In der russischen Grenzregion Belgorod nahe der Ukraine sind nach Angaben des zuständigen Gouverneurs mindestens sechs Menschen verletzt worden. Es habe sich ein Überfall von ukrainischen "Saboteuren" ereignet, teilte Regionalgouverneur Wjatscheslaw Gladkow auf Telegram mit.
Insgesamt seien drei Ortschaften Ziel von Angriffen geworden. Fünf der Verletzten hätten ins Krankenhaus gebracht werden müssen, eine Frau liege auf der Intensivstation. Die Armee und der russische Inlandsgeheimdienst FSB würden "die nötigen Schritte unternehmen, um den Feind auszuschalten".
Die Behörden verhängten am Nachmittag Terroralarm in dem Gebiet: Die Maßnahme diene der Sicherheit der Bevölkerung, erklärte Gladkow. Das Anti-Terror-Regime sieht Personenkontrollen oder die Schließung von Fabriken vor, die gefährliche Güter wie Sprengstoff, radioaktive oder chemische und biologische Gefahrenstoffe produzieren.
Kreml spricht von ukrainischer Sabotage-Gruppe
Zuvor hatte der Kreml in Moskau das Eindringen einer ukrainische "Sabotage-Gruppe" in die russische Grenzregion Belgorod gemeldet. Das Verteidigungsministerium, der FSB und die Grenzbeamten hätten Präsident Wladimir Putin über den Vorfall informiert, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow.
In sozialen Netzwerken gibt es seit dem Morgen Berichte über den Beschuss grenznaher Orte. Beschossen werde auch der Grenzübergang, hieß es. Gouverneur Gladkow hatte das zunächst als "Desinformationskampagne" und "Panikmache" zurückgewiesen.
Kiew dementiert ukrainische Beteiligung
Der ukrainische Militärgeheimdienst bestätigte Kämpfe in der Region. Er spricht aber davon, dass Mitglieder einer russischen paramilitärischen Gruppe hinter den Angriffen steckten. Die ausschließlich aus russischen Staatsbürgern bestehenden Einheiten "Russisches Freiwilligenkorps" und "Legion Freiheit Russlands" hätten "eine Operation zur Befreiung des Gebiets Belgorod vom sogenannten Putin-Regime begonnen", sagte Militärgeheimdienstsprecher Andrij Jussow.
Die Gruppe "Legion Freiheit Russlands" teilte selbst im ukrainischen Fernsehen mit, sie wolle gemeinsam mit dem "Freiwilligenkorps" eine "entmilitarisierte Zone entlang der Grenze" schaffen. So solle verhindert werden, dass russisches Militär die Ukraine beschieße.
Der ukrainische Präsidentenberater Mychailo Podoljak twitterte, es gebe Guerilla-Gruppen in Russland, die aus russischen Bürgern bestünden. Die Ukraine verfolge die Ereignisse mit Interesse, habe damit aber nichts zu tun.
Sicherheitsexperte Lange: "Plötzlich gepanzerte Fahrzeuge"
Der Sicherheitsexperte Nico Lange, der bis 2021 Chef des Leitungsstabs im Verteidigungsministerium war, äußerte sich bei Twitter zu den Meldungen. Das "russische Freiwilligenkorps" und die "Legion Freies Russland" in der Oblast Belgorod hätten plötzlich gepanzerte Fahrzeuge und mehr Ausrüstung, twitterte Lange. Was da heute ablaufe, sei "vermutlich auf psychologischen Effekt und Verwirrung ausgerichtet".
Russland hatte am 24. Februar vergangenen Jahres einen Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen und beschießt immer wieder ukrainische Städte und Ortschaften. In den vergangenen Monaten klagten aber auch russische Regionen über zunehmenden Beschuss von ukrainischer Seite aus. Militärexperten erwarten seit längerem eine ukrainische Gegenoffensive. Da die Stoßrichtung einer solchen Gegenoffensive noch unbekannt ist, spekulieren Experten über Vorstöße auf russisches Gebiet, um dort Kräfte zu binden.
Mit Informationen von dpa und AFP
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