Vor der CDU-Parteizentrale in Berlin haben am Abend mehrere hundert Menschen gegen das gemeinsame Abstimmen von Union und AfD für eine schärfere Migrationspolitik im Bundestag demonstriert.
Zu der Kundgebung unter dem Motto "Brandmauer statt Brandstiftung" hatten unter anderem Amnesty International, Seebrücke und andere Organisationen aufgerufen. Mehr als 1.000 Menschen nahmen an der Protestaktion teil, wie ein Polizeisprecher dem rbb (externer Link) sagte.
Berichten zufolge kam es auch in mehreren anderen Städten zu Demonstrationen. So versammelten sich etwa in Köln mehrere Hundert Menschen vor einem CDU-Parteibüro.
Schuster: AfD mit Abstimmung Bühne bereitet
Zuvor hatte erstmals ein Antrag im Parlament mithilfe der AfD eine Mehrheit bekommen. Die in Teilen als rechtsextremistisch eingestufte Partei stimmte am Mittwoch für einen Fünf-Punkte-Plan von CDU/CSU zur Verschärfung der Migrationspolitik.
Auch der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, zeigte sich enttäuscht: "Klar ist, dass im Interesse unserer Gesellschaft, ein Wandel im Umgang mit illegaler Migration in Deutschland notwendig ist. Ich finde es enttäuschend, dass die demokratischen politischen Kräfte in unserem Land – auch in Zeiten des Wahlkampfs – nicht in der Lage waren, sich auf ein gemeinsames Vorgehen zu einigen und damit der AfD diese Bühne bereitet haben", sagte er nach der Abstimmung. Indem die AfD wiederholt diese Rolle erhalte "lassen wir zu, dass Rechtspopulismus und Rechtsextremismus unsere gesellschaftlichen Debatten bestimmen".
Kirchen befürchten "massiven Schaden" für die Demokratie
Die beiden großen Kirchen hatten Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz schon vor der Abstimmung mit ungewöhnlich scharfen Worten davor gewarnt, für einen härteren Kurs in der Migrationspolitik AfD-Stimmen in Kauf zu nehmen. Die Fraktionen hätten sich mit der Auflösung der Ampel-Koalition verständigt, keine Abstimmungen herbeizuführen, in der die Stimmen der AfD ausschlaggebend seien, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der Berliner Vertreter der katholischen Bischöfe und des Rats der Evangelischen Kirche. "Wir befürchten, dass die deutsche Demokratie massiven Schaden nimmt, wenn dieses politische Versprechen aufgegeben wird."
Merz will Begriff "Brandmauer" nicht verwenden
Kanzler Olaf Scholz (SPD) erklärte am Abend, er werde noch eine Zeit brauchen, "zu verarbeiten, was wir heute gemeinsam erlebt haben". Der Tag der Abstimmung werde sicherlich von manchen als historisch beschrieben werden, schrieb er auf X. Das Votum sei "ein schlechtes Zeichen. Für das Parlament. Und auch für unser Land".
Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz verteidigte das Vorgehen. "Wir haben jetzt das, was wir für richtig halten, in den Bundestag eingebracht und dafür auch eine Mehrheit bekommen", sagte er in den ARD-Tagesthemen. Die Union habe den Antrag nicht mit der AfD abgestimmt. "Zusammenarbeit ist Zusammenarbeit und nicht, eine Abstimmung zu stellen, wo dann andere zustimmen oder nicht zustimmen." Dies ist allerdings eine Abkehr von seiner Position von November. Damals hatte der Oppositionsführer betont, keine Gesetzentwürfe einzubringen, bei dem der AfD die Rolle als Mehrheitsbeschafferin zufallen könnte.
Zudem betonte der CDU-Chef, dass er selbst das Wort "Brandmauer" nicht verwende, mit dem vor allem die CDU bisher eine Zusammenarbeit mit der vom Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuften AfD auf Bundes- und Landesebene abgelehnt hat. "Brandmauer ist das falsche Bild. Ich möchte, dass der Brand hinter der Mauer nicht zum Flächenbrand in ganz Deutschland wird", sagte Merz.
Im Video: Unions-Antrag zu Migration angenommen
Mit Informationen von dpa und Reuters
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