ein Anstieg auf 20 Prozent, sagte Baas der "Süddeutschen Zeitung"

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