Schwedt, 04.05.22: Anlagen der Erdölraffinerie auf dem Industriegelände der PCK-Raffinerie GmbH, wo Rohöl aus Russland ankommt.
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Schwedt, 04.05.22: Anlagen der Erdölraffinerie auf dem Industriegelände der PCK-Raffinerie GmbH, wo Rohöl aus Russland ankommt.

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Jetzt gelten die Öl-Sanktionen gegen Russland – und Moskau droht

Ab sofort gelten schärfere EU-Sanktionen: Rohöl aus Russland darf nur noch in Ausnahmefällen importiert werden. Zudem soll ein Preisdeckel von 60 Dollar pro Barrel gelten, weniger als der aktuelle Marktpreis. Russland will das nicht akzeptieren.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Rohöl aus Russland darf von diesem Montag an nur noch in Ausnahmefällen in die Länder der Europäischen Union importiert werden. Grundlage dieser Einfuhrbeschränkung ist eine im Juni von den 27 Mitgliedstaaten beschlossene Sanktionsverordnung wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Sie trat bereits kurz nach dem Beschluss in Kraft, bisher galt für das Öl-Embargo allerdings eine Übergangsfristen.

Ebenfalls ab diesem Montag gilt eine Regelung, die Russland dazu zwingen soll, Erdöl künftig für höchstens 60 US-Dollar pro Barrel an Abnehmer in anderen Staaten zu verkaufen. Der Preis von umgerechnet etwa 57 Euro pro 159 Liter würde damit um bis zu 9 Euro unter dem aktuellen Marktpreis für russisches Rohöl der Sorte Urals liegen.

Wohl drei Millionen Barrel Rohöl täglich betroffen

Beide Maßnahmen sollen dazu beitragen, die russischen Handelsgewinne zu begrenzen und dadurch auch Russlands Fähigkeiten zur Kriegsführung sowie den finanziellen Spielraum dafür einzuschränken. Nach Angaben eines EU-Beamten sind von dem Embargo rund drei Millionen Barrel Rohöl pro Tag betroffen. Bei einem langfristigen Durchschnittspreis von 70 Dollar (67 Euro) pro Barrel würden Russland damit pro Tag Erlöse in Höhe von etwa 210 Millionen Dollar (200 Millionen Euro) entgehen. Dass die Ölmenge komplett an andere Abnehmer verkauft werden kann, gilt als ausgeschlossen.

Einnahmen aus dem Öl- und Gasverkauf machten nach Angaben der Internationalen Energieagentur im vergangenen Jahr bis zu 45 Prozent des russischen Staatshaushaltes aus. Der Anteil von Erdöl an den gesamten Exporterlösen zugunsten des Staatshaushaltes lag nach Angaben von EU-Beamten bei rund 37 Prozent.

Deutschland will noch bis Jahresende russisches Öl importieren

Deutschland will den Bezug von russischem Rohöl spätestens Ende des Jahres stoppen. Bis dahin nimmt es eine Ausnahmeregelung in Anspruch, die für EU-Staaten gilt, die aufgrund ihrer geografischen Lage in besonderem Maße von Pipeline-Öl aus Russland abhängig waren und die Importe nicht so schnell ersetzen können.

In der Bundesrepublik profitiert davon insbesondere die PCK-Raffinerie im brandenburgischen Schwedt. Sie wird bisher mit russischem Öl aus der Druschba-Pipeline versorgt, das nun ersetzt werden muss.

Russisches Öl weiter für Ungarn, Tschechien, Slowakei

Bislang ohne Zeitbeschränkung wollen zunächst die EU-Länder Ungarn, Tschechien und die Slowakei die Ausnahmeregelung in Anspruch nehmen. Weitere Ausnahmen gibt es für Bulgarien mit Hinblick auf die Einfuhr von russischem Rohöl, das auf dem Seeweg transportiert wird, sowie für Kroatien mit Hinblick auf Vakuum-Gasöl. Ein Embargo für Erzeugnisse aus Erdöl wird für alle anderen ab dem 5. Februar 2023 gelten.

Um die Preisobergrenze für russische Ölexporte in Nicht-EU-Länder durchzusetzen, wurde beschlossen, dass für russische Ölexporte wichtige Dienstleistungen künftig nur noch dann ungestraft geleistet werden dürfen, wenn der Preis des exportierten Öls die Preisobergrenze nicht überschreitet. Westliche Reedereien können mit ihren Schiffen damit weiter russisches Öl in Länder wie Indien, China oder Ägypten transportieren.

Öl-Preisdeckel: Russland droht beteiligten Ländern

Russland hat unterdessen angedroht, dass es kein Erdöl an Länder liefern wird, die den Preisdeckel akzeptieren. Das Land sehe das Instrument als nicht marktwirtschaftlich an und werde einen Mechanismus entwickeln, um die Anwendung der Obergrenze zu verbieten, sagte der russische Vize-Regierungschef Alexander Nowak im Moskauer Staatsfernsehen. Würde Moskau das schaffen, könnte Öl in den entsprechenden Ländern knapp werden - und damit könnten die Preise steigen.

DIW-Präsident: Öl-Preisdeckel hat gute Chancen auf Erfolg

DIW-Präsident Marcel Fratzscher befürwortet den Preisdeckel westlicher Staaten für russischen Öl. Dies sei "ein Experiment mit guten Chancen auf Erfolg", sagte der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) der Nachrichtenagentur Reuters. Zwar habe Russland angekündigt, den Preisdeckel von 60 Dollar nicht zu akzeptieren, doch hielten Marktakteure diese Drohung nicht für realistisch.

"Der Ölpreis ist in den vergangenen Monaten gesunken und auch trotz dieser Androhung nicht merklich gestiegen", sagte Fratzscher. "Somit dürfte der Preisdeckel für russisches Öl sich als erfolgreiches Instrument erweisen, globale Preise zu stabilisieren." Die wichtigere Frage sei nun, ob die Bundesregierung sich von der großen Mehrheit der europäischen Nachbarn überzeugen lasse, einem Preisdeckel für Gas zuzustimmen, "damit die Gaspreise stärker sinken und stabilisiert werden können", sagte der Präsident des in Berlin ansässigen Instituts.

Mit Informationen von dpa und Reuters

Heute ist das Embargo der EU für russisches Öl in Kraft getreten. Das heißt, dass auf dem Seeweg kein Öl mehr geliefert werden darf.
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Heute ist das Embargo der EU für russisches Öl in Kraft getreten. Das heißt, dass auf dem Seeweg kein Öl mehr geliefert werden darf.

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