Zum zweiten Mal binnen sechs Monaten hat der Iran am Dienstag Israel mit Raketen angegriffen – mindestens ein Mensch wurde dabei getötet. Im ganzen Land sei Raketenalarm ausgelöst worden, teilte die israelische Armee mit. Sie wies die Bevölkerung an, sich in Sicherheit zu bringen – gab am Abend jedoch vorläufig Entwarnung.
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Netanjahu kündigt Vergeltung an
Nach israelischen Militärangaben feuerte der Iran 180 Raketen auf Israel. "Eine große Anzahl" sei abgefangen worden. Es habe aber auch ein paar Einschläge im Zentrum und im Süden des Landes gegeben, teilte Armeesprecher Daniel Hagari mit.
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu kündigte nach dem iranischen Angriff Vergeltung an. "Der Iran hat heute Abend einen großen Fehler gemacht – und er wird dafür bezahlen", sagte Netanjahu nach Angaben seines Büros dem israelischen Sicherheitskabinett.
Israel berät mit USA über mögliche Reaktion
Wie das aussehen könnte, zeigt ein Bericht des US-Nachrichtenportals Axios, das sich auf israelische Behördenvertreter beruft. Demnach will Israel innerhalb der kommenden Tage mit einer "erheblichen Vergeltungsmaßnahme" reagieren. Ziel könnten Ölanlagen im Iran und andere strategische Standorte sein, so Axios.
Israel hält sich noch bedeckt. Auch die USA haben sich eingeschaltet. Aktuell liefen mit Israel Gespräche über eine mögliche Reaktion, sagte US-Präsident Joe Biden. Er bezeichnete die iranischen Angriffe als gescheitert und sicherte Israel erneut die volle Unterstützung zu. Zuvor hatten bereits sein Nationaler Sicherheitsberater Jake Sullivan und US-Außenamtssprecher Matthew Miller "Konsequenzen" für den Iran angekündigt.
Palästinenser stirbt durch herabfallende Raketenteile
In Jericho im besetzten Westjordanland starb nach Behördenangaben ein Palästinenser durch herabfallende Raketenteile. Der israelische Rettungsdienst meldete nach den iranischen Angriffen zwei Leichtverletzte im Raum Tel Aviv.
Im Video: Raketenalarm in Israel
Angriff als Reaktion auf Tötung von Iran-Verbündeten
Die iranischen Revolutionsgarden bestätigten den Angriff. Dieser sei eine Reaktion auf die Tötung von führenden Mitgliedern der Hamas und der Hisbollah durch Israel. Die Organisation drohte, dass die Angriffe noch intensiver werden würden, sollte Israel Vergeltung üben. Der iranische Präsident Massud Peseschkian erklärte, sein Land strebe nicht nach einem Krieg, werde aber jeder Bedrohung entschlossen entgegentreten. Iranischen Staatsmedien zufolge wurden 200 Raketen abgeschossen, darunter seien erstmals auch mehrere Hyperschallraketen gewesen.
Irans Außenminister Abbas Araghchi hatte unmittelbar nach dem Raketenangriff mit europäischen Kollegen telefoniert. Gespräche führte er unter anderem mit Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Kollegen in Großbritannien, Frankreich sowie weiteren Ländern, so die iranische Nachrichtenagentur Irna.
Israelische Bodentruppen im Libanon
Israels Militär und Geheimdienste hatten zuletzt Irans Verbündete in der Region erheblich geschwächt. Ende Juli wurde der Auslandschef der islamistischen Hamas in Teheran getötet. Am vergangenen Freitag wurde mit Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah ein weiterer und zentraler Verbündeter Teherans im Libanon getötet. Zuvor hatten explodierende Funkempfänger, sogenannte Pager, Hunderte Hisbollah-Funktionäre verletzt und etliche auch getötet.
Am Dienstag kam ein weiterer Schritt des israelischen Militärs hinzu: Erstmals seit fast zwei Jahrzehnten drangen israelische Bodentruppen wieder in den Libanon ein.
Im Video: ARD-Korrespondentin Katharina Willinger in Teheran
Scholz: Weitere Eskalation verhindern
Außenministerin Annalena Baerbock verurteilte den Angriff des Irans auf Israel "auf das Allerschärfste". "Iran muss den Angriff sofort einstellen. Er führt die Region weiter an den Abgrund", schrieb sie bei X.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) warf dem Iran eine gefährliche Eskalation der Krise im Nahen Osten vor. "Iran riskiert damit, die ganze Region in Brand zu setzen - das gilt es unter allen Umständen zu verhindern", erklärte Scholz. "Die iranischen Raketenangriffe auf Israel sind aufs Schärfste zu verurteilen."
Im Video: ARD-Korrespondentin Hanna Resch nach dem Luftangriff in Tel Aviv
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