Joachim Herrmann (CSU), Innenminister von Bayern
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Herrmann zeigt Verständnis für Energiepreis-Proteste

In Leipzig soll am Montagabend eine Demonstration gegen die hohen Energiepreise stattfinden. Dazu hat die Linkspartei aufgerufen. Bayerns Innenminister Herrmann zeigt Verständnis für die Wut der Bürger - die Symbolik kritisiert er jedoch deutlich.

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Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hat Verständnis für die am Montag geplanten Demonstrationen gegen die hohen Energiepreise geäußert. Er könne "nachvollziehen, dass zurzeit viele Menschen mit der Energiepolitik der Bundesregierung unzufrieden sind", sagte Herrmann den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Dies gelte insbesondere, wenn man etwa an die "verunglückte" Gasumlage denke, ergänzte der CSU-Politiker.

Es sei die Aufgabe der Bundesregierung, erst gar keine Situation entstehen zu lassen, die Bürgerinnen und Bürger veranlasse, in Massen auf die Straße zu gehen, sagte der Minister. Wenn die Regierung für eine funktionierende Energieversorgung sorgen würde, zum Beispiel durch eine Verlängerung der Laufzeiten der sicheren deutschen Kernkraftwerke, entzöge sie Protesten von vornherein den Nährboden.

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Kritik an "Montagsdemonstrationen"

Kritisch äußerte sich Herrmann jedoch über Energiepreis-Proteste von linken Gruppierungen. Er halte es für fragwürdig, "dass nun gerade die SED-Erben versuchen, die Symbolik der Montagsdemonstrationen zu übernehmen und diesen Begriff für sich besetzen".

In Leipzig soll am Montagabend eine Demonstration gegen die Gasumlage und die hohen Energiepreise stattfinden. Zu dieser hatte die Linkspartei aufgerufen. Nach Angaben der Stadt werden bis zu 4.000 Teilnehmende erwartet. Zeitgleich und ebenfalls in Leipzig will die rechtsextreme Gruppe Freie Sachsen gegen die Energiepolitik auf die Straße gehen.

Auch in der Linkspartei umstritten

Innerhalb der Linkspartei sind die Montagsdemonstrationen daher umstritten. Parteiinterne Kritiker wie Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow warnten davor, bei den Protesten sich nicht klar von Rechtsextremen abgrenzen zu können.

Wissler verteidigt Leipziger Montagsdemo

Linken-Chefin Janine Wissler hat die für Montagabend in Leipzig geplante Montagsdemo gegen die hohen Energiepreise dagegen erneut gegen Kritik auch aus den eigenen Reihen verteidigt. Es sei doch "vollkommen klar, dass die Linke nicht gemeinsam mit Rechten auf die Straße geht", sagte Wissler im Deutschlandfunk. "Und wir werden auch den Rechten nicht die Straße überlassen - und zwar nicht montags und an keinem anderen Tag."

Die Montagsdemonstrationen, die in der DDR in die friedliche Revolution und schließlich in den Mauerfall mündeten, wurden in den vergangenen Jahren vor allem von rechten Gruppen immer wieder als Etikett etwa für die Proteste gegen die Corona-Maßnahmen ausgenutzt.

Kritik an Entlastungspaket der Bundesregierung

Mit seiner Kritik an den von der Ampel-Koalition geplanten weiteren Schritte zum Abfedern der gestiegenen Energiepreise ist Herrmann indes nicht allein. Das Paket werde der Krise nicht gerecht, sagte CDU-Generalsekretär Mario Czaja. Eine Entlastung von Normalverdienern der gesellschaftlichen Mitte sei nicht erreicht worden, auch nicht für mittelständische Betriebe. Angesichts eines drohenden Energiemangels fehlten außerdem Aussagen zum Angebot wie etwa zu einer Verlängerung der Atomkraftnutzung.

Die Spitzen von SPD, Grünen und FDP hatten am Sonntag ein drittes Entlastungspaket im Gesamtvolumen von 65 Milliarden Euro vorgestellt. Dazu gehört, dass für einen Basisverbrauch an Strom ein günstigerer Preis gelten soll.

Chefvolkswirte: Entlastungspaket kann Rezession nicht verhindern

Mit dem Entlastungspaket kann Deutschland nach Prognose von Ökonomen einer Rezession allerdings nicht mehr entkommen. "Das dritte Entlastungspaket ändert wenig daran, dass Deutschland im Herbst in eine Rezession abgleiten dürfte", sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer der Nachrichtenagentur Reuters.

"Das Paket wird wahrscheinlich nicht ausreichen, um zu verhindern, dass die Gesamtwirtschaft in eine Rezession gerät", sagte auch ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski. Die am Sonntag beschlossenen Maßnahmen machten weniger als zwei Prozent des deutschen Bruttoinlandsproduktes aus und reichten nicht an die fiskalischen Anreize wegen der Corona-Pandemie heran, die sich auf etwa 15 Prozent des BIP beliefen. Der massive Energiepreisanstieg stelle in erster Linie einen Angebotsschock dar, sagte Krämer.

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Auch Lob für Paket - Frage nach Eingriff in Strommarkt

Es gibt auch Lob für das Entlastungspaket, so zum Beispiel von der Wirtschaftsweise Veronika Grimm aus dem Sachverständigenrat der Bundesregierung. Grimm stellte in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" die zielgerichtete Unterstützung besonders belasteter Gruppen wie Rentner und Studenten heraus. Zuschüsse bekämen vor allem Menschen, die Härten selbst nicht abfedern können.

Die geplanten Maßnahmen am Strommarkt sowie zum Schutz besonders belasteter Gaskunden seien aber noch zu wenig konkret, sagte Grimm. Bei der Abschöpfung von "Zufallsgewinnen" dürfe man nicht über das Ziel hinausschießen, um Investitionen nicht unattraktiv zu machen. "Diese Investitionen brauchen wir dringend, um die Energiekrise mittelfristig zu überwinden."

Klingbeil: Strompreisbremse wichtiges Signal an Verbraucher

Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil hat die von der Ampel-Koalition geplanten Eingriffe in den Strommarkt indes verteidigt. "Das ist ein wichtiges Signal zu sagen: Wir greifen in den Strommarkt ein und da, wo Gewinne durch Zufall passieren, werden wir diese Gewinne abschöpfen, und wir geben sie an die Verbraucherinnen und Verbraucher zurück", sagte Klingbeil im ZDF-"Morgenmagazin". Vor ein paar Tagen habe er nicht gedacht, dass sich der Koalitionsausschuss darauf einigen würde.

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