Der rechtsextreme Polizeiminister Itamar Ben-Gvir tanzte auf der sogenannten "Konferenz des Sieges".
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Der rechtsextreme Polizeiminister Itamar Ben-Gvir tanzte auf der sogenannten "Konferenz des Sieges".

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Israelische Minister fordern Wiederbesiedlung des Gazastreifens

In Jerusalem haben rechtsextreme Mitglieder der israelischen Regierung auf einer Konferenz die Abwanderung der Palästinenser aus dem Gazastreifen gefordert – und neue israelische Siedlungen. Nicht nur von Palästinenser-Seite gibt es heftige Kritik.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 1 am Morgen am .

Aufrufe zu einer israelischen Wiederbesiedlung des Gazastreifens durch Minister der Regierung in Jerusalem bei einer Konferenz sind von palästinensischer Seite scharf verurteilt worden. Das palästinensische Außenministerium in Ramallah sprach am Montag von einem "Treffen kolonialistischer Terrororganisationen".

Rechtsextremer Polizeiminister fordert "Abwanderung" der Palästinenser

Bei einer siedlerfreundlichen Konferenz in Jerusalem am Sonntagabend waren auch Minister von der rechtskonservativen Regierungspartei Likud des Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu vertreten. Netanjahu selbst hatte allerdings Pläne zur Wiederbesiedlung des Gazastreifens nach dem Krieg als unrealistisch bezeichnet.

Der rechtsextreme Polizeiminister Itamar Ben-Gvir forderte auf der sogenannten "Konferenz des Sieges" neben einer Rückkehr israelischer Siedler in den Küstenstreifen sowie in Ortschaften im nördlichen Westjordanland auch dazu auf, eine "Abwanderung (der Palästinenser) zu ermutigen". Nur dies könne ein weiteres Massaker wie am 7. Oktober verhindern, argumentierte er. Die internationale Gemeinschaft forderte zuletzt immer wieder eine Zwei-Staaten-Lösung zwischen Israel und den Palästinensern.

Scharfe Kritik aus dem palästinensischen Außenministerium

Mehrere Teilnehmer der Kundgebung trugen Waffen, während außerhalb des Kongresszentrums T-Shirts mit der Aufschrift "Gaza ist Teil von Israel" verkauft wurden. In der Halle betonten Redner, dass die Rückkehr von jüdischen Siedlern in den Gazastreifen die einzige Möglichkeit sei, die Sicherheit für die Menschen in Israel zu gewährleisten.

"Dieses Treffen und seine Agenda enthüllen erneut das wahre Gesicht der rechten israelischen Regierungskoalition", hieß es in der Mitteilung des palästinensischen Außenministeriums. Die Regierung lehne Friedensvereinbarungen ab und beharre stattdessen auf "der Besatzung, Kolonialismus und dem Apartheid-Regime".

Man sehe Netanjahus Regierung als direkt verantwortlich für "solche aufwiegelnde Aufrufe", hieß es weiter. Die internationale Gemeinschaft und die USA werde aufgerufen, Druck auf Netanjahu auszuüben, damit der Regierungschef diese Form der Hetze stoppe.

Israelische Politiker kritisieren Konferenz

Auch innerhalb Israels gibt es heftige Kritik an der Konforenz. Die Teilnehmer, darunter Minister und Abgeordnete der israelischen Regierung einschließlich der Likud-Partei von Regierungschef Benjamin Netanjahu, verschärften die Spaltungen der Gesellschaft, sagte der Minister im Kriegskabinett und frühere Generalstabschef Gadi Eisenkot laut israelischen Medienberichten (Montag).

Die Teilnehmer hätten "nichts aus den Ereignissen des letzten Jahres gelernt", in dem massive Proteste gegen die geplante Justizreform der Regierung das Land bis zum Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober über Monate spalteten. Sie hätten nicht verstanden, wie wichtig es sei, an einem nationalen Konsens und der Solidarität in der israelischen Gesellschaft zu arbeiten, so Eisenkot.

Oppositionsführer Jair Lapid (Jesch Atid) bezeichnete die Konferenz laut der Zeitung "Haaretz" als "Schande für Netanjahu und die Partei, die einst im Zentrum des nationalen Lagers stand". Mit der Veranstaltung habe die Regierung "einen neuen Tiefpunkt erreicht". Gleichzeitig warnte Lapid vor einem internationalen Schaden für Israel und einer Gefährdung israelischer Soldaten.

Bildungsminister Joav Kisch (Likud) kritisierte gegenüber dem Armeeradio den Zeitpunkt der Veranstaltung. Es sei nicht der richtige Moment, sondern jetzt müsse der Diskurs "auf die Einheit für unsere Truppen" konzentriert werden.

Hintergrund: Die Entwicklung im Gazastreifen

Israel hatte den Gazastreifen sowie das Westjordanland und Ostjerusalem seit dem Krieg von 1967 besetzt. Etwa 400.000 Israelis leben heute im Westjordanland in Siedlungen, die von der UNO als völkerrechtswidrig eingestuft werden. 2005 hatte sich Israel aus dem Gazastreifen zurückgezogen und mehr als 20 israelische Siedlungen geräumt. 2007 riss die islamistische Hamas nach einem blutigen Kampf mit der Fatah-Organisation von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas die alleinige Kontrolle über das Küstengebiet am Mittelmeer an sich. Israel und Ägypten als Nachbarn verschärften daraufhin eine Blockade. Im Gazastreifen leben rund 2,2 Millionen Palästinenser.

Die von der EU und den USA als Terrororganisation eingestufte Hamas hatte bei ihrem brutalen Großangriff am 7. Oktober auf Israel nach israelischen Angaben etwa 1.140 Menschen getötet und rund 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Israel geht seither massiv militärisch im Gazastreifen vor, erklärtes Ziel ist die Zerstörung der Hamas. Nach palästinensischen Angaben wurden bislang mehr als 26.400 Menschen im Gazastreifen getötet. Die Zahlen lassen sich nicht unabhängig überprüfen, bei vergangenen Konflikten stellten sich die Angaben jedoch als zuverlässig heraus.

Historische Karten: Veränderung der Gebietszugehörigkeiten im israelisch-palästinensischen Konflikt

Im Audio: Israel vor Einmarsch in den Libanon

Israelische Militärstellung an der Grenze zum Libanon
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Es wird darüber spekuliert, dass Israels Streitkräfte auch in den Libanon einrücken könnten.

Mit Informationen von dpa, KNA und AFP

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