FDP-Bundesfinanzminister Christian Lindner sieht die Schuld dafür, dass die Senkung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie zum Jahresende auslaufen wird, bei den Koalitionspartnern der Ampelregierung. "Wenn alle Parteien an einem Strang gezogen hätten, wäre eine weitere Verlängerung drin gewesen", sagte Lindner der "Bild am Sonntag". "SPD und Grüne hatten aber andere Prioritäten."
Lindner: Reduzierte Mehrwertsteuer als Krisenhilfe
Die reduzierte Mehrwertsteuer von sieben Prozent sei eine Krisenhilfe für die Gastronomie gewesen, die aufgrund der damaligen Entscheidungen der Großen Koalition schon dieses Jahr entfallen wäre. "Das konnte ich für 2023 verhindern", sagte Lindner der Zeitung. Er verstehe, dass viele die Rückkehr zum Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent auf Speisen in Restaurants bedauern würden.
Die Ampel-Fraktionen hatten in der Nacht zum Freitag beschlossen, den reduzierten Satz von sieben Prozent für die Gastronomie zum Jahresende auslaufen zu lassen. Denn nach dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klimafonds steht fest: Der Bundesregierung fehlen 60 Milliarden Euro. An vielen Stellen muss neu gerechnet werden. Lindner kündigte in der "Bild am Sonntag" Kürzungen bei der Wirtschaftsförderung an.
Anstieg von Restaurant-Preisen – trotz der sieben Prozent
Die Mehrwertsteuersenkung für die Gastronomie war Mitte 2020 eingeführt worden – in den ersten Monaten der Corona-Pandemie. Für einige Zeit galt wegen einer weiteren allgemeinen Mehrwertsteuersenkung sogar nur ein Satz von fünf Prozent, seit Januar 2021 waren es durchgehend sieben Prozent.
Die Senkung für die Gastronomie wurde aufgrund der Energie-Krise und der zeitweise hohen Inflation besonders bei Lebensmitteln dann immer wieder verlängert. Die Bundesregierung verband damit die Hoffnung, dass die Gastronomen die Mehrkosten durch Energie und Inflation nicht sofort an die Kunden weitergeben.
Doch die Preise in den Restaurants, Cafés und Bars stiegen in den vergangenen beiden Jahren trotzdem bundesweit deutlich: Nach Zahlen des Statistischen Bundesamts kosteten "Gaststättendienstleistungen" im Oktober rund 20 Prozent mehr als im Januar 2021. Im Vergleich zu Februar 2022, also dem Monat, in dem der Ukraine-Krieg begann, liegt das Plus bei etwas mehr als 14 Prozent. Der Wirtschaftswissenschaftler Marcel Fratzscher erwartet nun noch weiter steigende Preise für Gäste um rund zehn Prozent.
Wirte erwarten Insolvenzen
Der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga reagierte auf die Entscheidung, dass die Senkung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie zum Jahresende auslaufen wird, empört. Der Präsident, Guido Zöllick, erklärte, Tausende Existenzen seien nun gefährdet, der Verlust von Lebensqualität und gastronomischer Vielfalt drohe.
Die bayerische Landespräsidentin Angela Inselkammer sagte, die Ampel-Koalition nehme "Insolvenzen, Ausbildungs- und Arbeitsplatzverluste im ländlichen Raum und die Verteuerung von Speisen in nahezu allen Bereichen unseres Lebens in Kauf". Der Mittelstandsverband BVMW befürchtet, dass durch die Anhebung der Mehrwertsteuer allein im Freistaat etwa 2.400 Betriebe vor dem Aus stehen. In Bayern beschäftigt die Gastronomie rund 450.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
- Zum Artikel: "Wann gilt welche Mehrwertsteuer in der Gastronomie?"
Im Audio: Wer auswärts essen geht, zahlt ab dem neuen Jahr wieder den vollen Mehrwertsteuersatz.
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